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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Steinstufen geknallt, dass es ihn, wenn er nicht so einen verhornten Dickschädel gehabt hätte, womöglich das Leben gekostet, zumindest aber das Bewusstsein geraubt hätte.
    Ächzend und kaum bei Besinnung kroch er stattdessen die letzten Treppenstufen hinab zurück in die Halle. Vor seinen Augen tanzten flimmernde Lichtpunkte, und aufgewirbelter Steinstaub reizte seine Lungen. Er war zu keinem klaren Gedanken fähig, nur der überwältigende Drang davonzukriechen hielt ihn in Bewegung. Seine Finger tasteten über speckigen Stoff – seine Mütze – und krallten sich instinktiv hinein, nahmen ihn mit sich.
    Hinter ihm im Treppenaufgang war das Schaben und Rumpeln von Steinen zu hören, die beiseitegeschoben wurden. Irgendjemand hatte die mörderische Explosion überlebt, und Randolph konnte sich gut vorstellen, um wen es sich dabei handelte. Hyde-White. Der Name driftete wie ein herrenloses Schiff durch das trübe Gewässer seines Verstandes. Er darf mich nicht erwischen …
    Mühsam zog sich Randolph an der Wand hoch. Ihm war übel, und seine Beine fühlten sich an wie aus Butter. Wie durch ein Wunder schien er sich nichts gebrochen zu haben. Mit einem dumpfen Stöhnen stieß er sich von der Wand ab und bewegte sich strauchelnd aus dem Treppenaufgang hinaus. Muss weg hier … zum Westeingang … irgendwie …
    Der Eingangsbereich der Unteren Guildhall glich einem Schlachtfeld. Überall waren Trümmer verstreut, Mauerwerk, Tonscherben, Erde und abgerissene Farnwedel. Dazwischen lagen menschliche und nicht ganz menschliche Körper herum, teils von sich ausbreitenden Blutlachen umgeben, teils von Schutt halb bedeckt. Einige von ihnen bewegten sich noch schwach, die meisten nicht mehr. Beißender Qualm hing in der Luft, und der kupferne Geschmack von Blut lag auf Randolphs Zunge.
    Der Kutscher setzte seine Mütze auf und führte danach prüfend die Hand zum Mund. Als er sie hob, waren rote Schmieren darauf. Er musste sich auf die Zunge gebissen oder die Lippe aufgeschlagen haben, genau vermochte er es nicht zu sagen. Sein ganzes Gesicht brannte wie Feuer.
    Langsam wurde er wieder sicherer auf den Beinen. Um besser rennen zu können, entledigte er sich seines Schuhwerks. Die klobigen Lederschuhe eigneten sich vortrefflich, um seine Hufe zu verbergen, aber während einer Verfolgungsjagd, bei der er selbst der Gejagte war, waren sie mehr als hinderlich.
    Ein wütendes Brüllen in seinem Rücken ermahnte ihn, keine weitere Zeit zu verlieren. Randolph verfiel in einen leicht humpelnden Trab und hastete den Korridor herunter in Richtung Bibliothek. So ganz ohne Sprengstoff und den Revolver fühlte er sich doch ein wenig nackt und wehrlos. Er hoffte, dass ihm nicht zu viele Ordensmitglieder begegneten.
    Sollte mich vielleicht tarnen , fuhr es ihm durch den Kopf, aber er verwarf den Gedanken sogleich wieder. Manchen Magier mochte es leichtfallen, die eigene Fadenaura so zu verändern, dass Lichtstrahlen an ihr vorbeiglitten und sie für normale Augen unsichtbar wurden. Für ihn galt das nicht, und in seinem gegenwärtigen Zustand schon gar nicht. Außerdem schützte ein derartiger Unsichtbarkeitszauber auch nicht vor Verfolgern, die in der Wahrsicht nach ihm Ausschau hielten.
    Daher hielt er nur kurz inne und umspannte seine Hufe mit einem Fadenkokon, der seine Schritte dämpfen würde. Anschließend setzte er seinen Weg fort, verstohlen von Versteck zu Versteck eilend, und hoffte, dass nicht jeder in der Guildhall nach ihm Ausschau hielt – andererseits musste keineswegs jedem bekannt sein, dass Randolph ein Feind des Neuen Morgens war.
    Als er die Bibliothek passierte, bemerkte er, dass dort einige Ordensmitglieder damit beschäftigt waren, Bücher aus den Regalen zu ziehen und eilig zu Bündeln zu verschnüren. Ein Anflug von schlechtem Gewissen überkam ihn. Sein explosiver Angriff auf die Untere Guildhall hatte das geheime Hauptquartier des Ordens des Silbernen Kreises auffliegen lassen. Es würde nicht lange dauern, bis erste Polizeistreifen vor Ort eintrafen, früher oder später gefolgt von den Inspektoren Scotland Yards. Der Alte Mann hätte das nicht gewollt , dachte Randolph in einem Anflug verspäteter Reue, als ihm klar wurde, wie viele Schätze der Orden in dieser Nacht an die Sicherheitsbehörden der Krone verlieren würde. Aber der Alte Mann, da war sich Randolph ganz sicher, hätte auch nicht gewollt, dass sich die Mitglieder des Silbernen Kreises gegenseitig umbrachten . Ich will es ja auch nicht, aber ich

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