Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
andere Person zu sein, als die stets zurückhaltend und ein wenig spröde auftretende junge Dame, die regelmäßig die Redaktionsräume des Strand Magazine besuchte.
Das Hochgefühl, das ihr Erscheinen in Jonathan ausgelöst hatte, bekam jedoch einen herben Dämpfer, als er den zweiten Mann in Elisabeths Begleitung entdeckte. Es handelte sich um einen kräftigen dunkelhaarigen Offizier, der vielleicht fünf oder sechs Jahre älter als Jonathan war und der dem Aussehen nach aus Südfrankreich stammte. Er hatte ein fesches Auftreten, und seine makellosen Zähne blitzten mit seinen polierten Uniformjackenknöpfen regelrecht um die Wette. Elisabeth hatte sich bei ihm untergehakt, und es erweckte den Eindruck, als sei ihr das durchaus nicht unangenehm.
Jonathan schluckte, und es gelang ihm nicht, sein Unbehagen zu verbergen, als er wieder zu Holmes blickte.
»Na, ich hoffe mal, das ist ihr Vetter aus Marseille«, murmelte Holmes mit abweisender Miene und nahm schlürfend einen Schluck Champagner zu sich.
»Ich wüsste nichts von einem Vetter aus Marseille«, sagte Jonathan.
»Wie viele ihrer Vettern kennen Sie denn?« Holmes hob fragend eine Augenbraue.
»Touché.« Nervös fuhr sich Jonathan mit der Hand über den Mund. »Was mache ich denn jetzt?«
»Wie wäre es, wenn Sie hinübergehen und sich vorstellen«, schlug der Magier vor.
Jonathan verzog das Gesicht. »Ich weiß nicht … Ich möchte mich nicht aufdrängen.«
»Ich dachte, wir sind genau deswegen hier: damit Sie sich Miss Holbrook aufdrängen können.«
»Holmes!«
»Schon gut.« Der Magier hob abwehrend eine Hand. »Ich nehme den letzten Satz zurück und bitte um Verzeihung. Trotzdem bleibt es eine Tatsache, dass wir diesen Abend als verlorene Zeit verbuchen können, wenn Sie nicht mit Ihrer Herzensdame ins Gespräch kommen. Los! Gehen Sie hin! Oder besser noch: Nehmen Sie mich gleich mit und stellen mich ihr ebenfalls vor. Dann werden wir diesem falschen Vetter mal auf den Zahn fühlen.« Er grinste vielsagend.
»Keine Magie«, schärfte Jonathan ihm ein. »Vor allem verbiete ich Ihnen, sich in Elisabeths Gedanken zu stehlen.«
»Keine Sorge. Ich bin schließlich ein Gentleman, oder nicht?« Mit süffisantem Lächeln prostete er Jonathan zu, dann wandte er den Blick wieder dem Trio zu. »Sehen Sie? Da kommen sie. Also, auf ins Gefecht!«
»Wir ziehen in den Krieg?«, fragte Randolph brummend, der wie aus dem Nichts neben ihnen auftauchte. Er hatte einen großen Teller mit einem vollkommen willkürlich zusammengeschaufelten Sortiment erlesener Speisen in der Hand und wirkte deutlich zufriedener als noch zu Beginn des Abends.
»Metaphorisch gesprochen«, sagte Holmes, nahm sich eine Olive und warf sie sich in den Mund.
»Ich kann auf Ihrer beider Hilfe wirklich verzichten«, raunte Jonathan. »Ich denke, es wird besser sein, wenn ich …«
Eine weibliche Stimme unterbrach ihn. »Jonathan?« Elisabeth war keine zehn Schritte mehr entfernt und hatte ihn endlich ebenfalls entdeckt. Während sich ihr Vater einem korpulenten Mann im Frack zuwandte, kam sie gemeinsam mit dem Offizier näher. »Was machen Sie denn hier?«
»Du kennst den Herrn?«, erkundigte sich ihr Begleiter mit deutlichem französischem Akzent. Er warf den drei Männern einen musternden Blick zu.
»Ja. Er arbeitet für den Cousin meiner besten Freundin Sarah Harker. Darf ich vorstellen: Jonathan Kentham. Lieutenant François Delacroix, ein Cousin zweiten Grades.«
»Ich kann tatsächlich hellsehen«, raunte Holmes selbstzufrieden.
Jonathan räusperte sich, um die Bemerkung zu überspielen. »Es freut mich, Sie kennenzulernen. Wenn ich Ihnen meine Begleiter vorstellen darf: Sir … äh …«
»John Zeus von Holmeness«, half Holmes liebenswürdig nach. »Und Bischof Athanasius Brown aus Chelmsford.« Offensichtlich hatte ihn der Champagner mittlerweile auch zu einem eigenwilligen Vornamen für Randolph inspiriert.
»Sehr erfreut, meine Herren«, sagte der Franzose und deutete eine Verbeugung an. Der steifen Körperhaltung nach sowie der höflichen Kühle in seinem Tonfall war er das allerdings nicht wirklich. Jonathan konnte sich lebhaft vorstellen, dass er den Abend lieber ungestört mit Elisabeth verbracht hätte.
»Was führt Sie nach London, wenn ich fragen darf?«, fragte Jonathan, der zwar alles lieber getan hätte, als sich mit diesem Mann zu unterhalten, doch seine gute Kinderstube deswegen nicht gänzlich vergessen hatte.
»Geschäfte«, antwortete Delacroix mit
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