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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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treffsicher darin, das in Worte zu fassen, was sich in den letzten Tagen zwischen Lionida und Holmes abgespielt hatte. Andererseits ärgerte es die Magieragentin, dass Watson sie als die Alleinschuldige an dem Geschehenen hinstellte. Jupiter hat genauso seine Geheimnisse vor mir wie ich vor ihm. Und auch wenn er es nicht glauben mag: Er ist mir nicht völlig gleichgültig. Wäre er es, hätte ich nicht versucht, ihn vor Scarcatore zu beschützen, sondern würde ihn dem Inquisitor einfach überlassen, der nur auf einen Grund wartet, sich deiner beiden Gefährten anzunehmen.
    Wage es nicht, sonst … Watsons Schwanz peitschte unruhig über den Metallboden, und sie duckte sich etwas, wie ein Raubtier kurz vor dem Sprung.
    Lionida kniff leicht die Augen zusammen. Pass auf, wem du drohst. Ich würde dir nicht raten, mich anzugreifen.
    Und ich würde dir nicht raten, mich zu unterschätzen. Wollte ich dir wirklich wehtun, hätte ich es getan, als du noch schlafend im Bett lagst. Glaube mir, ich kann sehr schnell zuschlagen.
    Die Magieragentin starrte die Geisterkatze einen Augenblick lang grimmig an. Dann schlich sich unvermittelt ein Lächeln auf ihr Gesicht. »Wir haben einiges gemeinsam, weißt du das, meine liebe Watson? Wir könnten die besten Freundinnen sein, wenn wir diese Zeit des gegenseitigen Anfauchens unbeschadet überstehen.« Sie entspannte sich etwas. Also, was willst du von mir? Erwartest du eine Entschuldigung? Ich weiß nicht, ob ich dazu gegenwärtig imstande bin. Zum einen habe auch ich meinen Stolz, und Jupiter hätte sich dort oben auf dem Kraterrand beinahe vergessen. Zum anderen wackelt mein Stuhl, seit ich Scarcatore nun schon zweimal verärgert habe. Ich kann und will mich nicht offen mit ihm anlegen – nicht hier und jetzt, so kurz vor unserem Eintreffen bei der Quelle. Deshalb werde ich mich von euch Engländern fernhalten, bis sich die Lage etwas beruhigt hat.
    Das verstehe ich , ließ Watson sie wissen. Aber um solche offenen Zeichen der Reue geht es mir auch nicht.
    Worum dann?
    Ich wollte nur, dass du weißt, was Holmes fühlt, und dass du über deine Gefühle für ihn nachdenkst. Denn bevor das alles hier vorüber ist, mag es sein, dass du dich für oder gegen ihn entscheiden musst. Wenn es so weit ist, solltest du wissen, wo du stehst. Die Geisterkatze erhob sich, wandte sich ab und trottete davon. Kurz bevor sie den Raum verließ, drehte sie noch einmal den Kopf. Und Lionida: Ich bin niemand, der gerne teilt. Aber ich würde Holmes mit dir teilen – wenn du es ernst meinst. Mit diesen Worten verschwand sie durch die Wand.
    Lionida hockte noch immer am Boden ihrer Kabine auf dem kühlen Metall, als es irgendwann in der Bordsprechanlage der Gladius Dei knackte und die Stimme von Steins verkündete, dass das Luftschiff nun bereit sei, Corvo zu verlassen und die letzte Etappe zur Wahren Quelle der Magie anzutreten.
    28. April 1897, 12:09 Uhr GMT (10:09 Uhr Ortszeit)
    Atlantik, etwa 1600 Seemeilen südwestlich von England
    Behutsam klopfte Jonathan an den Türrahmen der offen stehenden Kapitänskabine. Er wollte den über seinem Schreibtisch zusammengesunkenen Holländer nicht wecken, falls dieser schlief. Aber er musste mit ihm sprechen, bevor sie die Wahre Quelle erreichten. Seit dem Beginn ihrer Reise vor drei Tagen hatten sie kein richtiges Gespräch mehr geführt, und Jonathan hatte das Gefühl, dass er die Kluft, die sich zwischen ihnen geöffnet hatte, nicht noch weiter aufreißen lassen durfte, wenn sie zusammen in den Kampf gegen Wellington ziehen wollten.
    Der Holländer hob den Kopf und drehte sich zur Tür um. Die dunklen Augenringe in seinem bleichen Gesicht wirkten noch schwärzer, und sein halblanges Haar hing zerzaust um sein schmales Gesicht herab. »Mister Kentham, kommen Sie herein.« Er winkte ihn müde näher. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich wollte fragen, wie es aussieht.« Er musste nicht genauer werden. Sie wussten beide, wovon er sprach.
    Nach der wortkargen Seebestattung der beiden Mannschaftsmitglieder, die Jonathan im Tode überhaupt zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte und die neben dem Holländer und Fu die einzigen Menschen an Bord gewesen waren, hatte er bis tief in die Nacht des gestrigen Tages mitgeholfen, die schlimmen Wunden im Herzen des Schiffes zu versorgen, die der Franzose in blindwütigem Wahn geschlagen hatte. Es war eine mühselige und Übelkeit erregende Aufgabe gewesen, und Jonathan hatte sich gewünscht, beim Nähen von Wunden auf die

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