Magie der Liebe
Lachen. »Das darf doch nicht wahr sein! Kinder im Haus eines Junggesellen! Und ausgerechnet in Winthrop House!«
»Ich glaube, ich durchschaue die Sache!« meinte Sir Charles und drohte Knight scherzhaft mit dem Finger. »Es geht bestimmt um die Mutter der Kinder, nicht wahr? Wahrscheinlich ist sie eine große Schönheit, oder vielleicht will sie sich an Sie heranmachen, alter Junge.«
»Sie ist bestimmt keine Schönheit!« behauptete Knight ohne Gewissensbisse. »Sie befindet sich in einer finanziellen Notlage und möchte nur das Beste für ihre Kinder. Ich hatte keine andere Wahl. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen.«
»Wie viele Kinder sind es denn?« wollte Julien St. Clair wissen.
»Drei.«
»Aber bestimmt ist eines der Kinder ein wunderschönes, junges Mädchen.«
»Falsch geraten, Raymond! Sie sind alle noch nicht einmal zehn Jahre alt.«
»Und sie wohnen in Winthrop House?«
»Das ist richtig. Wenn Sie mich jetzt wirklich entschuldigen wollen...«
»Das will mir nicht in den Kopf!« brummte Sir Charles.
»Ich kann es auch nicht so recht glauben«, bemerkte Julien, während er seinem Freund nachstarrte.
Lily hatte lange gewartet, bis sie Mrs. Allgood schließlich doch gebeten hatte, mit dem Servieren zu beginnen. Zwar war Knight noch nicht zurückgekehrt, doch die Kinder waren hungrig, nachdem sie den Vormittag mit Umräumen verbracht hatten. Sie waren so unruhig geworden, daß Lily sie nicht länger hatte bändigen können. Sie hoffte nur, daß ihr Gastgeber ihr das eigenmächtige Handeln nicht übelnehmen würde. Im Grunde fand sie sein Verhalten unmöglich, doch das hätte sie natürlich niemals zugegeben.
»Kommt«, sagte sie, »wir essen jetzt, und später gehen wir ein Stück spazieren! Mich langweilt das Warten genauso, also beschwert euch nicht!«
»Wir haben uns nicht -«
»Doch, das habt ihr, Sam. Haltet jetzt bitte den Mund und setzt euch!«
»Ich habe Czarina Catherine oben vergessen!«
»Laura Beth! Ich bin sicher, daß Catherine keinen Hunger hat. Setz dich!«
Nachdem die Kleine auf den Stuhl geklettert war, reichte ihr die Tischplatte genau bis zum Kinn. Duckett lächelte. »Ich werde mich darum kümmern, Madam«, sagte er, und einige Minuten später saß Laura Beth auf einem Stapel dicker Bücher.
»Die Suppe ist ja grün, Mama!«
»Es ist Erbsensuppe, Laura Beth, und die ist nun einmal grün.«
»Ich mag den Schinken nicht!« verkündete Sam und beobachtete dabei mit wissenschaftlicher Gründlichkeit, wie eine dünne Scheibe auf seiner Gabelspitze baumelte.
Lily sah die Kinder der Reihe nach an und hätte ihnen am liebsten den Hals umgedreht. »Wenn ihr nicht auf der Stelle still seid und anständig eßt, wird der Spaziergang gestrichen! Sam, hör sofort auf, an den Büchern zu ziehen!«
»Aber dieses hier sieht sehr interessant aus! Es ist-«
»Es ist ein Buch von Francis Bacon«, belehrte ihn sein großer Bruder und quietschte dann: »Paß auf, Sam! Du lieber Himmel!«
Doch da war es bereits zu spät. Laura Beth fiel vom Stuhl und schrie wie am Spieß. Und genau in diesem Augenblick betrat Knight das Zimmer. Lily sprang auf, und Sam verschwand blitzartig unter dem Tisch und hoffte, dadurch seinem Unglück entronnen zu sein.
»Guten Tag, Mylord!« begrüßte Duckett seinen Herrn mit ruhiger Stimme. »Darf ich Ihnen jetzt den Lunch servieren?«
Einige Sekunden lang schloß Knight die Augen, und als er sie wieder öffnete, begegnete er Lilys Blick. Sie kniete auf dem Boden und versuchte, die weinende Laura Beth zu beruhigen. Lilys Gesicht war leichenblaß, und Knight spürte genau, daß sie Angst hatte. Dabei hatte ihn das Chaos, das er vorgefunden hatte, höchstens überwältigt, aber doch keineswegs geärgert. »Ich werde später essen, Duckett«, beschied er diesen freundlich und wandte sich dann an Lily. »Ist Laura Beth etwas geschehen, Lily? Soll ich Sam verhauen?«
Vorsichtig streckte Sam seinen Kopf unter dem Tisch hervor, doch Theo schwang sich zu seinem Verteidiger auf.
»Es war mein Fehler, Sir«, erklärte er und nahm vor Knight Aufstellung. »Sam hat nicht begriffen, was er gemacht hat. Er wollte nur das Buch von Francis Bacon hervorziehen.«
»Das weiß ich doch, Theo«, entgegnete Knight. Dann warf er einen Blick in die Runde, machte schwungvoll auf dem Absatz kehrt, daß seine Rockschöße nur so flogen, und verließ den Raum.
»Du lieber Himmel!« stöhnte Lily.
»Machen Sie sich um Seine Lordschaft keine Gedanken, Madam«, sagte
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