Magie des Mondes - Vollmond
18. Geburtstag!“
Na toll. Getroffen von dieser Offenbarung schossen mir viele Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Wenn er Recht hätte, würde mir in weniger als drei Wochen ein Fell wachsen. Der Gedanke daran löste das reinste Unbehagen in mir aus. Müsste ich dann bei jedem Vollmond auf vier Beinen herumlaufen? Obwohl, wenn es mondabhängig wäre, hätte Julian sich ja nicht gerade vor ein paar Minuten verwandeln können. Und außerdem wie passiert das überhaupt und wann – wenn der Mond aufgeht?
„Nein, erst wenn er den Zenit erreicht hat.“, antwortete Julian.
Ich wusste, dass ich keine laute Frage gestellt hatte. Er sah mindestens genauso erschrocken aus wie ich, während die anderen ihn erst verwundert, dann verständnisvoll musterten.
„Du kannst meine Gedanken lesen?“, fragte ich entsetzt vorwurfsvoll.
„Bisher nicht wirklich… also ich meine… bisher nur als Wolf… das war gerade das erste Mal in menschlicher Form.“, stotterte er.
Verwirrt und fassungslos starrte ich ihn an. „Wieso als Wolf? Ich hab dich doch bis heute noch nie als Wolf gesehen!“
„Das stimmt auch. Ich konnte vorhin deine Gedanken kurz lesen. Ich weiß, dass du es nicht glauben wolltest und es für zu unwirklich hieltest“
Großartig! Dachte ich. Dann könnte er mich, wenn er wollte, wie ein offenes Buch lesen.
„Den letzten Teil, den sie wissen muss, sollte sie nun alleine von Julian erfahren!“, sagte Julians Vater und als ich merkte, dass Alex mich los ließ, Miri ein unmissverständliches Zeichen gab mit ihm zu kommen, realisierte ich, dass es sich nicht um eine Bitte, sondern um einen Befehl handelte.
Gleich würde ich allein mit Julian sein…
„Es tut mir leid.“, seufzte er schließlich nach einer schweigsamen Weile, in der wir uns nur angestarrt hatten, nachdem alle gegangen waren. In seiner Stimme schwang Aufrichtigkeit mit.
Als ich ihn fragend ansah, fügte er hinzu „Ich meine damit nicht, dass wir dich hergebracht haben, sondern dass es keinen andern Weg gab… dass du es so erfahren hast… mir ist klar, dass das alles nicht leicht zu verdauen ist…“ Ich wusste nicht, was ich fühlen oder sagen sollte. Ich schwieg daher nur, senkte den Blick und wartete ab.
„Jungs müssen allein durch die erste Verwandlung… sie ist sehr schmerzhaft … die schwächeren überleben den Wandel nicht…. Das könnte man sachlich als natürliche Auslese bezeichnen. Ein Mädchen dagegen wählt vorher immer ihren Gefährten, der sie dabei begleitet. Ohne einen Gefährten besteht eine sehr große Chance, dass sie die Wandlung nicht überlebt.“
Na das wird ja immer besser, dachte ich. Nicht nur, dass mir ein Fell wachsen könnte, ich könnte auch noch dabei sterben. Es war einfach viel zu abwegig!
Wieder schwiegen wir eine Weile.
Ich lehnte mich an die Sofalehne um etwas Halt zu finden aber auch um die wiedergekehrten Kopfschmerzen zu besänftigen, die aus dem Schock und der Überforderung resultierten. Trotzdem musste ich ihm noch ein paar Fragen stellen. Ich suchte nach Worten… aber bevor ich die Fragen laut stellen konnte, antwortete er schon.
„Du musst nicht für immer hier bleiben Lucy, du bist keine Gefangene. Du kannst, sobald die Medien aufgehört haben nach dir zu suchen, sobald der Rat dir neue Papiere besorgt hat und sobald wir dich ein wenig optisch verändert haben – natürlich nur wenn du möchtest - mit uns im Nationalpark arbeiten. Du kannst die Oberstufe mit einem Privatlehrer beenden und du kannst, wenn du möchtest, später auch studieren.“
Erleichtert nickte ich. „Kannst du das auch irgendwie abstellen… ich meine in meinen Kopf zu schauen?“
„Ich versuche es; aber deine Gedanken waren gerade so intensiv, dass sie sich in meine geschoben haben.“ Er streichelte über meine Wange und legte die andere Hand um meine Taille. Er sah mir tief in die Augen. Wieder war da dieses unerklärliche Gefühl… „Spürst du es auch?“, fragte er zärtlich.
Nervös sprang ich vom Sofa auf und lief ein paar Schritte auf und ab.
„Von was redest du?“
„ Von dem, was du fühlst, wenn du mich siehst, wenn ich dich ansehe, dich berühre so wie jetzt?!“ Auch er war aufgestanden und hielt behutsam eine Hand nach mir aus. „Von dieser Anziehungskraft zwischen uns.“
Sprach er von dem unerklärlichen Gefühl, dass ich schon die ganze Zeit in seiner Nähe hatte? Bevor ich antwortete, fragte er leise:
„Hast du Angst vor mir – oder vor dem was ich bin?“
„Ja“, gab ich wahrheitsgemäß
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