Magische Insel
wir saßen, war aus den gleichen Steinen gebaut. »Ich glaube nicht, dass es mir bestimmt ist, in Recluce zu bleiben …«
Ich hatte das gleiche Gefühl wie Krystal, vermochte jedoch nicht zu erklären, warum. Also schwieg ich. Ich hatte gesehen, wie sie sich beim Fechten mit Gilberto entkrampfte. Er hatte jetzt schon Mühe, sich gegen Krystal zu verteidigen – und er verfügte über viel Erfahrung. »Was wirst du tun?«
Sie antwortete mir nicht. Wir saßen stumm da.
»Es gehört mir! Mir!«
Zwei Kinder – ein Junge und ein Mädchen – schossen um die Ecke des Vorratslagers. Das Mädchen hatte vor dem größeren oder älteren Jungen einen kleinen Vorsprung und schwenkte etwas in der Hand.
»Gib es sofort zurück!«
Das Mädchen blieb bei der dunklen Bank vor der geschlossenen Wechselstube stehen. Ich fragte mich, wie Kaufleute an Ruhetagen Geld umtauschen oder Wechsel einlösen sollten.
»Na schön. Hier ist dein albernes Modell. Lass uns auf die Pier gehen.«
»Da kannst du hingehen. Ich gehe nach Hause.« Der dunkelhaarige Junge steckte das Modell in seinen beinahe leeren Tornister.
»Ach was, komm schon.« Der Rotschopf lächelte ihn an.
»Ich gehe nach Hause.«
»Nur kurz.«
»Na … von mir aus. Aber es liegt nur das kleine Schiff da.«
»Na und?«
Die beiden gingen unten an uns vorbei. Sie streiften uns mit einem gleichgültigen Blick. Das Mädchen hüpfte dahin, während der kräftige Junge hinterherstapfte.
»Die sind wie wir …« Ich wusste nicht, warum ich das sagte, aber so empfand ich es in diesem Augenblick.
Krystal schaute mich an und schüttelte langsam den Kopf.
Ich zuckte mit den Schultern. So fühlte ich nun einmal. »Wir sollten auch gehen.«
Das taten wir, doch keiner von uns tanzte zum Speisesaal, als die Glocken zum Abendessen riefen.
XIV
A ls der Sommer sich dem Ende näherte, wurden einige Dinge besser.
Demorsal hatte bezüglich der Waffenübungen recht gehabt. Solange ich mich mit dem Stab nur auf die Verteidigung konzentrierte, passierte mir nichts – und ich wurde besser. Sogar so gut, dass Gilberto meine Deckung nicht durchbrechen konnte. Dann lehrte er mich, wie man mit dem Stab gegen Klingen kämpfte. Das war wirklich aufregend. Allerdings kapierte ich nicht, warum jemand je mit einem Schwert einen Gegner bekämpfen sollte, der gelernt hatte, mit einem langen Stab umzugehen. Aber Gilberto versicherte mir, dass das geschehen würde. Daher hörte ich auf ihn. Selbst dabei schaffte ich kaum einen Zug gegen ihn.
Ich war beinahe enttäuscht, dass er mich nicht gegen Tamra kämpfen ließ. Doch er brummte nur und meinte: »Du bist mit dem Stab und den Stöcken gut genug, um dich zu behaupten. Jetzt musst du etwas über Klingen lernen.«
Das war fast schlimmer als die Ausbildung mit dem Stab. Von den Holzklingen schien ich an jedem Körperteil blaue Flecken und Beulen zu haben. In zwei Achttagen verbrauchte ich mehr heißes Wasser als zuvor in meinem ganzen Leben.
Doch diesmal verbesserte ich mich schneller, weil ich entschlossen war, mit der Klinge nur eine undurchdringliche Verteidigung zu weben. Gegen einen wirklich geschulten Schwert-Meister wäre ich stets unterlegen gewesen, aber ich wollte wenigstens soviel lernen, dass ich mich gegen durchschnittlich harte Gegner wehren konnte.
Gilberto bestand darauf, dass ich Attacken lernte.
Ich war grauenvoll schlecht. »Was soll die Plagerei?«
Er war unerbittlich. »Es gibt Augenblicke, da eine Attacke eine Verteidigung ist, und dein Körper wird diese Augenblicke erkennen. Du musst diese Hiebe so gut lernen, dass du sie wie von selbst ausführst.«
Gelegentlich ließ er mich – zur Erholung – mit dem Stab gegen Krystal, Myrten oder Dorthae kämpfen. Das war nützlich für sie, falls sie je einen Gegner mit einem Stab bekämpfen müssten, aber auch für mich war es lehrreich. Nur Krystal gelang es einmal, mich beinahe zu berühren. Selbstverständlich konnte ich nicht großartig angreifen. Nur ab und zu tippte ich sie an peinlichen Stellen an.
Krystal lachte.
Myrten sah mich wie ein wütender Büffel an. »Du hältst das wohl für komisch, du …«
Ich musste grinsen, und seltsamerweise grinste er zurück. »Jungalter Magister, du bist immer noch ein guter Junge.«
Ein guter Junge? Ich war nicht sicher, ob ich mich je so bezeichnet hätte. Oder als Magister? Ich? Aber …
Abgesehen von der körperlichen Ertüchtigung wurde alles schlimmer … oder jedenfalls nicht besser.
Magistra Trehonna verließ
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