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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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das Falsche tust, kostet es dich das Leben. Aber jeder muss früher oder später sterben, wenn er das Falsche tut. Du musst dich vorher entscheiden. Du kannst auch entscheiden, dass ich völlig unrecht habe. Du kannst jetzt auf der Stelle fortreiten, und ich verstünde es.
    Doch wenn du mit mir weiterreiten willst, musst du dich für irgendetwas entscheiden. Denn unentschieden bist du eine Zielscheibe für jeden freien Geist und jeden Chaos-Meister in Ostcandar.«
    »Wo waren diese bis jetzt?«
    »Sie waren da, ehe du den Stab benutzt hast.« Justen streckte sich auf der Bank aus, drehte mir den Rücken zu und war im nächsten Moment eingeschlafen.
    Ich saß noch lange vor dem Feuer und grübelte. Warum der Stab? Ich fand keine Antwort. Später sah ich nochmals nach den Pferden und dem Feuer. Schließlich wickelte ich mich in meinen Umhang und war überzeugt, kein Auge zuzutun.
    Wieder einmal hatte ich mich geirrt.

 
XXVIII
     
    D er Mann in Weiß lehnt sich in dem Schaukelstuhl aus hellem Holz zurück. Seine Augen flackern im Rhythmus der Flammen im Kamin. Er blickte gedankenverloren vor sich hin, als wäre er nicht gewahr, dass sein Raum der einzige in der Herberge ist, der einen eigenen Kamin hat. »Was hast du bisher von der Güte Recluces gesehen, Teuerste?«
    Sie schürzt die Lippen, schweigt jedoch.
    Er dringt nicht in sie, sondern wartet weiter, als sei er zufrieden, wenn sie seine Frage gründlich durchdenkt.
    Ihre Augen gleiten langsam von seinem gebräunten Gesicht zum Feuer und dann wieder zurück. »Ich habe Leiden gesehen, doch kann man Recluce wirklich nicht dafür verantwortlich machen«, sagt die Frau in grauer Lederkleidung. Das blaue Tuch bringt ihr leuchtendrotes Haar und die helle Haut besonders zur Geltung. Sie steht neben einem niedrigen Tisch. Dadurch wirkt sie größer, als sie in Wahrheit ist. Ihre Augen wandern zu der anderen Frau, die still auf dem Stuhl links vom Kamin sitzt.
    »Hast du gesehen, wie der Regen ständig wiederkehrt und das Leben auf den Feldern und Äckern ertränkt? Hast du Schiffe gesehen, die Nahrungsmittel nach Freistadt bringen?« Seine Stimme klingt milde und ruhig.
    Sie denkt über die Tragweite seiner Worte nach. »Ihr scheint andeuten zu wollen, dass die Meister in Recluce diese Leiden geschaffen haben.«
    »Ich dachte, das sei offenkundig, Teuerste. Doch vielleicht solltest du dir beim Betrachten mehr Zeit lassen und alles sorgfältiger überdenken, was du gesehen hast.«
    »Ich glaube nicht, dass wir hier mit Worten fechten sollten«, meint die dunkelhaarige Frau. Ihre Stimme klingt rauchig, aber geschäftsmäßig. »Du möchtest lernen, deine Kräfte für das Gute einzusetzen. Wir glauben, dass wir dir helfen können.«
    »Was wollt Ihr dafür von mir?« fragt die Rothaarige. Ihre Augen sind immer noch auf den Mann in Weiß geheftet. »Ihr bietet mir doch nicht aus reiner Herzensgüte Hilfe an.«
    »Ich könnte es behaupten, doch würde ich entweder lügen, oder du würdest mir nicht glauben.« Einen Moment lang zucken seine Mundwinkel, und seine Augen leuchten auf. »Mit Sicherheit hast du bereits bemerkt, dass die Meister von Recluce nur sehr zögernd ihre Kräfte für das Wohl von Menschen außerhalb ihrer Insel einsetzen. Und ich bin ebenso sicher, dass du dich gefragt hast, warum sie nicht helfen, augenfälliges Leiden zu lindern. Warum blockieren sie Freistadt?« Langsam hebt er den Arm und deutet hinaus in die Finsternis. »Solch eine Blockade bereitet den Mächtigen selten Sorgen. Nur die Armen und jene, welche von ihrer Hände Arbeit leben müssen, leiden unter dem Ausfall des Lohns und der Knappheit der Nahrungsmittel.«
    Die Rothaarige verlagert das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Ihr redet ja sehr schön daher, Meister Antonin. Doch was habt Ihr getan, um den Armen zu helfen? Außer in einer goldenen Kutsche durchs Land zu fahren?«
    »Du hast gesehen, wie ich die Frierenden gewärmt und die Hungernden gespeist habe.«
    Die Wahrheit klingelt in jedem seiner Worte wie Silber. Die Rothaarige tritt etwas zurück. »Ich muss darüber nachdenken.«
    »Selbstverständlich. Aber du bist herzlich eingeladen, mit mir zu reisen und mit eigenen Augen zu sehen, was ich tue, um das Leiden zu lindern, das Recluce uns auferlegt hat.«
    Die Rothaarige runzelt die Stirn, schweigt aber.

 
XXIX
     
    D ei Tagesanbruch sah Justen beinahe so jung aus wie bei unserer ersten Begegnung in der Herberge Zur Gemütlichkeit. Er hatte allerdings dunkle Augenringe

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