Magie des Mondes - Vollmond
einen Augenblick von seinen wunderschönen blaugrauen Augen gefangen.
„Bitte habe keine Angst vor mir, wenn du das jetzt siehst; ich würde dir nie wehtun! … ich werde es dir jetzt beweisen. Aber renn bitte bloß nicht schreiend weg!“. Er ging um das Sofa herum, ich drehte mich leicht und folgte ihm mit meinem Blick. Er fing an sich auszuziehen – was er unglaublich schnell machte.
„Kleidung verhindert die Wandlung“, erklärte Julians Vater, als er meinen schockierten Blick bemerkte.
Bevor Julian die Hose abstreifte, drehte er sich um, damit ich ihn nur von hinten sehen konnte.
Ich war so irritiert, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte oder warum ich einfach nicht aus diesem verrückten Traum aufwachen konnte.
Ein eigenartiges Geräusch, das einem elektrischen Knistern ähnelte, drang an meine Ohren, woraufhin ich meinen Blick durch den Raum gleiten ließ. Julian war plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Stattdessen stand da ein Wolf mit Julians Haarfarbe und seinen Augen – menschliche Augen.
Sollte er tatsächlich die Wahrheit gesagt haben?
Nein, das konnte einfach nicht sein.
Das war alles zu unwirklich – zu grotesk!
Ich zwickte mich selbst, um wirklich auszuschließen, dass ich nicht doch träumte. Obwohl der Zwicktest schmerzte, konnte ich das alles einfach nicht glauben – wollte es nicht glauben, schüttelte ungläubig den Kopf.
Panisch schnappte ich nach Luft, als der Wolf gefährlich nahe zu mir getappt kam. Bevor ich hätte aufspringen und flüchten können, stieß mein Kopf an eine Schulter. Alex hatte mich in seine Arme genommen und fest an sich gedrückt.
Nur wenige Zentimeter Abstand lagen zwischen mir und dem Wolf, der mich kurz anstupste und mir mit seiner rauen Zunge über die Hand leckte.
Ängstlich verkrampfte ich mich, aber konnte einfach nicht weglaufen. Meine Beine fühlten sich wie Betonklötze an.
„Er tut dir nichts!“, versuchte Julians Vater mich währenddessen zu beruhigen. „In gewisser Weise hast du gerade einen Handkuss bekommen. Lecken ist bei Wölfen das Äquivalent für einen Kuss.“
Unter anderen Umständen hätte das vielleicht eine schmeichelnde Wirkung auf mich gehabt, aber in diesem Augenblick war es einfach zu viel. Als der Wolf eine Klaue auf mein Bein legte und ich die scharfen Krallen durch die Hose spürte, beschleunigte sich mein Atem, während ich zugleich keine Luft mehr bekam. Alles an mir fing an zu kribbeln und ich fühlte mich schwindelig.
„Mensch Julian… jetzt übertreib es nicht! Sie hat gerade schon Angst! Das ist nicht gerade vertrauensfördernd.“, schalt seine Mutter, woraufhin sich der Wolf mit einem grummelnden Geräusch zu seinen Kleidern zurückzog, die auf einem Haufen lagen.
„Tut mir leid… das hat er jetzt echt übertrieben, auch wenn er es nicht böse gemeint hat. Er würde dir nie etwas antun Lucy.“ Julians Mutter sprach beruhigend auf mich ein. „Beuge dich nach vorne und halte deine Hand vor den Mund… und dann atmest du ganz bewusst ein und aus.“
Indes spürte ich eine Berührung am Rücken. Alex hatte angefangen mich beruhigend zu streicheln – fast hypnotisch. Tatsächlich half es und ich konnte mich schon nach weniger als einer Minute wieder aufrecht hinsetzen.
Ein weiteres Mal hörte ich dieses elektrische Knistern und Julian war wieder Julian… als Mensch. Er musste sich im Rekordtempo wieder angezogen haben, denn er kam nach wenigen Sekunden zum Sofa zurück.
Vorsichtig setzte er sich langsam neben mich, als befürchtete er, ich könnte einen erneuten Anfall bekommen.
Plötzlich kamen mir ein paar Gedanken, die von dem ersten Schock überdeckt gewesen waren… wenn er und seine Eltern Werwölfe waren… wieso war ich dann hier? … ich war schließlich nicht so!
„Geht es wieder?“, erkundigte Julian sich. Zögerlich nickte ich und suchte den Kontakt zu Alex, der mit zusammengekniffenen Lippen zu Boden starrte.
„Seid ihr auch…?“
„Ja“, antwortete Miri.
Julians Stimme klang ruhig, als er die nächsten Worte aussprach, die meine Welt endgültig aus dem Gleichgewicht brachten. „Du bist auch eine von uns.“
Dieses kleine Wörtchen UNS hatte eine ungeheure Tragweite.
Ich sollte eine von ihnen sein? So ein Unsinn!
„Oh nein!“, lachte ich freudlos und verzweifelt „Da irrt ihr euch aber gewaltig… ich kann mich nicht verwandeln!“
„Noch nicht.“, erwiderte Julians Vater nachsichtig „Die Erste Wandlung durchleben genetisch geborene Gestaltenwandler immer erst beim Vollmond nach dem
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