Magie der Sehnsucht - Roman
seit ich hier arbeite, ist es kein einziges Mal passiert.«
»Wenn du nicht drin bist, wieso weißt du, ob er feststeckt oder nicht?«
»Wenn das geschieht, ertönt sofort ein schriller Alarm. Keine Bange, sollte uns dieser Schicksalsschlag treffen, wird es jemand merken.«
Nachdenklich sah er sich um, und dann funkelten seine Augen. »Kann man absichtlich dafür sorgen, dass der Lift stecken bleibt?«
»Ja«, antwortete sie belustigt. »Aber ich möchte nicht in flagranti erwischt werden.« Niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass er sie so kurz nach der schrecklichen Nacht erheitern konnte. »Was für ein unartiger Junge du bist!«, tadelte sie und schmiegte sich an ihn.
»Gerade das gefällt dir so gut an mir.«
»Stimmt«, gab sie zu und lachte leise.
Die Tür glitt auseinander, und Grace führte ihn zu ihrer Praxis.
Als sie das Vorzimmer betraten, riss Lisa die Augen auf.
Dann inspizierte sie Julian von Kopf bis Fuß und strahlte über das ganze Gesicht. »Was für einen attraktiven Freund Sie haben, Dr. Alexander!«
Grace machte die beiden miteinander bekannt und zeigte Julian ihr Büro. Während sie ihren Computer einschaltete und die Handtasche in einer Schreibtischschublade verstaute, schlenderte er zum Fenster. »Willst du den ganzen Tag in meinem Büro herumhängen?«
»Was Besseres habe ich nicht zu tun.«
»Du wirst dich langweilen.«
»Daran bin ich gewöhnt.«
Natürlich – sie wusste, wie er sich fühlen musste, in dem alten Buch gefangen, in dunkler Einsamkeit. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. »Danke, dass du mich hierher begleitet hast. Ohne dich würde ich es nicht ertragen.«
»War mir ein Vergnügen«, beteuerte er an ihren Lippen.
In diesem Moment ertönte die Sprechanlage. »Soeben ist der Patient eingetroffen, der einen Termin um acht Uhr hat.«
»Ich warte draußen«, sagte Julian. Bevor er sie verließ, drückte er ihre Hand.
Während der nächsten Stunde konnte sie sich nur mühsam auf ihre Arbeit konzentrieren. Unentwegt musste sie an den Mann denken, der sich im Vorzimmer aufhielt – und der ihr so viel bedeutete. Nach der Sitzung begleitete sie den Patienten hinaus.
Lisa zeigte Julian gerade, wie man auf dem Computer Solitär spielte. »Wussten Sie, dass er noch nie Patiencen gelegt hat, Dr. Alexander?«
Amüsiert wechselte Grace einen Blick mit Julian. »Wirklich nicht?«
Lisa schaute in den Terminkalender. »Übrigens – der Drei-Uhr-Termin wurde abgesagt. Und der Patient, der um neun Uhr kommen soll, hat gerade angerufen, er wird sich um ein paar Minuten verspäten.«
»Okay.« Grace zeigte mit dem Daumen zur Tür. »Während ihr beide spielt, hole ich rasch meinen Palm Pilot aus dem Auto.«
»Das mache ich«, entschied Julian.
»Nein, ich möchte es selber erledigen.«
Entschlossen ging er um Lisas Schreibtisch herum und streckte die Hand aus. »Gib mir den Autoschlüssel«, befahl er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Da sie nicht mit ihm streiten wollte, reichte sie ihm den Schlüssel. »Der Palm Pilot liegt unter dem Fahrersitz.«
»Gut, Gleich bin ich wieder da.«
Grace schlug die Hacken zusammen und salutierte, was ihn kein bisschen belustigte. Ohne ein weiteres Wort verließ er die Praxis. Vor dem Lift blieb er stehen, griff nach dem Knopf, und dann zögerte er. Wie er dieses beengte quadratische Ding hasste … Und der Gedanke, allein darin zu stehen … Er blickte sich um und entdeckte eine Treppenflucht. Erleichtert ging er darauf zu.
Während Grace in ihrer Aktentasche nach Rachel Thibideauxs Krankenblatt suchte, erinnerte sie sich, dass sie ein paar schriftliche Unterlagen auf dem Rücksitz ihres Wagens zurückgelassen hatte.
»Wo habe ich nur meinen Kopf?«, schalt sie sich.
Doch das wusste sie nur zu gut – ihre Gedanken irrten zwischen den beiden Männern hin und her, die ihr Leben so dramatisch verändert hatten.
Verärgert über sich selbst, ergriff sie die Aktentasche und folgte Julian.
»Wohin gehen Sie, Dr. Alexander?«, fragte Lisa.
»Leider habe ich auch ein paar Papiere in meinem Auto vergessen. In ein paar Minuten komme ich zurück.«
»Okay.«
Auf dem Weg zum Lift wühlte Grace noch einmal in ihrer Aktentasche, um festzustellen, ob die fehlenden Unterlagen vielleicht doch darin steckten. Ohne aufzublicken, betrat sie den Lift und drückte automatisch auf den Knopf für das Erdgeschoss. Erst als sich die Türen schlossen, merkte sie, dass sie nicht allein war.
Rodney
Weitere Kostenlose Bücher