Magical Village 1 Zimt und Zauber
in und um Hazy Hassocks zu verbreiten begann, kam es ihr vor, als würde sie von einem Wirbelwind erfasst wie Dorothy in »Der Zauberer von Oz«.
Da sie nur sechs Wochen Zeit hatte, um die Hochzeit zu organisieren – im ganz kleinen Rahmen, hatten Doll und Brett betont, mit Empfang im Faery Glen -, wie auch die Festaktivitäten der Fitten Fünfziger, ganz zu schweigen davon, dass sie mit Grannys Leckereien das Catering übernehmen sollte, schwirrte Mitzi der Kopf wie nie zuvor.
Jahrzehntelang hatte sie als Mr Dickinsons rechte Hand in der Bank mühelos Besprechungen und Termine und Konferenzen und Reisebuchungen und Urlaube und Seminare und unzählige andere Dinge organisiert. Sie hatte anhand von Mr Dickinsons drei Notizkalendern für einen reibungslosen Ablauf gesorgt. Nie hatte es Überschneidungen oder versäumte Termine oder irgendein Durcheinander gegeben. Alles hatte immer wie am Schnürchen geklappt. Sie hatte effizient gearbeitet, war gelassen, besonnen und tüchtig gewesen.
Was in aller Welt war geschehen? Ein paar Monate später hatte sie nur noch ihr Privatleben zu organisieren und war zu nichts mehr zu gebrauchen.
Ach ja, zurück in die Wirklichkeit, dachte sie – was im Moment bedeutete, dass sie allein mit Joel im abgedunkelten kalten und freudlosen Gemeindesaal von Hazy Hassocks saß, während eine blecherne Version von »Aquarius« aus dem Mono-Lautsprecher schepperte.
Ersteres war herrlich, Letzteres eher weniger …
»Bitte entschuldige das hier«, sagte Mitzi leise. »Ich hatte
mich wirklich darauf gefreut, heute Abend mit dir nach Winterbrook zu fahren und bei Lorenzo zu essen. In letzter Zeit habe ich ein Gedächtnis wie ein Sieb. Ich hatte das Vorsprechen des FFC völlig vergessen – und es gab keine Möglichkeit, mich da rauszuwinden.«
»Kein Problem«, sagte Joel. »Dann gehen wir eben nächstes Mal zu Lorenzo. Und wir können uns später immer noch etwas zum Mitnehmen holen. Ich weiß ja, dass du bis zum Hals in Hochzeitsvorbereitungen steckst.«
Mitzi nickte. »Wie kommt Doll bei der Arbeit zurecht?«
»Erstaunlich gut. Ich und Viv und Tammy und Mr Johnson machen uns ihretwegen halb verrückt und versuchen sie dazu zu bewegen, etwas langsamer zu treten und auch mal die Füße hochzulegen. Aber sie lacht nur und meint, in diesem Stadium sei sie noch lange nicht und sowohl die Hochzeit als auch die Geburt wären doch keine große Geschichte.«
»Ich weiß, dass sie vorhat, so lange zu arbeiten, bis die Wehen einsetzen«, zischte Mitzi. »Und das wird sie wahrscheinlich auch.«
Der Plattenspieler war inzwischen zu »Ain’t Got No Grass« weitergeruckelt.
Joel grinste. »Sie erklärt uns allen, wir sollen ganz cool bleiben.«
»Sie war schon immer so«, sagte Mitzi, während sie tapfer an einem Sandwich kaute. »Nüchtern, ruhig und gefasst. Gott weiß, was los wäre, wenn Lu sich in dieser Lage befände. Der dritte Weltkrieg mindestens. Und bitte nimm noch ein Sandwich. Komm schon, Lav und Lob haben sie extra gemacht.«
»Na gut, wenn das so ist, sollte ich mich wohl ermannen …« Joel bediente sich aus den Tiefen des Silberpapiers.
Der Filzhutmann stolzierte in den einzig beleuchteten Bühnenbereich und blinzelte angesäuert zu ihnen herab. »Ich muss doch im Zuschauerbereich um Ruhe bitten! Du solltest für mich Notizen machen und nicht schwätzen, Mitzi! Wir sind beim Casting gerade an einem kritischen Punkt – und euer verdammtes Foliengeknister und Schwätzen und Glucksen wie alberne Teenager bringt uns ganz raus!«
Klar doch, dachte Mitzi übermütig, da hat der Filzhutmann ausnahmsweise mal vollkommen recht. Sie kam sich noch immer wie ein verliebter Teenager vor. Das war natürlich völlig verrückt und würde niemals zu einem Happyend führen, aber herrlich war es trotzdem.
Sie war so aufgekratzt gewesen wie lange nicht, als Joel sie zum Abendessen bei Lorenzo eingeladen hatte. Und schlimmer enttäuscht, als sie sich eingestehen mochte, als ihr klar wurde, dass sich diese Verabredung mit dem Vorsprechen für die Rollenbesetzung in Hair überschnitt.
Nicht dass es da wirklich einen Wettbewerb gegeben hätte.
Sie versuchte nicht zur Bühne zu schauen, als die Hair -Schallplatte zum Song Sodomy vorrückte.
Immerhin hatte Joel sich willig bereiterklärt, sie zum Gemeindesaal zu begleiten. Er hatte gesagt, er freue sich darauf, den Abend mit ihr zu verbringen, und auch wenn es bei Lorenzo vielleicht netter gewesen wäre, sei ihm der Gemeindesaal ebenso
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