Magietochter
dreihundert
Mann sein. Krieger, mit Schwertern, Äxten und Schilden. Riesig, muskulös,
tödlich. Schwer schluckend ließ ich den Eimer und den Schwamm verschwinden und
eilte dann zurück in den Thronsaal.
Es war kein großes Geheimnis, dass Menschen und Wölfe kein gutes
Verhältnis zueinander pflegten, genauer gesagt, sich verabscheuten. Bei so
vielen Kriegern sollte ich möglichst versuchen keine große Aufmerksamkeit auf
mich zu lenken. Ich stand zwar unter Belladonnas persönlichem Schutz, was
jedoch nicht hieß, dass es keine Unfälle geben konnte.
*
Er konnte es immer noch nicht fassen, dass das seine Befehle sein
sollten. Was dachte sich sein Onkel dabei? Die Zeilen des Briefes schwirrten
ihm im Kopf herum. Er sollte die Sklavin von Belladonna entführen und sie mit
seinen Freunden lebend nach Tamaris bringen. Ausgerechnet einen Menschen!
Allein bei dem Gedanken spürte er den vertrauten Hass in sich aufsteigen.
Sofort bahnte sich seine Erinnerung von damals einen Weg an die
Oberfläche. Er versuchte sie zu verdrängen, wieder in die Tiefen seines Geistes
zu verbannen, schaffte es jedoch nicht schnell genug. Schuld. Nur ein einziges
Wort. Er zuckte innerlich zusammen, holte tief Luft und verschloss das Gefühl
schnell wieder hinter der undurchdringlichen Mauer in seinem Inneren.
Lautlos schlich er durch die dunklen Gänge des Palastes. Hier und da
hingen einzelne Fackeln an den Wänden und warfen flackernde Schatten. Sonst
rührte sich nichts.
Er schlich an den Gemächern der Krieger vorbei, hörte hinter einigen
Türen leises Kichern, lautes Stöhnen oder lustvolles Schreien. Kopfschüttelnd
und mit einem spöttischen Lächeln im Gesicht schlich er weiter und ignorierte
die Laute. So war es immer nach einem großen Fest, selbst die Wachen tranken zu
viel um noch auf ihren Wachposten zu stehen. Bisher war ihm kein einziger
Wachmann begegnet, es war schon fast eine Beleidigung ihm so einen leichten
Auftrag zu geben.
Er hatte die Treppe, die zum Turm hinaufführte, erreicht. Abermals
lauschte er doch es antwortete ihm nichts als Stille. Mit schnellen Schritten
erklomm er die Stufen. Oben angekommen, versperrte ihm eine Holztür den Weg. Er
hielt inne, lauschte und hörte tiefe Atemzüge. Sie schlief also, gut. So war es
einfacher. Leise öffnete er die Tür und trat ein.
Es war ein sehr kleiner Raum, ein Schrank, ein Hocker und ein Bett,
mehr gab es nicht. Über dem Bett pfiff der Wind kalt durch ein kleines rundes
Loch in der steinigen Wand, welches als einziges Fenster diente. Mondlicht
schien durch das Loch hindurch und hüllte das Bett in silbriges Licht. Dort lag
sie, die Knie hatte sie ganz an den Bauch gezogen. Durch die dünne Decke konnte
er erkennen, dass sie zitterte.
Als er sie ansah, veränderte sich plötzlich etwas in seinem Inneren.
Von einer Sekunde zur nächsten, war seine Wut verschwunden und er fühlte einen
tiefen Frieden in sich. Wärme und Geborgenheit füllten ihn aus, krochen von dem
Zentrum seines Körpers in seine Arme und Hände, bis in die Fingerspitzen, in
seine Beine, seine Füße, verankerten ihn fest auf dem Holzboden. Es dauerte nur
einen Herzschlag, dann war es vorbei.
Er blinzelte, schüttelte den Kopf. Was war da gerade passiert? Abermals
schaute er das Mädchen an und hielt überrascht inne. Sie schlief nicht länger,
sondern hatte sich an die gegenüberliegende Wand gedrückt. Ihr Blick zuckte zur
Seite, richtete sich dann sofort wieder auf ihn. Erschrocken, ängstlich,
panisch. Er wusste ohne hinzusehen, dass sie die Tür fixiert hatte, doch sie
würde nicht schnell genug sein. Spöttisch verzog er seinen Mund zu einem
Lächeln. Ihre Augen weiteten sich noch mehr und starrten jetzt seine Wolfszähne
an. Erst jetzt fiel ihm die ungewöhnliche Farbe ihrer Augen auf. Helles,
leuchtendes Aquamarin.
Im nächsten Moment floh sie, oder versuchte es zumindest. Sie sprang
vom Bett, erreichte die Tür mit zwei Schritten und wollte sie aufreißen. Sofort
war er hinter ihr, hielt sie fest und schob sich zwischen sie und ihre einzige
Fluchtmöglichkeit aus der kleinen Kammer. Sie trat mit aller Kraft gegen sein
Schienbein, entwand sich seinem Griff und wich zurück. Er knurrte, dann ging er
auf sie zu. Das Küchenmesser war so plötzlich in ihren Händen, dass er gerade
noch ausweichen konnte als sie auf ihn zusprang. Er wich zur Seite, packte ihr
Handgelenk und drückte zu. Mit einem Keuchen ließ sie das Messer fallen und
versuchte abermals sich ihm zu entreißen. Als
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