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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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bielefeldmäßig überkam, und das mir irgendwie ein heimeliges Gefühl bescherte, jedenfalls bis zu dem Moment, an dem wir an eine große, mehrspurig in jede Richtung den Bielefeldquatsch durchschneidende Straße mit berlinmäßig großen Altbauten kamen, die allerdings zum Teil eingerüstet und zum Teil verfallen und zum Teil gleich ganz weggebombt waren; die überquerten wir und dahinter ging es dann gleich wieder bielefeldmäßig weiter, verwirrend, aber auch anrührend war das, irgendwie hatte ich plötzlich jedenfalls diesen akuten Anfall sentimentaler, ostwestfälischer Dorftrottelei, dem ich mich gerne hingab, weil sowas auch mal sein musste, wie ich erleichtert dachte, weil eine sentimentale Pseudo-Erinnerung an Bielefeld in meiner momentanen Verfassung wahrscheinlich besser war als ein Wiedersehen mit den Stätten meines früheren Wirkens bzw. Ravens bzw. Scheiterns in Kreuzberg und Schöneberg, mit den hohen alten Häusern, den breiten Gehwegen, Straßenschluchten und Gaslaternen und dem Urban-Krankenhaus, in dem alles geendet hatte. Als wir an einem Geldautomaten vorbeikamen, hielten wir kurz an und ich probierte Ferdis Sparkassenkarte aus. Sie funktionierte tadellos und ich holte mir gleich mal vierhundert Mark aus der Hauswand.
    Der Laden, in den Rosa wollte, hieß »Zum Backhendl« und wir waren die einzigen Gäste. Wir setzten uns an einen Tisch und bestellten Backhendl, Rosa eins auf Wiener, ich eins auf steirische Art. Und dann saßen wir eine Zeitlang so herum und warteten und rauchten Zigaretten, bis sie irgendwann sagte: »Und du warst in der Klapsmühle?«
    »Ja, das kann man so sagen.«
    »Wegen Drogen?«
    »Schwer zu sagen. Vielleicht. Da gingen die Meinungen auseinander.«
    »Wieso, sowas weiß man doch …«
    »Drogen nehmen viele Leute, aber nicht alle werden verrückt, also müssen es auch dann, wenn man Drogen genommen hat, nicht unbedingt die Drogen gewesen sein, die einen verrückt gemacht haben, meistens ist es doch so, dass man auch sonstwie noch einen Hau weg hat, und das dann zusammen mit den Drogen dann, was weiß ich, dass man irgendwie halt das eine oder das andere, oder jedenfalls beides zusammen …« – ich begann zu schwitzen. Das war gefährliches Terrain. Sie hatten mich ziemlich früh als Multitox-Problemfall eingestuft, das ging schon im UKE los, kaum war ich da eingetroffen, schon war ich Multitoxfreak, aber manchmal glaubte ich, dass das nur aus Ratlosigkeit geschehen war, einen richtigen Entzug hatte ich ja nie durchmachen müssen, da ist es schon komisch, wenn man mit Klaus-Dieter und Astrid in einer Kategorie landet, da war die Psychiatrie wohl doch nicht ganz die exakte Wissenschaft, als die sie von den Dr. Selges dieser Welt gerne gesehen wurde, und bei der Multitoxsache hatte wohl auch meine Mutter ordentlich nachgeholfen, ich war zwar noch irre, aber nicht mehr völlig blöd gewesen, als ich in Ochsenzoll eingesessen hatte, und ich hatte von den Gesprächen meiner Mutter mit den behandelnden Ärzten dort mehr mitbekommen, als sie geahnt haben mussten, sonst hätten sie ja den ganzen Kram nicht so oft in meinem Beisein verhandelt, meine Mutter hatte jedenfalls dauernd von den Drogen angefangen, Drogen hier, Herr Doktor, Drogen dort, Herr Doktor, und später wurde mir klar, dass sie mich nur, wenn sie das Drogending nach vorne brachte, in einer der Clean-Cut-WGs dieser Welt unterbringen konnte, sie wollte mich lieber bei den Drogenfreaks untergebracht sehen und mir einen Drogen-Reha-Job bei Dr. Selge zuschustern, die gute alte Sozialbehördenmutti, als mich in einer WG für Halbbescheuerte oder in einem Heim mit ganz Irren vor die Hunde gehen zu lassen, und das war sicher nicht dumm gedacht, so ein Drogending hat da im Vergleich Vorteile und schaden kann’s nicht, AA-Meetings oder Clean-Cut-Plenums oder Plena oder gar »Plenata«, wie Klaus-Dieter immer gesagt hatte, sind immer noch besser, als mit den Schizos abzuhängen und auf die Pillen und aufs Ende des Tages zu warten, und auch von der äußeren Anmutung her ist ein Drogensohn besser zu verkraften als ein Psychopathensohn, da beißt die Mutterherzmaus keinen Imagefaden ab, ein Drogensohn, bei dem sind ja wohl vor allem die Drogen schuld, ein Psychopathensohn, da steht auch gleich die Mutter schlecht da, und kaum war ich in Hamburg, also erst im UKE und später in Ochsenzoll, schon ging es mütterlicherseits nur noch Drogen hier, Drogen da, so sah ich das mittlerweile, wenn ich gründlich darüber

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