Magietochter
Bett brachte. Ich konnte
mir bildlich vorstellen, wie sie getobt hatte und den ganzen Palast durchsuchen
ließ, weil ihr wertvollstes Spielzeug unauffindbar war. Der Gedanke heiterte
mich ein wenig auf.
Anhand der Sonne konnte ich immerhin feststellen, dass es nach Norden
ging. Pausen hatten wir keine gemacht. Wasser oder etwas zu Essen hatte ich
nicht bekommen, während er seinen Wolf und sich selbst gut damit versorgt
hatte. Mein Mund fühlte sich staubig an und mein Magen verlangte nach etwas
Essbaren. Mein Kopf pochte immer noch, mit jedem Schritt hatte ich das Gefühl
er würde zerspringen. Die Fesseln an meinen Handgelenken hatten sich im Laufe
des Tages tief in meine Haut gefressen und waren blutig.
Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten Stunden gestürzt war.
Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen. Er hätte mich einfach
hinterhergeschleift, wäre ich nicht wieder auf die Beine gekommen. Mein
Nachtgewand, er hatte sich nicht die Mühe gemacht mir vor unserer Reise etwas
anderes anzuziehen, war an den meisten Stellen zerrissen und dreckig von Staub
und Erde. Mit jedem Schritt bohrten sich die Steinchen und Wurzeln in meine
nackten Fußsohlen. Auch an ihnen klebte Blut. Ich fragte mich, wie lange er
noch weiterlaufen würde. Ich jedenfalls würde nicht mehr lange durchhalten.
Wir hatten kein Wort mehr miteinander gewechselt. Gelegentlich hatte er
sich nach mir umgeguckt, meistens mit seiner Wasserflasche in der Hand. Ich
habe ihn ignoriert. Ich war zwar in seinen Augen nur eine Sklavin, hatte aber
trotzdem meinen Stolz. Und ich würde ihm entkommen, koste es was es wolle, es
war nur eine Frage der Zeit.
Er war ganz offensichtlich ein Krieger und doch anders als die Krieger,
die ich vor dem Palast gesehen hatte. Er trug keine silberne Rüstung sondern
war ganz in schwarzes Leder gekleidet. Auf dem Rücken trug er zwei prachtvolle
Schwerter. Sie hingen in einer schwarzen Ledervorrichtung und verliefen
gekreuzt über seinen ganzen Rücken. Um seine Hüften trug er einen Gürtel,
natürlich auch aus schwarzem Leder. In ihm steckte ein kleiner Dolch. Diesen
prägte ich mir besonders gut ein, würde ich doch mit den Schwertern nicht
richtig umgehen können, geschweige denn an eines von ihnen herankommen. Aber
vielleicht an diesen Dolch…
Im Laufe des Tages, als die Sonne am höchsten stand, hatte er seine
Tunika über den Kopf gezogen und war in einem ärmellosen Lederhemd
weitergeritten. Ausgeprägte Muskeln, von denen man unter der Tunika nur eine
vage Ahnung hatte, kamen zum Vorschein. Er war zwar muskulös aber doch nicht so
stämmig und bepackt wie die Wachen aus dem Palast, die wie Berge aussahen.
Seine bronzefarbene Haut schimmerte im Sonnenlicht und sah aus, als würde er
die meiste Zeit seines Lebens draußen verbringen. Sein schwarzes Haar war nicht
so lang, wie das der anderen Wölfe und ging ihm nicht einmal bis auf seine
breiten Schultern.
Sein Wolf war eine Wölfin. Sie trug eine dunkle Decke auf ihrem Rücken,
an der hinten auf beiden Seiten je eine Tasche eingenäht war. Dazwischen befand
sich an einem Riemen festgemacht, eine Decke und Felle, wahrscheinlich für die
Nacht. Seine Tunika hing jetzt ebenfalls dort. Die Wölfin selber war schlank.
Gar kein Vergleich zu Banja, die sich kaum von ihrem Kissen erheben konnte.
Graziös und lautlos lief sie die ganze Strecke ohne müde zu werden. Ihre
Fellfarbe war schwarz, durchzogen von einigen cremefarbenen bis grauen Stellen.
Ihre Rute war elegant gebogen und besaß die gleiche Farbe wie ihr Fell. Auf
ihrer Brust prangte ein weißer Fleck in Form eines Dreiecks, dessen Spitze nach
unten zeigt. Ihr Gesicht war schwarz, aber was mich erschreckte waren ihre
Augen. Sie hatte sich einmal kurz zu mir umgedreht und mich gemustert. Ein
hohes Quieken war aus meinem Mund gekommen als ich sah, dass sie ein braunes
und ein blaues Auge besaß, was mir natürlich wieder diesen spöttischen Blick
eingebracht hatte. Sie war eine Jägerin, graziös, schnell und genauso tödlich
wie ihr Gefährte.
Mir wurde übel. Wie sollte ich den beiden entkommen können? Zwei
gnadenlose, tödliche Bestien, die sich offensichtlich in diesen Wäldern auskannten.
Und ich, eine einfache Sklavin, die ihr ganzes Leben noch keinen Schritt vor
Terions Tore gesetzt hatte…
Stimmen rissen mich aus meinen Gedanken, dann sah ich das Licht. Feuer.
Wann war es so dunkel geworden? Erschöpft wankte ich auf eine kleine Lichtung.
Ein Lagerfeuer brannte in der Mitte. Darum herum
Weitere Kostenlose Bücher