Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
die falsche Richtung.«
    »Sehr richtig«, pflichtete ihm Jonathan bei. Seltsamerweise kamen ihm die düsteren Abwasserkanäle erstaunlich vertraut vor. Er wusste sogar, welchen Weg sie einschlagen mussten, um durch die Kanalisation den Fleet zu erreichen, einen Fluss, der im Hampstead Heath, einem großen Park im Norden von London, entsprang und dann – seit Jahrzehnten vollständig überbaut und daher praktisch vergessen – unter der Metropole hindurch bis zur Themse strömte, wo er unterhalb der Blackfriars Bridge zum Vorschein kam. Zweifellos handelte es sich um eine weitere Erinnerung von Drummond.
    Jonathan berührte den älteren Magier an der Schulter. »Kommen Sie. Ich kenne einen guten Weg.«
    Todesmutig rannte Randolph die Treppe hinauf, den stampfenden Schritten des Hyde-White-Ungeheuers entgegen. In seiner Linken hielt er ein dickes Dynamitbündel, das ihm entweder die Freiheit bringen oder ihn – wenn er Pech hatte – in den Untergang reißen würde. Um seinen wahnwitzigen Plan in die Realität umzusetzen und sich einen neuen Fluchtweg zu sprengen, musste er näher ans obere Ende der Treppe, dorthin, wo zwischen der Gangdecke und der quer darüber verlaufenden Basinghall Street kaum noch ein Schritt Stein und Erdreich lagen.
    Vor ihm tauchten eine Öllampe und mehrere Gestalten auf. Eine von ihnen war so riesenhaft, dass sie beinahe den ganzen Gang ausfüllte, ein groteskes, silbern schimmerndes Ungeheuer, das auf Randolph so fremdartig wirkte, als sei es irgendeinem Kolportageroman über Automatenmenschen entsprungen. Verflucht noch eins, ist das Hyde-White? , durchfuhr es ihn.
    »Da läuft Brown! Ergreift ihn!«, dröhnte der stählerne Hüne, und obwohl seine Stimme leicht verzerrt klang, gehörte sie unüberhörbar Wellingtons Adlatus.
    Der Befehl galt seinen Begleitern, derer es mindestens vier oder gar mehr gab. Zu Randolphs Glück befanden sich nur zwei von ihnen vor Hyde-White, und die ihm Nachfolgenden wurden von dessen gewaltiger Masse daran gehindert einzugreifen.
    Der Kutscher hob den Webley in seiner Rechten und feuerte drei Schüsse in Richtung seiner Gegner ab. Die Kugeln peitschten durch den Aufgang, und mindestens eine von ihnen traf, denn der erste der beiden Männer zuckte mitten im Lauf zusammen, prallte gegen seinen Kameraden und riss ihn mit sich zu Boden.
    In Randolphs Rücken ertönten die Donnerschläge einer mehrfachen Explosion. Panische Schreie waren zu hören, die fast im selben Augenblick schon wieder verstummten. Die Druckwelle fauchte durch den Treppenaufgang und zerrte an Randolphs langem Mantel, doch sie war schon zu schwach, um ihn von den Beinen zu reißen.
    Dunholms ehemaliger Vertrauter nutzte den Moment der zweifachen Konfusion, um seinen leer geschossenen Revolver von sich zu werfen und das mit zwei Sicherungsfäden bereits an seinen linken Handrücken gebundene Schwefelholz zu ergreifen. Blitzschnell riss er es an der gemauerten Tunnelwand an und entzündete die Lunte des Sprengstoffs.
    Im gleichen Augenblick traf ihn der magische Angriff Hyde-Whites mitten in die Brust. Randolph fühlte sich wie von einer Motorkutsche angefahren. Die brennenden Dynamitstangen fallen lassend, wurde er nach hinten geschleudert, die Treppe hinunter. Mit einem dumpfen Schlag landete er auf den harten Stufen, überschlug sich und rollte ächzend und fluchend noch einige Schritte weiter abwärts. Die Schiebermütze wurde ihm vom Kopf gerissen, und die Schöße seines langen Kutschermantels wirbelten durch die Luft.
    Doch obschon es zweifellos nicht in Hyde-Whites Absicht gelegen hatte, rettete dieser Randolph durch seinen ungestümen Angriff vermutlich das Leben. Denn einen Herzschlag später explodierte die Bündelladung des Kutschers, und diesmal kamen die in dem Aufgang Anwesenden nicht so glimpflich davon. Mit einem schier ohrenbetäubenden Knall zerfetzte das Dynamit den oberen Bereich der Treppe und schleuderte Staub, Mörtel, Erde und Steinbrocken durch die Luft. Dem Poltern und Donnern nach zu urteilen, stürzte gleich darauf in einem Teil des Ganges die Decke ein, genau wie Randolph es geplant hatte. Kalte, regengeschwängerte Luft aus der Londoner Oberwelt wehte herein, und am Himmel donnerte es, wie ein Echo der Explosion am Boden.
    Allerdings war der Kutscher nicht mehr imstande, den auf diese Weise hinauf zur Basinghall Street geöffneten Fluchtweg zu nutzen. Er fühlte sich wie innerlich zerschmettert und war bei seinem Sturz so heftig mit der Stirn auf die

Weitere Kostenlose Bücher