Magical Mystery
man wusste, dass man bei sowas Tollem dabei sein wollte und mir wurde ein bisschen wehmütig zumute, als ich zusah, wie Ferdi sich zum Faxgerät durchkämpfte, einem Mädchen, das dort mit Zetteln stand, diese aus den Händen riss, damit zum Kopierer, der gleich in der Nähe stand, ging und sie drauflegte, sich Kopien von den Zetteln machte und dann die Originale dem Nächstbesten, der neben ihm stand, in die Hände drückte und mit den Kopien zu mir zurückkam und mit mir und den Kopien, die er in der Hand über den Kopf hielt wie eine Trophäe beim Indianerspiel, zu seinem Schreibtisch zurückging, dabeisein ohne drinsein, das war meine erste Schlumheimer-Installation gewesen, und sie hatte genau die Energie versprüht, die auch hier den ganzen Raum erfüllte, dabeisein ohne drinsein war ein Versprechen gewesen, das ganze Leben betreffend, keine Ahnung, wie Schlumheimer das gemacht hatte, dass von einem Haufen aufeinandergeschichteter Stühle und Tische so eine Energie ausging, bloß Stühle und Tische, um die herum er im Abstand von etwa zwei Metern mit Pylonen und rotweißem Flatterband eine Absperrung gezogen hatte wie um sicherzustellen, dass man sich nicht daran verbrannte, eine Absperrung, von der man nicht wirklich wissen konnte, ob sie zur Installation dazugehörte oder einfach nur eine Absperrung war wie im Museum, schließlich stand das Ding in der Zone, ich hatte ihn dazu mal befragt, das war heikel gewesen, er redete mit uns Kleinen ja nicht und wir trauten uns auch kaum, ihn anzusprechen, davon kam nur Ärger, entweder war er besoffen und kindisch oder verkatert und überheblich, jedenfalls hatte ich ihn mal in einem übermütigen Moment gefragt, ob das Absperrding nun fest dazugehörte oder nur für die Zone gemacht war, um die ganzen Penner da fernzuhalten, und er hatte gelacht und mich angeguckt, als ob ich bescheuert wäre, dabei hatte ich die Frage eigentlich ziemlich gut gefunden, man muss doch über sowas mal reden können, hatte ich gedacht, jedenfalls hatte Schlumheimer gelacht und mich angeguckt wie einen Deppen, und dann war er wortlos weitergegangen, der blöde Wichser, und später hatte er das Ding in Essen noch einmal ausgestellt, und ich hatte mir den Katalog besorgt, und siehe, die Absperrung war noch dabei, das hätte er doch sagen können, dass die fest dazugehörte, der Arsch.
Ferdi saß mittlerweile wieder hinter seinem Schreibtisch und am Nebentisch saß immer noch Dave und im Hintergrund wurde ein Kühlschrank aufgemacht, da holten die Leute Sektflaschen raus und gossen sich Papierbecher mit dem schaumigen Kram voll und stießen damit an und jemand drehte auch endlich mal die Bummbumm-Musik, die schon die ganze Zeit gelaufen war, lauter, und ich musste rufen, als ich fragte: »Wie sieht’s aus, Ferdi?«
»Wir sind auf zwei, fünf, sechs, neun, fünfzehn und achtundzwanzig«, rief Ferdi. »Maischa, die alte Pottsau, ist immer noch der auf Eins, ich hasse das! Aber rate mal, wer auf der Fünfzehn ist?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Hosti Bros!« Er lachte. »Holger und Basti. Mit Hosti Brosti!«
Im Hintergrund nahm die Party Fahrt auf, analog zum Lauterwerden der Musik drehten auch die Gespräche auf, das ganze Haus bebte vom Bummbumm und es war auch nicht mehr so loungiges Zeug, das da gespielt wurde, irgendjemand hatte was anderes aufgelegt und noch lauter gemacht und die kleinen Spaßvögel zwitscherten lustig umeinander und ich hatte sie plötzlich, während ich sie betrachtete, ziemlich lieb, weiß auch nicht, wo das plötzlich herkam, ich kannte sie ja gar nicht.
Ferdi blätterte derweil in seinen Zetteln herum.
»Aber keine Alben«, rief er. »Einfach keine Alben. Die Leute von Magnetic können Alben, und die anderen auch alle, aber wir haben immer nur Singles und Compilations.« Ich beobachtete weiter die Party. Manche Leute umarmten sich, und sie stießen immer noch lautlos mit ihren Papierbechern an, einen sah ich, der dabei »bing« sagte, nicht dass ich es hörte, aber man sah es an seinem Mund, jedesmal, wenn er mit seinem Pappbecher mit irgendwem anstieß, dann sagte er »bing«, es war Holger von Hosti Bros. Er stieß mit den Leuten an und sagte »bing«. Irgendwie erinnerte mich das an den jungen Karl Schmidt, der hätte es genauso gemacht. Holger bingte sich durch die Leute, und dann fiel mir auf, dass er dabei immer zu uns rüberguckte, und ich schaute schnell weg, das Letzte, was ich hier sein wollte, war ein Voyeur des Par tyspaßes, ein Spanner beim
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