Magische Insel
lebte. Trotz der unterschiedlichen Größe hielt sie mühelos mit mir Schritt.
»Meine Waffen? Ich habe nur einen Dolch und ein kleines Schneidemesser. Erwartest du, dass ich damit in Hamor oder Candar an Land gehe?«
»Entschuldigung.«
Krystal blieb vor dem Tisch mit den Waffen stehen.
Auf hellblauem Filz lagen mehrere Klingen. Ein dünner Mann mit gewachstem Schnurrbart, kräftigen Armen und einer grauen Lederweste saß auf dem Schemel uns gegenüber. Seine schwarzen Augen musterten mich ausdruckslos.
Ich blickte durch ihn hindurch. Schließlich wollte ich keine Klinge kaufen.
Die Leinwand an einem leeren Tisch wurde im Sturmwind zerfetzt. Salzluft strich mir über das Gesicht.
Der Händler widmete Krystal seine Aufmerksamkeit. Sie hatte einen schmucklosen Dolch mit schmaler Klinge in die Hand genommen. Auch ich hielt ihn für die beste Waffe. Allerdings verspürte ich kein Verlangen, den Dolch zu berühren.
»Gefällt er dir?« fragte der Händler mit einer Stimme, die so ausdruckslos wie sein Blick war.
Krystal legte den Dolch zurück. »Dieser Stil gefällt mir besser als …« Sie deutete auf einen Krummdolch mit gedrehtem und vergoldetem Heft und Parierstange. »Hast du noch andere wie diese?«
Der dunkelhäutige Händler holte zwei Schwerter unter dem Tisch hervor. Um eines waberten widerlich blutrote Kraftwirbel. Mir wurde bereits beim Anblick dieses wilden Musters schlecht.
Krystal griff danach.
»Nein! Nicht dieses!« stieß ich unwillkürlich hervor. Ich wollte nicht, dass sie diese Klinge auch nur berührte, denn das chaotische Muster deutete klar auf das Böse hin. Zum ersten Mal sah ich – ich sah es tatsächlich – den deutlichen Unterschied zwischen echtem Chaos und wahrem Bösen.
Das Flattern der Leinwand untermalte diesen Augenblick.
Krystal runzelte die Stirn, berührte jedoch den Griff nicht.
»Angeblich ist das Schwert verflucht«, gab der Händler zu. Seine Stimme klang immer noch teilnahmslos.
Jetzt musterte ich es so scharf wie zuvor das längere Schwert, aber mir fiel an ihm nichts auf. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wonach ich suchte.
»Probier doch mal das andere«, schlug ich vor.
»Du willst mir etwas über Schwerter und Dolche erzählen?« Krystals Stimme klang keineswegs melodisch, sondern eher beißend.
Ich zuckte mit den Schultern. »Das Muster …« Wie konnte ich ihr erklären, was ich sah? Niemand außer mir sah das Muster der Kraftwirbel und erkannte, dass diese Klinge den Besitzer von Chaos in die Verruchtheit … oder noch Schlimmeres führen würde. Wie sollte ich unsichtbare Kräfte erklären, die so chaotisch waren, dass ihr einziger Zusammenhalt der Gegensatz zur Ordnung war? »Bitte … Krystal … vertrau mir.«
Ein seltsamer Ausdruck huschte über ihr Gesicht.
Der Händler schaute mich an. »Du bist also ein Meisterlehrling, was?«
Seine ausdruckslose Stimme störte mich. Etwas fehlte, aber ich wusste nicht, was es war. »Ich bin, was ich bin«, lautete meine Antwort – weder zustimmend noch abstreitend.
Er legte den Kopf etwas zur Seite und wartete auf Krystal.
»Lerris … was ist mit dem anderen Schwert?« Diesmal streckte sie nicht gleich die Hand aus.
Das zweite Schwert war etwas kleiner. Ich sah keine Kraftwirbel, nur ehrlich geschmiedetes Metall.
»Es ist eine ehrliche Klinge, die keinem bestimmten Zweck dient.«
Krystal nahm das Schwert in die Hand und studierte die Einzelheiten im Sonnenlicht. Sie prüfte die Klinge, wie Menschen es tun, die Klingen lieben und herausfinden wollte, ob sie die richtige Waffe gefunden haben. Sie schwang das Schwert und balancierte es auf der offenen Hand.
Sie mochte das Schwert. Das sah ich.
Ich beobachtete inzwischen den Händler. Wenn man annahm, dass die meisten Menschen eine Seele hatten – oder den inneren Funken, wie man es nennt –, so fehlte diese bei ihm. Kein Leben steckte in diesem Körper. Ich musste ein Schaudern unterdrücken.
Das hieß nicht, dass seine Waren schlecht oder gut waren, aber man sollte sie ganz genau ansehen. Ich war nicht sicher, ob ich der Richtige dafür war. Aber das Schwert schien in Ordnung zu sein.
Krystal legte das Schwert langsam zurück auf den Filz.
»Wie viel?« fragte ich.
»Zehn Goldpfennige.«
Krystal betrachtete die Klinge. »Eine gute Waffe, aber ich kann eine in Recluce bestellte Klinge samt Scheide für diesen Preis bekommen.«
»Diese ist nicht bestellt.«
Ich kapierte sofort. »Das ist ein Vorteil in Candar, doch nicht für uns.« Ich
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