Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)
Ein Buch lag darauf. Der Einband war aus schwarzem Leder und an einigen Stellen abgestoßen.
„Setzt Euch“, bat Tralvis.
Während Pergin auf einem der Stühle Platz nahm, bemerkte er, dass es in diesem Raum kühler war als in den anderen. Das Fenster war allerdings geschlossen. Der Gedanke, dass Tralvis ihn draußen hatte warten lassen, um rasch durchzulüften, erschien ihm als abwegig.
„Werft einen Blick hinein.“ Tralvis reichte ihm das Buch.
Mit spitzen Fingern schlug Pergin es auf. Die Seiten raschelten und knisterten, als begehrten sie dagegen auf, dass jemand es wagte, sie zu blättern.
Ein muffiger Geruch schlich sich in seine Nase. Die Seiten waren gelblich, manche mit kleinen Flecken verunziert oder sogar eingerissen. Das Alter dieses Schriftstücks strömte aus jeder Pore.
Es war nicht das erste antike Buch, das Pergin in den Händen hielt – aber das erste, das sich mit Zaubern befasste, Zaubern, die eigentlich gar nicht …
Sein Atem beschleunigte sich.
Es befasste sich tatsächlich mit Kampfmagie, das ließ sich anhand einiger Wörter entnehmen. Eine Passage im Ganzen zu lesen, erwies sich jedoch als schwierig, da die Schrift unerhört krakelig war, hässlich geradezu, als wäre der Verfasser besoffen gewesen. Als Pergins Augen zu brennen begannen – die kleine Öllampe auf dem Tisch war nicht gerade ein ergiebiger Lichtspender für dieses Gekritzel –, schlug er das Buch zu und schob es zurück in die Mitte des Tisches.
Fragend sah er Tralvis an.
Das Gesicht des Großmeisters war in Stein gegraben. „Was Ihr gerade gelesen habt, wäre unser Todesurteil, sollte die Kirche Wind davon bekommen.“
„Ich kann nicht glauben, was Ihr mit Euren Worten impliziert. Das ist unmöglich. Es gibt keine Aufzeichnungen aus der Zeit des … vor Iros.“
„Sagt es ruhig – aus der Zeit des Alten Bundes .“
„Nur Legenden, mehr nicht“, antwortete Pergin demgemäß, wie er es an der Akademie gelernt hatte. In grauer Vorzeit, so geisterte es im Volksmund, habe es Zauberer gegeben, deren Macht so gewaltig gewesen war, dass sie die Meere zu turmhohen Wellen auftürmten, dass sie Feuer vom Himmel regnen ließen.
Humbug.
Firlefanz.
Pergin war fassungslos, dass Tralvis ihm nicht sofort beipflichtete, sondern eine betroffene Miene aufsetzte.
„Mag sein“, sagte der Großmeister. „Wie aber lässt sich die Existenz dieses Buches dann erklären?“
„Dieses Gekrakel hat sich wahrscheinlich irgendein verblendeter Fanatiker aus den Fingern gesaugt.“
„Das dachten Bjarim und ich anfangs auch.“ Tralvis beugte sich vor, und in seinen Augen jagten einander die Schatten.
Pergin bekam Gänsehaut. Unwillkürlich lehnte er sich zurück, hätte sich am liebsten im Stuhl zu einem kleinen Papierfitzelchen zusammengefaltet.
„Aber einiges davon funktioniert!“, presste der Großmeister nun hervor, seine Stimme so schauerlich, als wehe sie aus einem Grab.
„Ihr habt es ausprobiert ?“ Pergin meinte zu hören, wie das, an was er bisher geglaubt hatte, unter lautem Getöse einstürzte. Tralvis – der disziplinierte, bedachte und weise Tralvis – beschäftigte sich mit dem Alten Bund? Und Bjarim ebenfalls?
„Nicht ich“, erwiderte Tralvis leise.
Ein neues Stück fügte sich in das Puzzle. Ein schreckliches, dunkles Stück. „Ihr habt es Lorgyn gegeben?“ Pergins Stimme überschlug sich beinahe.
Sein Gegenüber schwieg lange, ehe er leise sagte: „Dass die Zauber glückten, hätten wir nie für möglich gehalten. Es war nur als … Versuch gedacht.“
Pergin spürte Zorn. Dieser geldgierige Sack hatte Lorgyn benutzen wollen, indem er ihn für den Kaiser in den Krieg gegen die Inselreiche schickte und so den Säckel der Akademie noch praller füllte! Am liebsten wäre er aufgestanden und zur Kirche gegangen. Ein oder zwei Mal jedes Jahr brannten die Scheiterhaufen in Jalsur, weil man erneut ein paar Paktierer des Alten Bundes aufgegriffen hatte. Aber Pergin saß da, unfähig, sich zu bewegen, unfähig, Worte zu formen, die seinem Entsetzen die Stimme liehen.
Pergin wusste um Lorgyns Vergangenheit, wusste von der Sache mit seinen Eltern. Und gerade Lorgyn hatte man mit dem Alten Bund konfrontiert!
„Nun beruhigt Euch!“, sagte Tralvis streng. „Ich kann mir denken, was in Euch vorgeht.“
„Könnt Ihr nicht!“
„Oh doch.“
„Wie konntet Ihr Lorgyn so etwas antun?“
„Denkt Ihr, wir hätten ihm einfach das Buch in die Hand gedrückt? Bjarim hat lange mit ihm gesprochen und
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