Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
Beruf, Magier zu finden«, erwiderte der Franzose schlicht. »Abgesehen davon ist nicht jeder Ihrer Anhänger so kundig darin, seine Fadenaura zu tarnen, wie Sie es sind.«
»Und meine Wachen?«
»Leben alle noch, keine Sorge. Ich habe sie umgangen, statt sie auszuschalten. Ich dachte mir, dass das in Ihrem Sinne wäre. Ihre Gefolgschaft ist klein genug.«
»Sehr zuvorkommend.« Im Grunde waren das reichlich impertinente Worte einem Lordmagier gegenüber, aber Wellington nahm sie mit einer gewissen Belustigung hin. Der Franzose war ein unabhängiger Geist, misstrauisch allen Ordensstrukturen und Hierarchien gegenüber. Er vertraute am liebsten nur auf seine eigenen Fähigkeiten, und wenn er andere an seiner Seite zuließ, dann nur als Erfüllungsgehilfen, die eine Beute mürbe machten, bevor er sie zur Strecke brachte. Aber die persönlichen Vorlieben und Abneigungen des Söldners kümmerten Wellington eigentlich nicht. Es zählte nur, dass der Franzose ihm übertragene Aufgaben immer erfüllte, auch wenn dieser Nimbus mit der Schlappe beim Abfangen der McKellens ein wenig gelitten hatte. »Ich nehme an, Sie sind hier, um sich Ihren Lohn abzuholen«, fuhr der Lordmagier fort.
»Nur den, der mir zusteht«, sagte der Franzose.
»Der Ihnen zusteht?«, wiederholte Wellington interessiert.
»Dunholm und Crowley«, erklärte sein Gegenüber.
»Ich verstehe.« Der Lordmagier lächelte in sich hinein. Offenkundig war auch der Attentäter mit seinen jüngsten Leistungen nicht ganz zufrieden. Möglicherweise ließ sich das ausnützen. Er sandte einen mentalen Befehl an Carlyle, sich zu ihnen zu gesellen. »Ich werde Ihre Bezahlung veranlassen. Mister Carlyle wird sich darum kümmern. Dort kommt er schon.«
»Sie haben gerufen, Lordmagier?«, fragte der Leiter für äußere Angelegenheiten, während er sich über den Pier näherte und die schmale Steintreppe zum Kai hinaufstieg.
»Ja, bitte sorgen Sie dafür, dass unser gemeinsamer Mitarbeiter seinen Sold für den Anschlag auf den Ersten Lordmagier und Mister Crowley erhält«, sagte Wellington.
»Mit Verlaub, Lordmagier, für den Mord an Mister Crowley wurde noch keine Summe vereinbart«, wandte Carlyle ein. »Der Auftrag wurde von Miss McGowan eher … spontan … vergeben.«
Wellington wandte sich an den Franzosen. »Was schulden wir Ihnen?«
Der Franzose nannte eine Summe, die hoch, aber noch nicht unverschämt war.
»Händigen Sie sie ihm aus«, befahl Wellington Carlyle. »Und einen Bonus von fünfundzwanzig Prozent – als Vorschuss, denn ich habe eine neue Aufgabe für Sie«, fuhr er an den Attentäter gewandt fort.
»Lassen Sie hören«, sagte dieser nur.
»Eine Frage vorab: Haben Sie oder einer Ihrer Begleiter, als Sie Dunholm töteten, irgendetwas von ihm an sich genommen? Einen Ring vielleicht?«
Der Franzose schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Dieb, es sei denn, ich werde dafür bezahlt, etwas zu stehlen. Außerdem wäre dazu auch gar keine Zeit geblieben. Nach dem Angriff auf Dunholm wurden wir von einem Schwarm geflügelter Untiere verjagt. Und als wir etwas später noch einmal zum Fleischmarkt zurückkehrten, hatte der Orden Wellington bereits abgeholt.«
»Ich habe es mir beinahe gedacht«, bekannte Wellington.
»Von welchem Ring sprechen Sie?«, wollte Carlyle wissen.
Der neue Erste Lordmagier blickte seinen Untergebenen eine Sekunde lang verwirrt an, bevor er sich daran erinnerte, dass bislang ausschließlich Hyde-White mit der Suche nach dem fatalen Schmuckstück betraut gewesen war. »Dunholm trug einen Siegelring am linken Ringfinger«, erklärte er. »Dieser Ring ist bei seinem Ableben verschwunden. Aber er muss wiedergefunden werden. In den falschen Händen kann er unserer Sache großen Schaden zufügen.«
Der Leiter für äußere Angelegenheiten runzelte die Stirn. »Das erinnert mich an etwas … Kurz bevor Sie vorgestern mit Mister Hyde-White und den Quellwächtern in der Großen Ratskammer erschienen, waren Mister Holmes, Mister Cutler, die junge Miss McKellen und ein Bursche namens Kentham, wenn ich mich nicht irre, aufgetaucht, in der Absicht, den Rat von unserem Tun in Kenntnis zu setzen. Dabei sagte dieser Kentham, er habe Dunholm in einer Gasse vorgefunden und sei wahrscheinlich der Letzte gewesen, der ihn noch lebend angetroffen habe.«
»Lebend?«, fragte Wellington scharf, und sein Blick glitt zu dem Franzosen.
»Er muss kurz vor dem Tod gewesen sein«, verteidigte dieser sich. »Er hatte mehrere schwere Wunden
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