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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Quellwächtern Artefakte und Proviant. Nach dem Verlust der Unteren Guildhall hatte Lordmagier Wellington alles gerettete Hab und Gut hierher bringen lassen, was darauf schließen ließ, dass er das Hauptquartier des Ordens einstweilen an einen Ort außerhalb von London verlegen würde.
    Crandon hielt das persönlich für eine dumme Idee. Zum einen gehörte das Hauptquartier des Ordens des Silbernen Kreises nach London, in die Hauptstadt des Britischen Empires. Natürlich hatte der Kampf um die Guildhall einiges an Aufsehen erregt, und zweifellos schlich in genau diesem Augenblick mehr als nur ein Schnüffler durch London, um herauszufinden, was es mit den leer stehenden Hallen und Korridoren auf sich hatte, die durch eine Serie von Explosionen unbekannten Ursprungs zutage gefördert worden waren. Aber die Metropole an der Themse war groß genug, dass sich ein anderer geeigneter Ort hätte finden lassen. Außerdem warf der Umstand, dass an die vierzig Männer und Frauen, die neben ihrem geheimen Leben als Ordensangehörige ein gewöhnliches Dasein mit Familie und einem Brotberuf führten, von einem Tag zum nächsten verschwanden, sicher eine Unmenge unangenehmer Fragen auf – Fragen, die den Orden einem viel größeren Risiko aussetzten, als wenn sie sich unmittelbar unter der Nase möglicher Verfolger von der Polizei und Presse versteckten.
    Aber vielleicht geht die Reise auch gar nicht zu einem neuen Versteck, sondern zur Wahren Quelle , dachte der Magispector. In der Großen Ratskammer hatte Wellington letzte Nacht gesagt, er würde in Kürze dorthin zurückkehren. Vielleicht war dieser Moment nun gekommen. Der hier betriebene Aufwand sprach für eine längere Reise als nur bis zum nächstbesten Höhlenversteck an der Küste. Diese Aussicht versetzte Crandon in Aufregung und weckte zugleich gelinde Furcht in ihm. Denn sosehr er sich danach sehnte, Magie aus der Wahren Quelle zu schöpfen und als Teil einer neuen Generation von Magiern die Macht zu erlangen, die es ihm ermöglichen würde, sich aus seiner grauen Alltagsexistenz als Schalterangestellter in einem Postamt unweit des Picadilly zu befreien, sosehr ängstigte ihn dieser Schritt auch. Und diese Angst war in seinen Augen alles andere als unbegründet, wenn man sah, was die Magie der Wahren Quelle aus Hyde-White oder der unglücklichen Besatzung der Nautilus gemacht hatte.
    Der Magispector erreichte das Ende des Ganges und trat durch eine kreisförmige Ansammlung von Fleischlappen in der Wand, die sich, als er näher kam, irisförmig öffneten und den Blick auf den ehemaligen Salon der Nautilus freigaben. Die Möbel, die in dem Salon gestanden hatten, waren alle noch da. Doch wie überall sonst an Bord des magisch erwachten Tauchboots hatten auch hier totes und lebendes Material zusammengefunden und eine Symbiose gebildet, die in einem gläubigen Menschen die bange Frage wecken mochte, ob solcherlei Schöpfung – und damit das Wirken der Magie an sich – wirklich gottgewollt sein konnte. Crandon war nicht ausgesprochen fromm, daher regte sich in seinem Herzen vor allem ästhetische Abscheu, als er die mit dem Boden und den Wänden verwachsenen Stühle und Bücherregale, die tentakelartig hervorragenden Kerzenhalter und die riesige, an ein bizarr geformtes Herz erinnernde, blutrote Couchgarnitur betrachtete. In was für einem Bett werde ich heute Nacht wohl schlafen? , fragte er sich unwillkürlich.
    »Mister Crandon, gut, dass Sie da sind. Damit wären wir vollzählig«, begrüßte John Grayson Carlyle ihn.
    Crandon sah sich um und erblickte Gruffydd ap Llywelyn und Llew Llawgoch, zwei kernige Waliser, die – so munkelte man grinsend unter den Magispectoren des Ordens – beide ein Auge auf die junge und pikanterweise dreiäugige Mary Hollingworth geworfen hatten. Überraschender hingegen war für ihn die Anwesenheit des vierten Mannes. »Whitby! Was treiben Sie denn hier? Ich dachte, Sie lägen mit verletzten Beinen im Bett?«, rief er.
    »War auch so«, gab der kräftige Mann zu. »Hässliche Sache, das sage ich Ihnen. Aber auf einmal tauchte Lordmagier Wellington auf und meinte, der Franzose bedürfe meiner Dienste, und daher würde er mir nun helfen. Und dann hat er einfach seine Hände auf meine Beine gelegt und die Augen geschlossen. Ich weiß nicht, was er gemacht hat, aber es hat geschmerzt, als wolle er mir die Beine bei wachem Geist amputieren. Teufel noch mal!« Er verzog das Gesicht und rieb sich in Erinnerung an den Moment über den linken

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