Magiermacht (Mithgar 05)
nur langsam, aber am Ende begriffen wir die Wahrheit in seinen Worten, kehrten der Verblendung den Rücken und begannen, das Leben zu achten und zu lieben und die Einfachheit zu schätzen.
Doch obwohl wir das Leben achten, wissen wir doch, dass es andere gibt, die es vollkommen vernichten wollen. Unter anderem die Rûpt. Wir haben begriffen, dass wir das Leben vor denen schützen müssen, welche die Welt vernichten wollen, die wir ehren. Jene wollen sie zu einem Aschehaufen niederbrennen, sie suchen die Vorherrschaft und töten und metzeln zu ihrer eigenen Befriedigung. Und jene, die aus Lust töten, aus Entzücken vernichten und aus keinem anderen Grund als aus Machtgier und Vergnügen schlachten, müssen wir daran hindern.
Wenn Ihr jetzt fragt, wie sich ein Wachdienst mit den Überzeugungen der Elfen verträgt … Die Wache gehört dazu. Wir sind die Lian-Wächter, jedes einzelne Mitglied meines Volkes, Männer und Frauen gleichermaßen, und wenn das Böse droht, wie in diesen Zeiten, dann halten wir dagegen. Doch nach dem, was Ihr berichtet habt, und dem zufolge, was wir mit eigenen Augen gesehen haben, dürften die Lian allein nicht in der Lage sein, dieser gegenwärtigen Bedrohung Herr zu werden.«
Es wurde dunkel, und sie sprachen an diesem Abend nicht mehr viel. Als Tipperton und Beau in ihre Schlafsäcke krochen, flüsterte Beau: »Himmel, Tip, stell dir das vor: Wenn das Leben eines Elfen endlos ist, was bedeutet es dann, wenn einer von ihnen getötet wird? Ich meine, wenn sie die Ewigkeit vor sich haben, ganz gleich wie alt sie sind, steht ihr Leben immer am Anfang. Und wenn man dieses endlose Leben verliert, obwohl es gerade erst begonnen hat … wie schrecklich muss das sein!«
Tipperton sah seinen Freund bestürzt an und blickte dann zu Loric hinüber, der mit dem Rücken an einem Baum gelehnt dasaß. »Bei Adon, Beau«, flüsterte Tipperton. »Und trotzdem nehmen sie die Bürde der Lian-Hüterschaft an und bringen sich in Gefahr. Obwohl es für sie bedeutet, eine Ewigkeit zu verlieren, wenn sie ihr Leben verlieren.«
Loric schloss die Augen und wandte sein Gesicht vom Feuer ab.
Die Sonne war am westlichen Rand der Schlucht untergegangen, und die Schatten hatten das Tal überzogen, als Loric und seine Begleiter die reetgedeckten Häuser der Elfen vom Ardental erreichten. Die wenigen Lian, die sich nicht in den von Kerzen erleuchteten Katen aufhielten, schauten hoch und schienen entzückt, als sie die Waerlinga sahen. Denn bis auf ihre juwelenförmigen Augen ähneln Wurrlinge den Elfenkindern sehr, obwohl sie ein bisschen stämmiger gebaut sind. Beau und Tipperton ihrerseits schauten sich ebenfalls staunend um, denn hier lebte das Elfenvolk in edler und dennoch schlichter Eleganz.
Sie ritten über einen Pfad, der sich zwischen den Hütten unter den Kiefern entlangschlängelte, bis sie an ein großes, ausladendes Gebäude kamen. Loric stieg ab und band die Pferde an den Balken fest, während Tipperton und Beau absprangen. Sie stiegen zu dritt die Veranda empor und gingen an dem Türwächter vorbei in die Halle. Lebhafte Farben und Wärme, der Duft nach Essen und die melodiöse Sprache der Sylva schlugen den Bokker entgegen, als sie die Große Halle betraten. Der weite Raum glühte im gelblichen Schein der Lampen und der Feuer, die in den Herden brannten. Esstische mit Bänken und Stühlen standen vor den mit Gobelins behängten Wänden. In der Mitte saßen wunderschöne Elfen an langen Tafeln, lächelten und erfüllten den Saal mit angeregter Unterhaltung und hellem Gelächter. Loric bahnte sich einen Weg durch diese fröhliche Menge, gefolgt von Tipperton und Beau. Die drei Gefährten waren von dem langen Ritt schlammig und schmutzig, und Lorics Miene war grimmig. Viele Lian drehten sich um und sahen dem Wächter und den beiden Wurrlingen nach. Rasch verstummten die Gespräche, und die Versammelten bildeten eine Gasse, als Loric die beiden zum anderen Ende der Halle geleitete. Dort thronte der Herr der Elfen des Ardentals mit seiner Gemahlin an seiner Seite.
Sie erreichten das Podest, und Loric verbeugte sich tief. »Alor Talarin, Dara Rad.«
»Alor Loric«, antwortete Talarin, schaute die beiden Wurrlinge an und stand auf. Er war groß und schlank, hatte golden schimmerndes Haar und grüne Augen. Bekleidet war er mit einem weichen, grauen Gewand.
Aber es war Lady Rael, die Tippertons staunende Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie war ebenfalls blond und elegant, trug ein grünes Kleid und in
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