Magierdämmerung 03 - In den Abgrund
der Magie berührt wurden, den Umgang mit ihrer neuen Gabe beizubringen. Allerdings müssen wir uns erst um Lordmagier Wellington kümmern.«
»Den bösen Magier«, erinnerte sich Feodora. Es gab sie also wirklich, und nicht nur in irgendwelchen Gute-Nacht-Geschichten. Wenn sie genauer darüber nachdachte, behagte ihr die Vorstellung überhaupt nicht.
»Richtig«, bestätigte Cutler. »Er droht, ein furchtbares magisches Chaos über die Welt zu bringen, glaubt dabei aber, im Dienste und Sinne der britischen Krone zu wirken. Wir müssen ihn vom Gegenteil überzeugen, sonst sind die Folgen nicht abzusehen.«
Feodora biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. »Sie sagten, Sie wollten mit Großtante Louise sprechen?«
Ihr Sitznachbar nickte ernst. »Da Ihre Majestät auf dem Kontinent unterwegs ist, müssen wir uns wohl mit einer ihrer Töchter zufrieden geben. Wir waren der Ansicht, dass die Duchess of Argyll die Verständigste unter den gegenwärtig in London weilenden Kindern Victorias ist.«
»Wo versteckt sich dieser Lordmagier Wellington?«
»Auf einer kleinen Insel irgendwo im Atlantik«, sagte Peabody.
Gegen ihren Willen entfuhr Feodora ein ungläubiges Auflachen. »Und Sie glauben wirklich, Großtante Louise wird mitten in den Vorbereitungen zum diamantenen Kronjubiläum der Königin alles beiseitelegen, um sich Ihnen auf eine Reise mitten auf den Atlantik anzuschließen? Meine Herren, so naiv können Sie doch nicht sein!«
Filby blickte sie finster an. Der Professor schien ein äußerst humorloser Mensch zu sein.
»Wir hofften auf ein Schreiben, in dem die Duchess zum Ausdruck bringt, dass das Königshaus Wellingtons Taten nicht mit Wohlwollen verfolgt«, erläuterte Cutler.
Bei diesen Worten kam Feodora ein verwegener Gedanke. »Warum überbringen Sie ihm in dem Fall nicht gleich ein Schreiben der Königin?«
»Nun, weil wir doch alle wissen, dass sich Queen Victoria nicht in London aufhält.«
»Ich sagte auch nicht, dass die Königin es verfasst hat«, erklärte Feodora. »Was glauben Sie denn? Dass meine Urgroßmutter all ihre Korrespondenz persönlich verfasst? Wofür hat sie ihre Schreiber? Sie lässt solche Briefe aufsetzen und segnet sie dann nur noch durch ihre Unterschrift und das königliche Siegel ab.«
»Genau an dieser Unterschrift und dem Siegel scheitert es allerdings«, meinte Cutler.
»Nicht unbedingt«, verbesserte Feodora ihn. »Einer der Siegelstempel der Königin liegt in ihrem Sekretär in ihren Privatgemächern. Ich habe ihn dort mal gesehen. Es sollte mir leicht fallen, ihn … auszuleihen. Und die Unterschrift fälschen wir einfach. Wissen Sie, wie viele Briefe die Königin meiner Großmutter in Deutschland geschickt hat? Ich habe sie alle heimlich gelesen. Ich kenne ihre Unterschrift in und auswendig. Geben Sie mir nur einen Bogen Briefpapier!« Sie blickte die Männer triumphierend an.
»Den Siegelstempel stehlen und die Unterschrift fälschen … Auf solch einen Gedanken wäre ich niemals gekommen«, murmelte Cutler.
»Nun ja, diese Vorgehensweise grenzt ja auch – juristisch gesehen – an Landesverrat«, merkte Peabody an. Er zuckte mit den Achseln. »Andererseits heiligt in diesem Fall wohl der Zweck die Mittel, würde ich sagen. Also wenn die Prinzessin uns helfen will … «
»Ich werde Ihnen sogar noch auf andere Art einen Dienst erweisen«, erklärte Feodora, die soeben eine weitere Eingebung gehabt hatte. Irgendwie war das Leben auf einmal so einfach, nun, da sie wusste, was mit ihr los war, und sie sich in Begleitung von Menschen befand, die ihr Schicksal teilten.
»Was für einen Dienst?«, wollte Cutler wissen.
»Wie beabsichtigten Sie, zu dieser Insel im Atlantik zu kommen?«
Der grauhaarige Mann zuckte mit den Schultern. »Mit einem Schiff, das wir am Hafen anmieten.«
»Ich habe einen viel besseren Vorschlag«, sagte Feodora. »Derzeit wohnt im Savoy Hotel direkt um die Ecke ein Mann namens Parsons. Meine Theaterbegleitung Captain Thomas Connery erzählte mir von ihm. Er ist ein Ingenieur, der am heutigen Tag bei der Admiralität der Royal Navy zu Besuch war, um ihr seine neue Erfindung vorzustellen: ein Turbinenboot namens Turbinia , das schnellste Schiff, das es je gegeben hat. Wenn die Zeit so drängt, wie Sie sagen, wäre es dann nicht vortrefflich, Mister Parsons für unsere Sache zu gewinnen?«
»Unsere Sache?« Cutler hob die Augenbrauen.
»Wenn ich Ihnen helfe, diesen Brief zu fälschen, stecke ich schließlich auch bis über beide
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