Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
standen sie schweigend nebeneinander und ließen den Blick über das stille Wasser gleiten, auf dem ein einzelner Lastkahn in Richtung Frachthafen fuhr. Unter den Bäumen der Promenade flanierten einige späte Spaziergänger vorbei. Aus den Augenwinkeln warf Jonathan immer wieder einen Blick auf Elisabeth, und er konnte nicht anders, als den eleganten Schwung ihres Nackens zu bewundern und sich zu wünschen, sie mit seinen Lippen genau dort berühren zu dürfen.
Sie wandte ihm anmutig den Kopf zu und sah ihn erwartungsvoll an. »Sie wollten mir von einem ganz besonderen Gefallen erzählen«, nahm sie das zuvor abgebrochene Gespräch wieder auf.
Jonathan nickte. »Ja, das wollte ich«, sagte er. »Wie ich bereits andeutete: Ihre Annahme war richtig. Mister Greenhough gab mir seine Einladungskarte, damit ich auf den Empfang gehen kann. Er wollte mir die Möglichkeit verschaffen, mit Ihnen und Ihrem Vater zusammenzutreffen, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Sie sind mir am Tag nach unserem gemeinsamen Theaterbesuch so auffällig aus dem Weg gegangen, dass mich seitdem die Frage quält, ob ich mir etwas habe zuschulden kommen lassen. Ich wünschte mir, mich mit Ihnen aussprechen zu können, denn natürlich wäre es mir sehr unangenehm, wenn ich durch eine unbedachte Tat Ihren Unmut erregt hätte.« Er sah sie fragend an. » Habe ich etwas getan, um Ihren Unmut zu erregen?«
»Nein, es liegt nicht an Ihnen«, erwiderte Elisabeth mit einem traurigen Kopfschütteln. »Ich selbst bin es vielmehr, die schuldig ist.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich habe Ihnen an jenem Abend etwas verheimlicht, weil die Neuigkeit für mich selbst noch so frisch war, dass ich mit niemandem darüber sprechen wollte. Ich war nicht einmal bereit, mir selbst deren Tragweite einzugestehen.«
Jonathan spürte, wie sein Magen sich zusammenzog. »Und können Sie mir dieses Geheimnis jetzt offenbaren?«
Elisabeth nickte. »Ja, das kann ich – schweren Herzens.« Sie blickte zu Boden. »Jonathan … François Delacroix ist nicht nur mein Cousin. Nach dem Willen meines Vaters ist er auch mein zukünftiger Verlobter und Ehemann. Ich habe erst am Nachmittag vor unserem Theaterbesuch erfahren, dass er nach London kommt. Hätte ich es früher gewusst, hätte ich unser Treffen abgesagt. Aber ich wollte Sarah nicht den Abend verderben. Also ging ich mit. Dass Sie sich …« Sie stockte, und als sie wieder zu ihm aufschaute, schimmerte in ihren Augen das aus dem Ballsaal fallende Licht der elektrischen Kerzen. »… dass Sie sich Hoffnungen machen könnten, habe ich nicht erwartet.«
Jonathan fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Er hatte sich zwar durchaus ausgemalt, dass es ihn einige Mühe kosten würde, das Wohlwollen des alten Holbrook zu gewinnen, aber dass dieser seine Tochter bereits einem anderen versprochen haben könnte, war ihm nicht in den Sinn gekommen. Oder vielleicht hatte er sich derlei Gedanken auch einfach nicht erlaubt. »Das heißt, all ihre gute Laune, ihr Lachen und Scherzen, war nur gespielt?«, fragte er betroffen.
»Nein!«, beeilte sich Elisabeth zu sagen. »Nein, so dürfen Sie nicht von mir denken! Ich war wirklich glücklich während unseres Theaterbesuchs. Für ein paar Stunden konnte ich vergessen, was mich zu Hause erwarten würde. Erst als wir vor der Pforte meines Elternhauses standen und Sie mich um ein weiteres Treffen baten, fiel mir ein, dass ich nicht mehr die Freiheit besaß, darüber alleine zu entscheiden. Es tut mir so leid.« Sie blickte zur Seite und schwieg kurz, bevor sie mit leichter Verbitterung in der Stimme fortfuhr: »Es tut mir vor allem leid, weil ich François nicht liebe. Er ist die Wahl meines Vaters, nicht die meine. Die Familie Delacroix hat großen Einfluss in der Pariser Gesellschaft. François ist zweifellos eine gute Partie. Doch er bedeutet mir nichts.« Eine Träne rollte ihr über die Wange, und sie tupfte sie rasch mit einem Taschentuch ab. »Bitte verzeihen Sie meinen unangemessenen Ausbruch.«
»Aber da gibt es nichts zu verzeihen, Elisabeth.« Jonathan nahm ihre Hand und drückte sie kurz. »Lassen Sie mich mit Ihrem Vater sprechen. Ich mag nicht aus einer adligen oder vermögenden Familie stammen, aber ich bin bereit, all meine Kräfte darauf zu verwenden, damit nicht nur Sie, sondern auch Ihr Vater stolz auf mich sein können. Ich werde nicht immer Redakteur beim Strand Magazine bleiben. Ich stehe noch am Anfang meiner Karriere.«
Elisabeth lächelte matt. »Wie gerne würde ich
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