Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
Fluch aus, dann sackte er zu Boden und blieb reglos liegen.
Grigori knurrte etwas auf Russisch und zündete einen kleinen Gegenstand in seiner Hand an. Er ließ ihn fallen, packte den schlaffen Leib von Ashbrook, klemmte ihn sich unter den Arm und hetzte los. »Weg!«, rief er hektisch. »Weg!«
»Holmes!«, schrie Jonathan. »Hier fliegt gleich alles in die Luft!« Er sah, dass der Magier und Wilkins sich eine Sekunde lang anschauten. Dann ließen sie von der letzten Tür ab, die sie noch immer nicht ganz entriegelt hatten, und rannten los.
Jonathan wartete nicht, bis die anderen sie erreicht hatten, sondern nahm Kendra an der Hand und stürmte Cutler und den anderen Magiern nach. Sie erreichten das Ende des Ganges und schlüpften an einer schweren Holztür vorbei in einen Raum, der die alte Ritualkammer sein musste und der aus unerfindlichen Gründen von mehreren Öllampen erhellt wurde. Die Kammer war quadratisch und besaß eine breite, an der Wand entlanglaufende Galerie. Über einige Stufen erreichte man den Boden, in dessen Mitte mehrere sich überschneidende und einschließende Kreise und komplizierte magische Symbole in den Stein eingegraben worden waren. Am hinteren Ende des Raums hatte jemand, vermutlich Cutler, eine kreisrunde, in den Boden eingelassene Steinplatte entfernt. Ein etwa zwei Schritt breites Loch befand sich darunter, in dem Magier für Magier verschwand. Gegenwärtig standen allerdings noch fast zwei Dutzend Männer und Frauen in dem Raum, darunter Doktor Westinghouse und die Anwälte Peabody und Richardson.
Das alles nahm Jonathan binnen eines Herzschlags wahr. Doch bevor er zu irgendeiner weiteren Handlung fähig war, gab es hinter Kendra und ihm eine furchtbare Explosion. Grigori, der mit Ashbrook einige Schritte hinter ihnen war, brüllte auf. Jonathan fühlte sich von der Druckwelle gepackt und gewaltsam nach vorne und über den Rand der von keinem Geländer gesicherten Galerie geschleudert. Er schrie und fürchtete schon, hart auf den unter ihm liegenden Steinboden aufzuschlagen, doch im nächsten Moment wurde er von mehreren unsichtbaren Händen ergriffen, die seinen Sturz verlangsamten und ihn sanft hinabsinken ließen. Kendra neben ihm erging es genauso.
Sofort rollte Jonathan sich herum und starrte auf den Ausgang des Raums. Die schwere Holztür war von der Druckwelle hinter Jonathan und Kendra zugeschlagen worden. »Was war das denn?«, entfuhr es ihm.
»Offenbar hat Grigori sich gründlich verschätzt«, knurrte Doktor Westinghouse, der sich unweit von Jonathan geduckt hatte, um den Auswirkungen der Explosion zu entgehen, und der gerade die Arme senkte, um die Fadenbündel zu lösen, mit denen er und einige andere der Anwesenden Jonathan und Kendra aufgefangen hatten.
Ein Junge von vielleicht sechzehn Jahren stürzte unterdessen in Richtung Tür und drückte die Klinke herunter. Ächzend versuchte er sie aufzuschieben, doch ohne Erfolg.
»Was ist los, Mister Porter?«
»Sie klemmt«, erwiderte der Junge. »Irgendetwas liegt im Gang dahinter …«
Jonathan spürte, wie ihn ein ganz mieses Gefühl überkam. »Der Gang ist eingestürzt«, murmelte er. »Grigori hat es übertrieben und den ganzen Gang gesprengt.« Er rappelte sich auf und eilte seinerseits zur Galerie hinüber. »Mister Peabody, Mister Richardson oder sonst irgendwer … Helfen Sie mir!«
»Was haben Sie vor?«, fragte Westinghouse.
»Wir müssen diese Tür öffnen. Wir müssen nach Holmes und Grigori schauen.« Jonathan stellte sich neben Porter und drückte mit seiner Schulter gegen die Tür. Sie rührte sich keinen Fingerbreit.
»Nein, warten Sie«, bat Richardson ihn. »Das ist viel zu gefährlich. Carlyle und diese Fischwesen sind doch auch noch dort draußen. Wenn außerdem wirklich der ganze Gang eingestürzt ist, wie Sie vermuten, ist den anderen ohnehin nicht mehr zu helfen.«
»Aber wir wissen gar nicht genau, wie es dort aussieht!«, rief Jonathan aufgebracht. »Vielleicht leben Holmes und Grigori noch und sind nur verletzt. Wir müssen nachschauen. Wir können Sie doch nicht zurücklassen.«
Westinghouse trat an die Galerie und blickte ihn von unten traurig an. »Das müssen wir aber, mein Sohn. Jeden Moment kann Wellington hier unten auftauchen, um nachzuschauen, was vor sich geht. Und dann waren alle Mühen umsonst. Er wird uns einfach wieder einsperren, und weder Sie noch ich noch sonst irgendjemand in diesem Raum ist imstande, ihm die Stirn zu bieten. Wir müssen uns zurückziehen. Nur
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