Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
musste ihm zugestehen, dass sie ihre Wirkung selten verfehlten.
Während Randolph sich in Richtung des reichhaltigen Büfetts verabschiedete und Holmes mit vor Begeisterung ausgebreiteten Armen auf einen grauhaarigen Gentleman zutrat, der, seiner verdutzten Miene nach zu urteilen, nicht die geringste Ahnung zu haben schien, wer ihn da so überschwänglich begrüßte, begab sich Jonathan auf die Suche nach Elisabeth und ihrem Vater.
Er fand sie nicht sofort. Stattdessen lief er César Ritz über den Weg, dem Hoteldirektor, dem Jonathan schon ein- oder zweimal auf einer Gesellschaft begegnet war und der sich im Augenblick persönlich davon überzeugte, dass alles nach den Wünschen der Gäste angerichtet war. Er wechselte einige höfliche Worte mit dem vielbeschäftigten Hotelier, dann wurde dessen Aufmerksamkeit von einem französischen Diplomaten in Anspruch genommen, der eine Frage zu den Speisen am Büfett hatte.
Pflichtschuldig erinnerte sich Jonathan an die Aufgabe, die Greenhough ihm erteilt hatte, und er versuchte, während er sich zwischen den unzähligen elegant gekleideten Herren und prächtig ausstaffierten Damen bewegte, die eine oder andere Neuigkeit aufzuschnappen, die er später in seinem Artikel unterbringen konnte.
Natürlich war das anstehende diamantene Kronjubiläum der Queen eines der wichtigsten Gesprächsthemen an diesem Abend. Viele Gäste freuten sich bereits auf einen Sommer voller Festlichkeiten, und man tauschte sich schon jetzt eifrig darüber aus, wer wann und wo auftauchen würde. Ernstere Naturen sorgten sich um den seit Jahresbeginn schwelenden Konflikt zwischen Griechenland und dem Osmanischen Reich um die Vorherrschaft auf der Insel Kreta, der vor drei Tagen zu einer offiziellen Kriegserklärung geführt hatte und der Gefahr lief, sich zu einem Flächenbrand auf dem Balkan auszuweiten, wenn man ihm nicht ein rasches Ende bereitete. Und in einer Ecke stritt sich ein italienischer Diplomat mit einem französischen Militärattaché über die Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise Frankreichs bei der Annektierung Madagaskars.
Jonathan seufzte. Es waren einfach zu viele Politiker und Militärs und zu wenig Mitglieder der Londoner Aristokratie anwesend, um ihm die Art von Gesprächsstoff zu bieten, den die Leser des Strand Magazine zu erfahren hofften. Er würde also wieder einmal aus winzigen Konversationsfetzen etwas Interessantes zusammenschreiben müssen. Es wäre nicht das erste Mal. Aber der Abend war ja noch nicht vorüber. Vielleicht änderten sich etwas später, wenn die Förmlichkeit einer von Champagner, Wein und Fruchtbowle beförderten Heiterkeit gewichen war, auch die Inhalte der Unterhaltungen.
»Und, mein Bester, wie geht es der Liebe?«, tönte Holmes, der mit einem Glas Champagner in der Hand auf Jonathan zusteuerte. Die Wangen des Magiers waren leicht gerötet, und er schien sich vortrefflich zu amüsieren.
»Ich fürchte, es geht ihr noch nicht viel besser als vor einer Stunde«, gestand Jonathan. »Ich habe Elisabeth – die Tochter des Abgeordneten Holbrook – noch nicht gefunden. Vielleicht kommt sie erst etwas später.«
Holmes blickte an ihm vorbei zum Eingang. »Sagen Sie, Ihre Miss Holbrook ist nicht zufällig ein überaus anmutiges Geschöpf von schlankem und insgesamt höchst wohlgefälligem Wuchs, auf deren blassem Antlitz sich ein Adel widerspiegelt, der ihr, von Gott, wenn schon nicht ihrem Vater, in die Wiege gelegt wurde, und deren braunes Haar glänzt wie frische Rosskastanien im September?«
»Ähm …« Jonathan kratzte sich verlegen am Kinn. »Ich denke, so könnte man sie beschreiben, wenn man es mit blumigen Worten tun wollte.«
»Oh, gut«, sagte Holmes. »In diesem Fall ist sie soeben mit zwei Begleitern eingetroffen.« Er hob die Hand mit dem Glas und deutete an Jonathan vorbei.
Dieser drehte sich um, und sein Herz machte vor lauter Freude einen Sprung. Holmes hatte sich nicht getäuscht. Im Eingang stand Elisabeth und wartete darauf, dass ein älterer Herr, der zweifellos ihr Vater war, seine Einladungskarte dem Saaldiener vorzeigte. Wie schon vor ein paar Tagen bei ihrem Theaterbesuch trug Elisabeth ihr langes braunes Haar kunstvoll hochgesteckt. Dazu war sie heute in ein bezauberndes schulterfreies Kleid mit aufwendigem Rüschendekolleté und breiter Gürtelschärpe gekleidet und hatte dazu lange weiße Handschuhe an. Auf den hohen Wangen lag ein dezentes Rouge, und ein Lächeln brachte ihre Züge zum Strahlen. Sie schien eine völlig
Weitere Kostenlose Bücher