Magie der Liebe
ist zwar tatsächlich keine Schönheit, aber deshalb darfst du das noch lange nicht tun! Das Bild gehört dir doch nicht! Zur Strafe sollte ich
dir
einen Schnurrbart anmalen!«
»Er stünde dir bestimmt gut.«
Lily und Sam erstarrten, als Knight zu ihnen trat.
»Soviel ich weiß, ist das einer meiner Ur-Ur-Ur-Großväter. Einer meiner Lehrer hat mir einmal erzählt, daß er ein ziemlicher Bösewicht gewesen sein soll.« Er trat nahe vor das Gemälde und strich sich nachdenklich über das Kinn. »Tatsächlich, Sam, es stimmt! Er hat wirklich keine Oberlippe. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn du im Augenblick davon absehen würdest, ihm einen Schnurrbart zu malen. Vielleicht wächst er ihm im Lauf des nächsten Jahrhunderts ja noch.« Nach diesem Monolog nickte Knight nur kurz und verschwand dann in seinem Schlafzimmer am Ende des Korridors.
Wenige Sekunden später erschien Stromsoe auf der Bildfläche und zischte Sam ein giftiges »Schlimmer Junge!« zu.
»Besserwisser!« rief Sam hinter ihm her.
Lily quetschte Sams Hand, doch glücklicherweise wandte sich Stromsoe nicht um, sondern folgte seinem Herrn.
»Du lieber Himmel!« seufzte Lily, während sie den Stuhl wieder an seinen angestammten Platz rückte. »Gib mir die Feder, Sam!«
»Na gut«, brummte Sam. Eigentlich hatte er eine Strafpredigt erwartet, aber so richtig schuldig fühlte er sich nicht. »Ich werde ein bißchen mit Laura Beth spielen, Mama«, bot er trotzdem zur Versöhnung an.
»Vielen Dank, mein Schatz, und geh ein bißchen sanft mit Czarina Catherine um, hörst du?«
»Ja, Mama.«
Als sich Mrs. Allgood räusperte, blickte Lily von dem Puzzle auf, das sie mit den Jungen zusammensetzte.
»Seine Lordschaft erwartet Sie zum Abendessen, Mrs. Winthrop.«
»Na, wunderbar, Mama. Dann kannst du Vetter Knight bestellen, daß ich heute in der Bibliothek schon große Fortschritte gemacht habe!« rief Theo, nachdem er ein Stück in den königlichen Pavillon in Brighton eingefügt hatte.
»Und von mir kannst du ihm ausrichten, daß ich niemandem Schnurrbarte malen werde, auch den Damen nicht!«
»Da wird er aber sehr erleichtert sein!«
»Ich begleite dich!« verkündete Laura Beth.
Mrs. Allgood lächelte. »Vorher möchte er gern die Kinder sehen.«
Notgedrungen war Lily einverstanden, worauf Laura Beth einen kleinen Freudentanz aufführte. Ob Duckett seinem Herrn von dem Besuch der beiden Fremden erzählt hatte? Insgeheim war Lily ein wenig mulmig zumute. Vielleicht hatte er ja auch den anderen Namen erwähnt.
Nachdenklich sah sie die Jungen an. »Oh, Himmel!« stöhnte sie aus tiefstem Herzen. »Ich kann euch nur immer wieder raten, niemals zu lügen. Das Labyrinth wird immer verzwickter und nimmt kein Ende! Hütet euch nach Kräften davor!«
Theo sah sie ein wenig befremdend an, doch Sam, der es gar nicht erwarten konnte, war schon fast auf dem Flur.
»Komm endlich, Mama!« drängte auch Laura Beth und zerrte ihre Mutter voller Ungeduld zur Tür.
10. Kapitel
Knight stand mitten im Wohnraum und wartete auf Lily und die Kinder. Er trug einen Abendanzug in strengem Schwarz und Weiß, was ihm ausgezeichnet stand, wie Stromsoe ungefragt bestätigt hatte.
»Sie haben die richtige Figur dafür, Mylord«, hatte der Kammerdiener in einem wahren Anfall von Überschwang von sich gegeben. »Da können die anderen Gentlemen nur neidisch werden.«
Verblüfft hatte Knight seinen Kammerdiener gemustert, denn noch wenige Augenblicke zuvor hatte sich dieser ausgiebig über Sams Ungezogenheiten beschwert. Seiner Meinung nach hatten Kinder und Witwen, die sich nicht benehmen konnten, im Haus eines Gentlemans nichts verloren.
Knight hatte sofort Sams Partei ergriffen. »Dieses Gemälde ist eigentlich eine Beleidigung des guten Geschmacks, und Sams Verschönerungskur hätte ihm vermutlich nur gut getan. Ich muß direkt überlegen, ob ich es ihm nicht doch noch erlauben soll. Aber ich kann Sie beruhigen, Mr. Stromsoe. Sie können Ihre Beschwerden einfach einstellen, denn Mrs. Winthrop und die Kinder werden am Mittwoch nach Castle Rosse umziehen.«
Während Knight gelangweilt die Hügeltüren fixierte, überlegte er, was Lily und die Kinder nur so lange aufhielt. Die Aufforderung, die Kinder mitzubringen, hatte er wohlüberlegt ausgesprochen, weil sie so seine Einladung nicht hatte abschlagen können. Genau aus diesem Grund war er auch früher nach Hause zurückgekehrt. Ursprünglich hatte er tatsächlich die Absicht gehabt, erst nach Mitternacht
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