Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
erlitten.«
»Allerdings könnte er diesem Kentham noch seinen Ring gegeben haben.«
Der Attentäter schwieg kurz. »Das ist nicht auszuschließen«, gab er dann zu.
»Aber warum sollte er das getan haben?«, fragte Carlyle verwundert. »Er kannte Kentham doch gar nicht. Und Kentham ist ein Niemand. Er gab selbst zu, erst vor Kurzem zur Magie gefunden zu haben.«
»Womit er wahrscheinlich sogar noch übertrieben hat«, murmelte Wellington. »Ich möchte wetten, dass es diese Nacht war, in der er Dunholms Ring bekam, die sein Leben veränderte.« Er räusperte sich. »Nun, meine Herren, wir werden wohl nie mehr erfahren, was den guten Dunholm bewogen hat, das Kleinod an diesen Mann weiterzugeben. Vielleicht sah er etwas in dem Burschen, das Ihnen entgangen ist, Mister Carlyle. Vielleicht war er auch einfach nur verzweifelt. Doch das spielt nun alles keine Rolle mehr. Für mich zählt allein, dass Dunholms Ring in unsere Hände wandert, und wenn dieser Kentham ihn hat – und in Ermangelung einer besseren Fährte, gehen wir jetzt einmal davon aus –, dann müssen wir eben Kentham aufspüren. Er wird sich höchstwahrscheinlich in der Gesellschaft der anderen geflohenen Ordensmitglieder befinden, was uns in die erfreuliche Lage versetzt, zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. Finden wir Kentham, finden wir auch die geflohenen Widerständler.«
»Wie genau lautet also mein Auftrag?«, mischte sich der Franzose wieder ein.
»Beschaffen Sie Dunholms Ring. Das ist das Wichtigste. Wenn Ihnen bei dieser Aufgabe irgendwelche Magier in die Quere kommen, töten Sie sie!«
»Was soll ich mit ihnen machen, wenn sie mir nicht in die Quere kommen, sondern den Ring kampflos herausrücken oder ihn gar nicht haben?«
»Töten Sie sie trotzdem. Ich kann keine Widerstandsnester hier in London brauchen. Lieber wäre es mir natürlich, sie gefangen nehmen zu lassen, um mich ihrer später noch bedienen zu können. Aber die Erfahrung der letzten zwei Tage hat gezeigt, dass es beinahe unmöglich ist, größere Gruppen von Magiern über längere Zeit festzuhalten. Irgendwie finden sie immer einen Weg, sich zu befreien. Also schalten Sie sie lieber aus.« Ihm kam ein Gedanke, und er hob einen Zeigefinger. »Mit einer Ausnahme: die junge Miss McKellen. Wenn Sie ihrer habhaft werden können, bringen Sie sie mir lebend. Es wird nicht Ihr Schaden sein.«
»Verstanden«, sagte der Söldner mit einem Nicken.
»Sehr schön. Mister Carlyle und ein paar seiner Männer werden Sie dabei unterstützten.«
Wellington hörte, wie der Leiter für äußere Angelegenheiten scharf einatmete. »Lordmagier, ist das wirklich nötig? Ich hatte gehofft, dass ich Sie diesmal zur Wahren Quelle begleiten darf.«
»Alles zu seiner Zeit, Mister Carlyle. Alles zu seiner Zeit. Gegenwärtig werden Sie in London dringender benötigt. Drei Dutzend Mitglieder des Silbernen Kreises verstecken sich irgendwo in der Stadt. Noch vor ein paar Stunden haben Sie mir versprochen, sie wiederzufinden. Und da es ohnehin Ihre Leute sind, die just in diesem Augenblick durch die Straßen von London streifen, sollten Sie als Mann, bei dem alle Fäden zusammenlaufen, bei ihnen bleiben.«
»Mit Verlaub, Lord Wellington, ich arbeite lieber allein«, meldete sich nun auch der Franzose zu Wort.
»Zweifellos«, erwiderte dieser, der den Protest erwartet hatte. »Aber nicht in meiner Stadt. Sie werden feststellen, dass Mister Carlyle und seine Leute Ihnen die Dinge erleichtern werden. Zehn Augenpaare sehen mehr als eins.«
Dass es in Wahrheit auch immer darum ging, den Attentäter und sein Treiben im Auge zu behalten, musste er nicht laut aussprechen. Sie wussten beide, dass es so war.
»Drei Bedingungen«, sagte der Franzose einlenkend. »Erstens: Fünf statt zehn. Zu viele Jäger verscheuchen die Beute.«
Wellington neigte zustimmend den Kopf. »Mister Carlyle, wählen Sie vier vertrauensvolle Männer aus, die Ihnen beiden zur Hand gehen sollen.« Damit waren sie genaugenommen zu sechst, aber der Franzose sagte nichts mehr dazu.
»Zweitens: Ich entscheide, wann wir zuschlagen. Ungeduld und Übereifer sind keine gute Eigenschaften für einen Mann, der auf die Jagd geht.«
»Wollen Sie damit irgendetwas andeuten, mein Herr?«, fragte Carlyle steif.
»Nicht das Geringste. Ich will nur verhindern, dass einer Ihrer Leute schreiend losstürmt, bevor wir uns unserer Ziele sicher sind«, gab der Franzose zurück.
»Mister Carlyle wird die strategische Leitung Ihres
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