Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
Vom Netzwerk:
bei dem Suppengrün
dabei war. Das habe ich gesagt! Du wolltest denen den Lauch auch noch geben,
so sieht’s aus, Raimund! Da kann man schon mal nachfragen, wenn der tot ist, ob
du dem vielleicht irgendwas Falsches gegeben hast!«
    »Ich finde
das nicht in Ordnung, dass du hier so einen Aggro reinbringst, Basti«, sagte
Raimund. »Das ist ziemlich uncool jetzt, da hab ich keinen Bock drauf.«
    »So einer
stirbt doch nicht einfach so«, sagte Basti.
    »Doch«,
sagte Holger, während er Lolek weiter streichelte. »Die beiden sind schon ziemlich
alt. Acht Jahre oder so, ich hab die mit zwölf bekommen.«
    »Wieso du?
Ich dachte, die sind von deiner Schwester!«, sagte ich.
    »Nein, ja,
ich hatte ihr die geschenkt, als ich zu Hause ausgezogen bin«, sagte er. »Ich
dachte, die sind besser bei meiner kleinen Schwester aufgehoben. Aber eigentlich
sind sie natürlich meine, ich meine, man darf doch was nicht weiterverschenken,
was man selber geschenkt bekommen hat, ich hab das nur so gesagt, damit sie
sich kümmert. Und jetzt ist der erste schon tot. So schnell geht das.« Jetzt
liefen richtige Tränen seine Wangen hinunter.
    »Ja«, sagte
Raimund, »daran merkt man, dass irgendwie die Kindheit vorbei ist.«
    Alle
schauten ihn an. Er hob abwehrend die Hände. »Ich mein ja bloß.«
    Holger gab
mir den toten Lolek zurück und wischte sich mit der Hand die Tränen aus dem
Gesicht. Dann holte er
ein gebrauchtes Tempotaschentuch aus der Hosentasche und schnaubte hinein.
    »Vorsicht,
du hast doch jetzt Leichengift an den Händen«, sagte Basti. »Du solltest dir
erstmal die Hände waschen gehen!«
    »Quatsch«,
sagte Holger.
    »Klar«,
sagte Basti. »Da kann man von draufgehen.«
    »Soso«, sagte ich. »Und ich? Bei mir
ist das egal, oder was?«
    »Ihr müsst
euch die Hände waschen. Mein Vater ist Arzt!«
    »O Mann«,
sagte Holger und schaute auf seine Hände.
    Jetzt kamen auch noch Dubi, Anja und
Sigi dazu.
    »Was ist
denn los?«, wollte Sigi wissen.
    »Das
Meerschweinchen ist tot«, sagte Rosa.
    »Hab ich
mir schon gedacht, dass das nicht gutgeht«, sagte Sigi.
    »Das ist
ganz schlecht«, sagte Dubi. »Die dürfen doch auf keinen Fall allein sein! Dann
gehen die ein. Oder werden jedenfalls traurig. Die dürfen auf keinen Fall
allein sein. Das gilt als Tierquälerei, wenn die allein sind. Die müssen immer
mindestens zu zweit sein.«
    »Wusste ich
gar nicht«, sagte Holger. »Das haben die mir damals nicht gesagt.«
    »Vielleicht
wusste man das damals noch nicht«, sagte Dubi, »aber die müssen immer mit
anderen zusammen sein.«
    »Was sollen
wir denn jetzt machen?« sagte Holger verzweifelt und hielt dabei seine Hände
in die Höhe wie ein Chirurg, der auf die Gummihandschuhe wartet.
    »Vielleicht
sollten wir erstmal Lolek begraben«, sagte ich und hielt ihn hoch. »Oder willst
du ihn mitnehmen, Holger?«
    »Nein, den
müssen wir begraben.«
    »Aber wo
denn?« Ich schaute mich um. Um uns herum standen
LKWs und Wohnmobile und es gab zwar gelegentlich
kleine Beete auf Verkehrsinseln zwischen den Parkplatzabschnitten,
aber die waren dicht mit dornigen Büschen
bepflanzt.
    »Also
mitnehmen können wir den auf keinen Fall, das ist ja
irgendwie eklig«, sagte Sigi.
    »Hat jemand
eine Schaufel?«, fragte Raimund.
    Keiner
meldete sich.
    »Hab ich
mir schon gedacht. Was meinst du denn, Holger?«
    »Keine
Ahnung, ich hab damit doch keine Erfahrung, begraben,
also ich würde schon ein Loch buddeln, aber was bringt
das?«
    »Sollen wir
ihn einfach in einen Mülleimer schmeißen?«
    Holger
kämpfte mit den Tränen. »Ich weiß nicht«, presste er
hervor. »Das ist doch irgendwie scheiße!«
    »Ich frag
mal Ferdi«, sagte Raimund. »Ferdi muss das mal
entscheiden, okay?«
    Holger
nickte.
    »Was Ferdi
sagt, wird gemacht, okay?«
    Holger
nickte. Und alle anderen auch.
    Raimund
verschwand im Auto. Nach einer Weile kam er wieder.
    »Ferdi
sagt: Wegschmeißen.«
    »Das ist
irgendwie fies«, sagte Rosa.
    »Ja, sagt
Ferdi auch. Das klingt fies, sagt Ferdi, aber Meerschweinchen
brauchen keine feierliche Bestattung, sie selber
würden es auch nicht anders machen.«
    »Was ist
das denn für eine bescheuerte Argumentation.«
    »Die
Meerschweinchen würden ihn einfach liegenlassen, sagt Ferdi«, sagte Raimund,
»deshalb sollte man ihn, wenn man ihn nicht liegenlassen kann, meerschweinchengerecht
wegschmeißen.«
    »Das hat
Ferdi gesagt?«
    »Das hat
Ferdi gesagt.«
    »Na dann
…«
    Wir packten
Lolek in eine Tüte und warfen ihn in den nächsten

Weitere Kostenlose Bücher