Magical Mystery
und die Hähnchenteile auch. Dann brachte er uns eine große Schüssel Kartoffelsalat und stellte sie in die Mitte.
»Das ist für euch beide«, sagte er, »die kommen beide mit Kartoffelsalat, das teilt ihr euch einfach mal schön.«
»Was ist der Unterschied?«, fragte ich.
»Wovon?«
»Was ist der Unterschied zwischen dem steirischen und dem Wiener Backhendl?«
»Das steirische Backhendl ist vom steirischen Huhn«, sagte der Kellner.
»Und das Wiener vom Wiener?«
»Nein, beim Wiener Backhendl kann das Huhn von irgendwo sein. Da muss das nicht aus Wien sein. Ich weiß gar nicht, ob die da Hühner haben in Wien, das ist ja mehr was für auf dem Lande.«
»Und das macht einen Unterschied?«, sagte Rosa.
»Keine Ahnung. Könnt ihr ja ausprobieren. Ihr habt ja die Möglichkeit, einen Vergleich vorzunehmen«, sagte der Kellner.
»Aus Österreich bist du aber nicht?!«, sagte ich auf gut Glück.
»Nein, ich bin aus Paderborn«, sagte er. »Das ist in Ostwestfalen.«
»Ich weiß«, sagte ich.
Er machte kurz den Mund auf, um noch was zu sagen, aber dabei fiel sein Blick auf Rosa, die ihn stirnrunzelnd ansah, da schwieg er und ging weg.
Rosa löffelte mir Kartoffelsalat auf den Teller.
»Also was jetzt?«, sagte sie. »Bist du wegen den Drogen irre geworden oder nicht?«
»Schwer zu sagen«, sagte ich und nahm eine Keule aus dem Körbchen. »Warum?«
»Nur so, wahrscheinlich egal«, sagte sie. »Obwohl andererseits«, fügte sie nach kurzem Nachdenken hinzu, »wenn du wegen Drogen irre geworden bist, dann kannst du das ja für die Zukunft vermeiden. Wenn sonstwie, dann ist das schon schwieriger.«
»Die Zukunft ist eine dumme Sau«, sagte ich. »Man weiß nie, womit sie als Nächstes um die Ecke kommt!«
»Ja. Ich glaube, das ist keine gute Idee, wenn wir jetzt irgendwas anfangen«, sagte sie und stapelte alle ihre Hähnchenteile auf dem Teller. »Es ist echt besser, wenn man sich erstmal noch ein bisschen näher kennenlernt.«
»Auf jeden Fall«, sagte ich.
22. Tourplan
Am nächsten Morgen wachte ich um neun Uhr auf. Es war sehr hell im Zimmer, am Fenster waren keine Gardinen. Ich zog mich an und ging leise aus der Wohnung. Rosa war nicht zu sehen. Sie hatte mir einen Schlüssel gegeben und auch für das Büro hatte ich von Ferdi einen bekommen, er hatte ihn Dave weggenommen mit den Worten: »Du kommst doch Morgen sowieso nicht, Dave, du willst doch eh alles noch heute Abend erledigen!« Ich setzte mich an den Schreibtisch, den Ferdi mir mit den Worten »Hier, Woodstein!« zugewiesen hatte. Auf dem lag eine Schreibunterlage der Firma »Auto Porsche Jaguar Schrellste« bei der jedes Blatt vom Abreißpapier mit dem Werbespruch »Schnell, Schneller, Schrellste« bedruckt war. Die Zettelsammlung, die mir Dave am Abend zuvor gegeben hatte, und die ich selber am Abend, nachdem Ferdi mir diesen Schreibtisch zugewiesen hatte, auf die Schreibunterlage gelegt hatte, lag jetzt in einem Plastik-Ablagekörbchen, das jemand nach meinem Weggehen dazugestellt haben musste, das war ein bisschen gespenstisch. Auf der Schreibunterlage lag dagegen ein neues Papier, es trug die Überschrift: »MAGICAL MYSTERY: Tourplan«.
Ich suchte die Kaffeemaschine und machte erst einmal Kaffee. Sie röchelte wie die von Rüdiger, das beruhigte mich ein bisschen, denn so ganz allein war mir das Büro nicht geheuer, sie hatten da so Bewegungsmelder, die dafür sorgten, dass immer nur dort das Deckenlicht an war, wo man gerade stand, also ging das Licht auf dem Weg vom Schreibtisch zur Kaffeemaschine immer hinter mir aus und vor mir an, das war ziemlicher Science-Fiction-Quatsch und wahrscheinlich eine Idee von Raimund, sie verband zwei seiner Leidenschaften, Elektrospielzeug aus dem Fachhandel und Geldsparen, aber mich machte das nervös, es war wie in »2001 Odyssee im Weltraum« oder was weiß ich, in welchem Science-Fiction-Film man das nun wieder gesehen hatte, da gab es ja einige, und Klaus-Dieter hatte sie alle im örtlichen Off-Kino immer wieder geguckt und mich oft genug mitgeschleift. Deshalb blieb ich auch gleich mal schön bei der Kaffeemaschine stehen und wartete, dass sie mit ihrer Arbeit fertig wurde, das gab mir ein vertrautes Gefühl, und ich stand schön ruhig, denn wenn ich den Oberkörper zu sehr bewegte, änderte sich das Licht, die Kaffeemaschine lag genau auf der Grenze zweier Sensorfelder, schon ein leichter Hospitalismus brachte da die Magnetschalter in Wallung.
Als ich mit einem Kaffee an meinen Schreibtisch
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