Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
Schätze, unsere Forschungen werden von irgendwelchen Dilettanten begrapscht und fortgebracht, um in einer Asservatenkammer zu verstauben oder auf dem Trödelmarkt verkauft zu werden.«
»Herr Professor, beruhigen Sie sich«, versuchte Cutler den Mann zu beschwichtigen.
»Nein, Mister Cutler, ich will mich nicht beruhigen. Ich war nun schon seit Stunden ruhig, und jetzt muss alles heraus. Weiß eigentlich einer von Ihnen, wie nah dran ich war, meine Experimente einen bahnbrechenden Schritt voranzutreiben? Und nun? Alles in Asche! Alles vorbei. Ich kann ganz von vorne beginnen – wenn ich die Unterlagen, die ich für meine Forschung benötige, jemals wieder zusammenbekomme.«
Jonathan wollte bereits nachfragen, wovon hier eigentlich die Rede war, doch dann erinnerte er sich – oder entnahm Drummonds Erinnerungen –, dass Professor Filby, neben dem wortkargen Cornwaller Boyd der letzte in ihrem gegenwärtigen Bunde, seit vier Jahren damit beschäftigt war, Theorien zu magisch gestützten Zeitreisen zu entwickeln. Drummond selbst hatte diese ganzen Bemühungen als ausgesprochenen Unsinn abgetan, aber da Filby niemandem Schaden zufügte, hatte er ihn in seinem Labor gewähren lassen.
»Wenn ich mir das nur vorstelle!«, regte sich der Professor unterdessen weiter auf. »Grobschlächtige Constables, die sich durch die Unterlagen in meinem Labor wühlen, auf der Suche nach irgendeinem Hinweis auf die Natur dieser unterirdischen Räumlichkeiten, die sie dank Mister Browns blindem Wüten entdeckt haben! Sie werden alles durcheinanderbringen. Sie werden meine filigranen Versuchsanordnungen zerstören. Fast ein halbes Jahrzehnt der Arbeit umsonst.«
»Filby, seien Sie schon still!«, unterbrach Boyd ihn schließlich. »Was vergangen ist, zählt nicht. Was nun kommt, ist das einzig Interessante.« Er stand auf, um sich wieder Sedgewicks Leiche zu widmen, die unter einem Laken in einer Ecke des Raums lag. Vor ihrem gemeinsamen Essen hatte er damit begonnen, sie in einen Fadenkokon einzuspinnen, damit sie nicht zu stinken anfing, bevor es ihnen gelang, den glücklosen Magispector irgendwo zu bestatten. Diese Arbeit setzte er nun fort.
»Ich stimme Mister Boyd zu«, sagte Jonathan. »Möglicherweise hat Randolph unbedacht gehandelt. Aber man muss einräumen, dass er uns auf diese Weise freibekommen hat. Ohne seine Hilfe – und die von Grigori und Watson – säßen wir noch immer eingesperrt im Keller der Guildhall und wären Wellingtons Launen ausgeliefert. Jetzt können wir wenigstens handeln! Und handeln sollten wir, verflucht noch mal!« Schwungvoll schlug er mit der Faust auf den Tisch. Im nächsten Moment hielt er verlegen inne, als er bemerkte, dass ihn alle anstarrten. »Entschuldigen Sie«, murmelte er deutlich leiser. »Das ist mir so herausgerutscht.«
Auf Reynolds Miene breitete sich ein Grinsen aus. »Nein, Mister Kentham. Entschuldigen Sie sich nicht. Sie haben ganz recht. Drummond würde genau das Gleiche sagen. Jammern ist etwas für Waschweiber – wozu ich keine der anwesenden Damen zähle«, fügte er mit einem raschen Blick auf Kendra, Blackwood und Morland hinzu.
Drummond würde genau das Gleiche sagen … Unwillkürlich lief Jonathan ein Schauer über den Rücken. Der Ausbruch eben gerade mochte ein Zufall gewesen sein – oder aber das Bewusstsein des Schotten war doch nicht ganz so frei von Nebenwirkungen mit dem seinen verschmolzen, wie er es zunächst gehofft hatte. Ein leichtes Stechen setzte hinter seiner Stirn ein.
»Also, was sollen wir machen?«, stellte Cutler die naheliegende Frage.
»Ich schlage vor, dass wir zuerst auf Holmes, Randolph und Grigori warten«, sagte Jonathan, während er sich die Schläfen rieb. »Sie sollten doch bald hier eintreffen. Holmes wird wissen, was zu tun ist.«
Holmes wird nicht kommen , meldete sich eine sanfte Frauenstimme in seinem Geist.
»Watson?!«, rief er aus, als die grau schimmernde Geisterkatze durch die zur Straße weisende Steinwand gesprungen kam. Sie landete auf dem Tisch, schritt zwischen den Eintopftellern hindurch und setzte sich direkt vor Jonathan hin. Was soll das heißen: Holmes wird nicht kommen?
»He, was ist das denn für ein Tier?«, fragte Filby und blickte verdutzt von der Hauswand zu Watson und zurück.
Randolph, Grigori und er wurden von Wellington geschnappt.
»Was?!«, entfuhr es Jonathan entsetzt und so laut, dass Filby neben ihm zusammenzuckte und Jonathan erschrocken anstarrte.
»Ich bitte um Verzeihung, ich wollte
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