Magie der Liebe
heimzukehren. Er hatte einen Opernbesuch geplant und anschließend eine Liebesnacht mit Janine, einer reizenden, großbrüstigen Kurtisane. Doch nichts davon war ihm geglückt. Den ganzen Nachmittag über hatte er immer wieder an Lily denken müssen. Pausenlos hatte er sie vor sich gesehen.
Sie war die erste Frau in seinem gesamten bisherigen Leben, die ihn so aus der Fassung gebracht hatte und bei der er sich beinahe vergessen hätte. Er hatte sich erbärmlich benommen. Wenn er sich nicht beherrscht hätte, hätte er ihr mit Sicherheit kein Vergnügen bereitet, sondern sie nur verletzt. Er verabscheute sich noch nachträglich, und das gefiel ihm überhaupt nicht. Verdammt, schließlich war er doch ein Gentleman! Diesen Satz versuchte er seinem Gehirn seit gestern unentwegt einzuhämmern, doch seine wilde Sehnsucht war keineswegs geringer geworden. Schon allein ihren Namen zu hören, konnte er kaum ertragen! Die kurze Zeit ihrer Bekanntschaft machte ihm seine Reaktion nur unverständlicher und absurder.
Kaum daß er ihre sanfte, weiche Stimme draußen im Flur hörte, spürte er, wie sein Körper reagierte. Er fluchte leise und schluckte heftig, doch dann zwang er sich gewaltsam zur Ruhe.
Sam kam als erster durch die Tür gerannt und blieb kurz vor Knight stehen. »Sir! Mama trifft keine Schuld. Sie hat es gerade noch rechtzeitig gemerkt und mich davon abgehalten, das Bild zu bemalen. Ich werde es bestimmt nicht wieder tun!«
Knight sah zu dem bekümmerten, kleinen Gesichtchen hinunter, das Tristan so gar nicht ähnlich sah, ihm aber trotzdem immer mehr ans Herz wuchs. Nie hätte ich meine Mutter so in Schutz genommen, dachte er, und dabei ist sie nur seine Stiefmutter. »Das hatte ich auch gar nicht angenommen, mein Junge. Die ganze Sache trug außerdem eindeutig deine Handschrift.«
Sam lachte, was Knight beabsichtigt hatte.
»Er wird es bestimmt nicht mehr tun, Sir!« versicherte auch Theo.
»Man soll niemals etwas versprechen, was man vielleicht nicht halten kann, mein lieber Theo!«
»So schlimm bin ich nun auch wieder nicht!« protestierte Sam.
»Das muß sich erst noch herausstellen!« lachte Knight und verwuschelte Sams Haare.
In diesem Augenblick sah er, wie Lily mit Laura Beth auf dem Arm eintrat. Sie hatte sich nicht für den Abend umgezogen - dazu hatte er ihr keine Zeit gelassen. Doch auch in ihrem einfachen Musselinkleid war sie so schön, daß sich sein Herz vor schmerzhaftem Begehren zusammenkrampfte. »Guten Abend, Lily!«
Als er in ihre Augen blickte, überkam ihn der dringende Wunsch, sie zu packen und einfach mit ihr davonzureiten. Er benahm sich wie ein Narr, seit sich ein Gefühl in seine Lust gemischt hatte, das eigentlich nur in den Köpfen schwacher Frauen oder in Liebesromanen existierte.
»Hallo, Mylord.«
Angesichts der förmlichen Anrede, zog Knight eine Augenbraue hoch, doch er hatte keine Gelegenheit mehr, das zu rügen, denn Laura Beth zerrte heftig an seinem Hosenbein.
»Guten Abend, Flöhchen!« Er hob sie hoch, und sofort legten sich die dünnen Ärmchen um seinen Hals, und außerdem bekam er einen feuchten Kuß auf die Backe.
»Pfui Teufel!« rief Sam voller Abscheu. »Das klingt ja abscheulich matschig!«
»Sie ist nur ein kleines Mädchen und weiß es nicht besser«, schulmeisterte ihn Theo und erntete dafür ein heftiges »Besserwisser« von seinem Bruder.
»Ich freue mich, daß ihr alle hier seid! Kommt, wir setzen uns an den Kamin, und dann erzählt ihr mir, was heute alles passiert ist.«
Lily hielt sich im Hintergrund und beobachtete die kleine Gruppe. Laura Beth thronte wie eine kleine Prinzessin auf Knights Schoß, während die Jungen sich rechts und links von ihm niedergelassen hatten und fast gleichzeitig auf ihn einsprachen. Ich hätte genausogut wegbleiben können, dachte sie. Keiner hätte mich vermißt! Sie haben ja Knight und...
»Mama!« rief Sam zu ihr herüber. »Wie heißt das Ding noch einmal?«
Lily schob die traurigen Gedanken energisch beiseite, denn sie wußte ganz genau, daß sie es ohne die Kinder keine Sekunde aushalten könnte. »Welches Ding, mein Schatz?«
»Komm doch her, Mama!« forderte Theo sie auf, während er ein wenig von Knight abrückte und auf den Platz neben sich klopfte.
Als Lily hinüberging, begegnete sie Knights Blick, in dem sie Gier und Wildheit, aber gleichzeitig auch Sanftheit und Zärtlichkeit las. Sie erzitterte und konnte sich nicht erklären, wodurch diese Gegensätzlichkeit eine so verheerende Wirkung auf
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