Magie der Liebe
verzog er sich wieder. Glücklicherweise bemerkte Laura Beth nichts von der Puppenoperation. Allerdings war die Kleine auch von den Aufregungen des Vormittags müde und reif für ihren Mittagsschlaf. Da Sam noch einige Zeit bei Alfred im Stall beschäftigt und damit unter Aufsicht war, hatte Lily völlig überraschend einige Zeit zur freien Verfügung.
Da sie Violet durch den Ritt nach London sehr stark strapaziert hatte, wollte sie ihr mindestens noch einen Ruhetag gönnen und entschied sich statt dessen für einen Spaziergang. Das war jetzt genau das richtige! Dabei konnte man so schön nachdenken. Ohne die Juwelen saß sie nämlich in der Falle. Bestimmt würde Knight irgendwann hier auftauchen, doch sie war entschlossen, den Schmuck vorher zu finden und zu Geld zu machen. Dann konnte sie zusammen mit den Kindern aus England verschwinden. Ganz unvermittelt kamen ihr Theos Bücher in den Sinn. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, wie man darin Schmuck verstecken wollte, doch sie nahm sich vor, sie alle einzeln zu untersuchen. Wo sollte sie sonst suchen?
Seufzend ging Lily quer über die große östliche Wiese zum See hinunter, der von riesigen Eichen und Weidenbäumen umgeben war. Die kahlen Äste sahen genauso traurig und kümmerlich aus, wie Lily sich augenblicklich fühlte. Immer wieder schossen ihr Einfälle durch den Kopf, doch genauso schnell verwarf sie sie auch wieder. Voller Verzweiflung zog sie sich beim Gehen die Haarnadeln aus der Frisur und versuchte, die Bäume damit zu treffen.
Irgendwo mußten diese Juwelen versteckt sein! Lily erschauerte, als sie an die beiden brutalen Verbrecher dachte. Selbst wenn es ihr tatsächlich gelingen sollte, unbehelligt mit den Kindern das Land zu verlassen, würden die beiden noch längst nicht aufgeben! Sie würden ihr unentwegt auf den Fersen bleiben. Mutlos ließ sie sich schließlich gegen einen Eichenstamm sinken und starrte verzweifelt vor sich hin.
Und genau diesen Eindruck hatte auch Knight, als er sie so verloren unter dem Baum stehen sah. Sie schien tief in Gedanken versunken zu sein. Wahrscheinlich überlegte sie, wie sie ihn wohl am besten übervorteilen könnte.
Ganz unrecht hatte Knight nicht, denn Lily dachte tatsächlich gerade an ihn. Sie wehrte sich zwar dagegen und wünschte ihn zum Teufel, doch um so mehr erinnerte sie sich pausenlos an die Berührungen seiner Lippen, seiner Hände und an das Zittern, das ihn bei ihrem Streicheln überkommen hatte.
»Lily!«
Sie stöhnte auf, weil sie schon an Halluzinationen glaubte. Kopfschüttelnd setzte sie ihren Weg fort.
»Lily! Warte!«
Oh, nein, das durfte doch nicht wahr sein! Es war tatsächlich Knight! In wilder Panik rannte sie davon.
»Bleib stehen! Verdammt!« Doch Knight brauchte nicht lange, bis er sie eingeholt hatte. Seine Beine waren länger und kräftiger und wurden auch nicht durch lange, weite Röcke behindert. Er packte Lily am Arm und wirbelte sie zu sich herum. Sofort holte sie mit dem anderen Arm aus, diesmal war Knight auf der Hut. Kurz vor seinem Kinn packte er ihre Faust. Lily stand nur da und starrte ihn keuchend mit zusammengezogenen Brauen an. »Noch mal schlägst du mich nicht! Das lasse ich mir nicht gefallen.«
Er ließ sie nicht los, sondern packte nun auch noch das andere Handgelenk. Ungestüm hob sich Lilys Busen, so daß Knight Mühe hatte, nicht dauernd hinzusehen. »Weshalb bist du vor mir weggelaufen?«
Herrgott, welch dumme Frage! Er konnte und wollte sich ihr gegenüber keine Blöße geben, weil Lily ohne Bedenken jede Schwäche ausnutzen würde. Und das konnte er sich von einer Frau wie ihr nicht gefallen lassen.
Lily sah ihm geradewegs ins Gesicht. »Sie haben mich beleidigt«, antwortete sie ausdruckslos. »Ich möchte Sie nicht mehr sehen, und Sie sollen mich auch nicht mehr berühren.«
»Tja«, meinte er daraufhin und packte sie noch fester. »Ich bin aber jetzt hier und ich berühre dich sogar. Vielleicht nicht genau an der Stelle, wo du es gern hättest, aber ich halte immerhin deine Hände.«
Lily schnappte nach Luft und wollte sich losreißen, doch Knight gab nicht nach. Daraufhin erstarrte sie und wartete geduldig, wobei sie gleichmütig auf ihre gefangenen Hände hinunterblickte.
»Du konntest dir doch denken, daß ich nach Castle Rosse komme! Schließlich ist es ja mein Haus!« Über ihren Kopf hinweg schweiften seine Blicke über den kleinen See. »Dervin Winthrop hat vor etwa achtzig Jahren aus einem kleinen, stinkenden Tümpel diesen See
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