Magierdämmerung 03 - In den Abgrund
müssen unbedingt die Duchess sprechen, weil ein anderer, ein böser Magier namens Wellington einen Plan ausheckt, um die Erde ins Chaos zu stürzen. Wir hoffen, dass ihn ein Machtwort von Seiten der Krone davon abbringt.« Der Anwalt lehnte sich zurück und nickte zufrieden. »So, jetzt wissen Sie alles, was Sie wissen wollten.«
Cutler ließ sich gegen das lederne Sitzpolster sinken und schloss kopfschüttelnd die Augen.
Sie sind magisch begabt, genau wie wir alle hier, nur wissen Sie es noch nicht. Feodora fühlte sich, als habe sie der Blitz getroffen. In ihrem ganzen Körper kribbelte es, und sie vermochte nicht zu sagen, ob sie im nächsten Augenblick hysterisch lachen, in Tränen ausbrechen oder ohnmächtig werden würde.
Tatsächlich geschah nichts dergleichen. Stattdessen starrte sie den Mann namens Peabody – einen rundlichen, harmlos wirkenden älteren Herrn, wie man ihn bei Hofgesellschaften häufig antraf – nur wortlos an. Hatte er soeben wirklich gesagt, dass sie eine Zauberin sei? Eine Hexe, wie in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, die ihre Amme ihr als Kind vorgelesen hatte?
Nein, sicher keine Hexe wie bei den Grimms , dachte sie mit einem unerwarteten Anflug von Sarkasmus. Ich sehe viel besser aus! Doch hieß das wirklich, dass sie Magie beherrschte? Dass sie zaubern konnte? Aber wenn ja, wie? Hatten ihre Anfälle und die gelegentlich eigentümlichen Geschehnisse, die diese begleiteten, damit zu tun?
»Da haben Sie etwas angerichtet, Peabody«, knurrte dessen Sitznachbar, Professor Filby. »Sie scheint unter Schock zu stehen, oder nicht?« Er beugte sich etwas nach vorne und schickte sich an, ihr mit der Hand an die Stirn zu fassen.
Feodora zuckte zusammen und erwachte aus ihrer Starre. »Nein … ich … « Sie schob die Hand des Professors beiseite. »Ich stehe nicht unter Schock. Ich bin nur … « Sie blinzelte zweimal und schüttelte den Kopf, um sich von dem Durcheinander, das in ihrem Inneren herrschte, zu befreien. Ihr kam ein unerfreulicher Gedanke. »Sie erlauben sich doch keinen üblen Scherz mit mir, Gentlemen … «
Der Wortführer der drei Männer, Cutler, seufzte. »Nein, Hoheit. Mister Peabody hat die Dinge zwar sehr verkürzt und dadurch ein wenig verwirrend ausgedrückt – weswegen mir ein längeres Gespräch an einem besser geeigneten Ort lieber gewesen wäre – , aber alles, was er gesagt hat, entspricht der Wahrheit. Die Umstände, die Sie beschrieben haben, deuten darauf hin, dass Sie eine magische Begabung in sich tragen. Das Schimmern Ihres Körpers in der Wahrsicht, wie wir es nennen, war dann der Beweis. Sie wurden, ohne Ihr Wissen, als Kind von der Magie berührt. Warum die Magie jedoch in derart schmerzhaften Anfällen über Sie kommt, vermag ich nicht zu sagen. Da müssten Sie bei unserem Doktor Westinghouse vorstellig werden.«
»Magie … «, murmelte Feodora. »Es klingt unglaublich. Hätte ich nicht mit eigenen Augen gesehen, dass uns dieses Leuchten gemein ist, würde ich Sie einen Lügner nennen. Aber so … « Sie starrte kurz ins Leere, während wilde Fantastereien durch ihren Geist spukten, was sie mit solch einer Kraft alles anstellen könnte. »Zeigen Sie mir etwas«, forderte sie die Männer auf. »Wenn Sie wirklich Zauberer sind, beweisen Sie es mir.«
»Wir ziehen die Bezeichnung Magier vor«, informierte sie Filby. »Schließlich sind wir keine Budenzauberer auf dem Jahrmarkt mit spitzen Hüten und langen, weißen Bärten. Außerdem führen wir auch nicht auf Zuruf Kunststückchen vor.«
»Professor … «, sagte Cutler mit mildem Tadel. »Sie hat es sicher nicht so gemeint.« Er blickte Feodora einen Moment lang an und vollführte dann mit der rechten Hand eine rasche, kompliziert aussehende Geste. Unvermittelt wurde ihr der Hut vom Kopf gehoben und schwebte in die Hand des Mannes.
Feodora entfuhr ein Laut der Verwunderung. »Wie haben Sie das gemacht?«, wollte sie wissen.
»Eine der einfacheren Übungen in Sachen Fadenmanipulation«, antwortete Cutler und reichte ihr den Hut zurück.
Andächtig nahm Feodora die Kopfbedeckung entgegen. »Wahrsicht … Fadenmanipulation … Erzählen Sie mir mehr davon.«
»Das werde ich gerne, aber ich finde, Sie sollten jetzt zu Ihrem Begleiter ins Theater zurückkehren, Hoheit. Er wird Sie sicher schon vermissen. Keine Sorge, wir werden uns wiedersehen, und Sie werden so viel über die Magie lernen können, wie Sie möchten, denn es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, allen, die von
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