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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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fachliche Expertise seines Freundes Robert zurückgreifen zu können. Doch Robert hatte ihm nicht helfen können. Sein Bewusstsein lag zusammen mit dem des Franzosen in tiefem Schlummer, betäubt von einem Zaubermittelchen aus der Apotheke von Meister Fu. Irgendwann weit nach Mitternacht war Jonathan, ebenso wie Kendra, vollkommen erschöpft in seine Kabine gewankt. Der Holländer und Meister Fu hatten unermüdlich weitergearbeitet. Den Preis schienen sie am heutigen Morgen zu zahlen.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte ihr Gastgeber. »Ich möchte glauben, dass wir alles in unserer Macht Stehende getan haben, aber es ist so wenig, dass ich an meiner Macht zu zweifeln beginne.«
    »Wird das Schiff durchkommen? Werden wir die Quelle erreichen? Wir dürfen einfach nicht scheitern – das Wohl der ganzen Menschheit hängt davon ab.«
    »Sie können sich nicht vorstellen, Mister Kentham, wie wenig mich die ganze Menschheit im Moment kümmert.« Der Holländer rieb sich die Augen und seufzte. »Entschuldigen Sie. Ich benötige zwar wirklich nicht viel Schlaf, aber irgendwie fühle ich mich gerade einfach nur müde.«
    Jonathan schüttelte den Kopf. »Nein, ich muss mich entschuldigen. Ich wollte nicht herzlos klingen. Es ist nur … « Er stockte. »Es sind schon so viele gestorben. Ihr Tod darf nicht vergebens gewesen sein.«
    Der Holländer bedachte ihn mit einem matten Lächeln und deutete auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Tisches. »Willkommen in meiner Welt. Setzen Sie sich doch, Mister Kentham. Möchten Sie etwas trinken?«
    Eigentlich war es viel zu früh am Morgen, um mit Alkohol anzufangen, aber Jonathan stellte zu seiner Überraschung fest, dass ihm diese gesellschaftliche Konvention an diesem Tag ausnehmend gleichgültig war. »Gerne.«
    Sein Gastgeber erhob sich, ging zu einem Wandschrank hinüber und holte zwei Gläser und eine Flasche mit goldbrauner Flüssigkeit hervor. »Echter Appleton-Rum aus Jamaika. Es gibt nichts Besseres, wenn man sich vor dem Frühstück etwas Kräftiges gönnen will.« Er schenkte ihnen ein und reichte Jonathan ein Glas. »Auf den Erfolg unserer Fahrt«, sagte er und hob sein Getränk. Er sagte es ohne Ironie, aber in seinen Augen schimmerte leichter Zweifel.
    »Auf das Überleben all derer, die uns am Herzen liegen«, erwiderte Jonathan.
    Während der Holländer sein Glas mit einem Schluck leerte und anschließend mit zufriedenem Schmatzen das Gesicht verzog, nippte Jonathan nur an seinem Rum. Er hatte bislang lediglich eine leichte Mahlzeit zu sich genommen, und im Gegensatz zu seinem Gastgeber beabsichtigte er nicht, sich schon so früh dem Alkohol zu ergeben; schließlich lag ein weiterer Tag magischer Unterweisungen vor ihm, auch wenn der Unterricht durch ihre Bemühungen, dem schwer verwundeten Schiff zu helfen, zwangsläufig kürzer ausfallen würde.
    Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden Männern, während der Holländer seinen Gedanken nachhing und Jonathan grübelte, wie es ihm am besten gelingen könnte, eine Brücke zwischen ihnen zu bauen. Schließlich räusperte er sich. »Darf ich Sie etwas fragen?«
    Sein Gegenüber vollführte eine vage einladende Bewegung mit der Hand. »Nur zu. Vielleicht antworte ich Ihnen ja tatsächlich. Mir scheint, ich bin heute in weitaus redseligerer Stimmung als sonst.«
    »Wie kam es zu all dem hier? Was hat es mit Ihnen und dem Schiff auf sich? Ich weiß, dass es mich nichts angeht, aber etwas wie dieses Schiff mit seinem lebendigen Herzen habe ich noch nie gesehen. Ich nehme an, es war ein magischer Unfall?«
    »Sie wollen den wahren Kern der Legende vom Fliegenden Holländer hören?«
    »Ja, das würde ich gerne.«
    Der Holländer blickte ihn abschätzend an, bevor er mit den Schultern zuckte. »Nun ja, warum nicht? Möglicherweise ist es meine letzte Gelegenheit, von dem, was geschehen ist, zu erzählen. Und irgendjemand muss die ›Legende‹ ja weitertragen.« In seinen letzten Worten lag deutliche Ironie. Er schenkte sich erneut ein Glas ein, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und nahm einen Schluck. »Es geschah im Jahr 1685 … «
    »Halt, Augenblick«, entfuhr es Jonathan. »Das ist über zweihundert Jahre her!«
    Der Holländer bedachte ihn mit einem hintergründigen Lächeln. »Die Magie ist ein wahrer Jungbrunnen, nicht wahr?«
    Jonathan musste schlucken. Irgendwie hatte er schon bei Dunholm und McKellen geahnt, dass sie älter waren, als es ihnen eine gewöhnliche menschliche Lebensspanne erlauben

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