Magical Village 1 Zimt und Zauber
Rentenalter, und er hatte mit angesehen,
wie sie mit zerknautschtem Gesicht und zerknittertem Körper, ungekämmt und ohne Make-up halbnackt vor der versammelten Bevölkerung dreier Dörfer herumhopste.
Stolz und Selbsterhaltungstrieb hatten sie davon abgehalten, Doll zu fragen, ob er ihren Auftritt seither erwähnt hätte.
Sie seufzte tief und versuchte, sich auf Grannys Rezeptbuch zu konzentrieren, das aufgeschlagen auf dem Tisch lag. Die Mistelzweig-Meringen, Grünen Gewänder und übrigen Speisen waren alle fertig. Sie musste nur noch eine letzte Lage Schäumende Träume backen, die anderen Partyhäppchen auftauen, den ganzen Kram ins Faery Glen schaffen, zu Pauline gehen, um sich als würdige Brautmutter die Haare waschen und föhnen zu lassen, und schön daran denken, die ganze Zeit über ein Lächeln aufzusetzen.
Für einen klitzekleinen Augenblick hatte sie auf der Bühne im Gemeindesaal ihr gebrochenes Herz und den Ärger über ihre eigene Blödheit vergessen können. Doch als sie Joel entdeckt hatte, wie er da dunkel und faszinierend im Schatten stand, war ihre Hochstimmung verpufft wie die Luft aus einem zerstochenen Ballon. Und heute, wenn die Praxis für die Dauer der Feiertage ihre Türen schloss, würde Joel zu seiner Familie nach Manchester fahren.
»Dumme Kuh!«, schimpfte Mitzi mit sich selbst. »Du liebst ihn, du hattest ihn, und du hast ihn gehen lassen – alles nur wegen einer albernen pubertären romantischen Anwandlung.«
Hawkwind, ohne jedes Mitgefühl, legten los mit »Silver Machine«.
Hair war ein Bombenerfolg gewesen. Der zweite Akt war sogar noch besser gelaufen als der erste. Die Truppe hatte sich vor einem Vorhang nach dem anderen verbeugt, und bei
der »After-Show-Party« war anschließend noch stundenlang gerockt worden. Der aphrodisische Effekt der Mistelzweig-Meringen, die beim Love-in so überaus passende Wirkung gezeigt hatten, war erst Ewigkeiten später abgeklungen, und alle waren immer noch stark erotisiert gewesen.
Mitzi war zu Tränen gerührt, als die Fitten Fünfziger sie zum Abschluss des Nachmittags auf die Bühne gezerrt und ihr einen riesigen Blumenstrauß überreicht hatten, wobei sie öffentlich erklärten, dass all dies ohne sie niemals hätte stattfinden können und dass sie mit unbeirrbarer Zielstrebigkeit alle anderen aus ihrer Fünfzig-plus-Lethargie gerissen hätte. Mitzi Blessing, so wurde dem Publikum verkündet, hatte das Leben der vielen Grauhaarigen von Hazy Hassocks ein für alle Mal entscheidend verändert.
Auch sie erhielt donnernden Applaus, und sie hoffte, dass nur ihr selbst mit Lu und Doll bewusst war, dass all ihre Tränen nicht nur vom Überschwang der Fitte-Fünfziger-Gefühle herrührten.
Tarnia, die immer noch versucht hatte, jedermann in Sichtweite abzuküssen, hatte Mitzi erklärt, dass sie sich im Leben noch nie so köstlich amüsiert hätte und die Fitten Fünfziger bis in alle Ewigkeit frei über den Gemeindesaal verfügen könnten, und war dann kichernd vom versteinert dreinblickenden Schnösel-Mark abgeführt worden.
Auf diese Weise war wenigstens etwas Gutes dabei herausgekommen.
»So.« Mitzi beäugte mit zusammengekniffenen Augen Granny Westwards Krakelschrift. »Jetzt lassen wir dieses Blech Schäumende Träume einfach abkühlen, und ich zaubere noch eben einen kleinen Auflauf für heute Abend aus dem Ärmel.«
Ihr war, als sei es Lichtjahre her, dass sie sich vor dem Kochen gefürchtet hatte. So viele Jahre hatte sie mit dem Auftauen von Fertiggerichten verschwendet, wo sie doch wirklich ein Händchen dafür hatte, erstaunlich schmackhafte Speisen zuzubereiten. Und ebenso ewig lange schien es ihr zurückzuliegen, dass sie Großmutters Kochbuch gefunden und diesen ersten Wünsch-dir-was-Auflauf gebacken hatte.
Nun, zumindest für Doll und Lu war in Erfüllung gegangen, was sie sich von Herzen gewünscht hatten.
Heute Abend hatten Lu, Doll und sie einen häuslichen Weiberabend geplant – nachdem Doll und Lu als Andeutung eines Junggesellinnenabschieds im Faery Glen einen kleinen Umtrunk mit ihren Freundinnen veranstaltet hatten. Mitzi hatte die Einladung, sich dazuzugesellen, abgelehnt und gesagt, sie bräuchte sehr viel mehr Zeit, um sich für die Hochzeitsfeier rundum zu erneuern und zu verschönern, als ihre Töchter.
Überraschenderweise hatten beide sie gebeten, für dieses Abendessen den Wünsch-dir-was-Auflauf zuzubereiten. Doll übernachtete bei ihrer Mutter, um zumindest als Lippenbekenntnis zur Tradition so
Weitere Kostenlose Bücher