Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert
um ein Buch handeln konnte. »Das ist von Olaf und mir.«
Olaf, Toms Vater, schlug mir freundschaftlich auf die Schulter. »Hey, Puppe«, sagte er. Er nennt mich immer Puppe, aber aus seinem Mund klingt es nett. Die beiden schlenderten zum Erwachsenentisch hinüber.
»Hallo Luna«, sagte Tom jetzt. Wir standen einander gegenüber. »Du siehst hübsch aus.« Er klang überrascht.
Etwas beleidigt sagte ich: »Danke.«
»Ich habe auch etwas für dich.« Er streckte mir ein rosa Päckchen hin. Rosa, okay, nicht die beste Wahl. Aber es kam ja auf den Inhalt an. Eine Kette? Oder ein Ring? Zwar hatte ich ja schon einen Ring von Opa bekommen oder eigentlich eher von meiner Ururoma. Aber ein Ring von meinem Freund wäre eine ganz andere Angelegenheit. Wobei ich natürlich nicht wusste, ob er mein Freund war. Also mein Freund schon, aber mein Freund .
Immerhin hatten wir uns seit einer Woche nicht mehr gesehen. Er war ja wie vom Erdboden verschluckt gewesen. Das muss man erst mal hinkriegen, wenn man auf dieselbe Schule geht.
»Schön, dass du es einrichten konntest«, antwortete ich heiser. Einrichten? Da hätte ich ihn ja gleich siezen können. Suse neben mir kicherte. Entschlossen nahm ich Tom das Geschenk ab, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. Ich konnte sehen, wie seine Augen aufleuchteten, er legte eine Hand auf meine Schulter und wir hörten nicht auf, uns anzusehen. Obwohl es immer noch warm draußen war, begann ich zu zittern.
»Danke«, wisperte ich.
»Wofür?«, fragte er verwirrt.
»Für das Geschenk.«
»Oh, ach so, klar. Ist nichts Besonderes. Ich meine… ich hatte viel zu tun in letzter Zeit, ähm.«
Ich hatte das Gefühl, dass er traurig war, und wollte ihn fragen, warum, so, wie ich es früher getan hätte, ohne mir auch nur eine Sekunde lang Gedanken darüber zu machen. Er hätte mir erzählt, was er auf dem Herzen hat, egal was, ich hätte es mir angehört und dann überlegt, wie ich ihm helfen könnte. Tipps gegeben und so weiter. Was man als Freundin eben so macht. Aber seit dem Kuss war alles anders. Beim Aufwachen musste ich als Allererstes an ihn denken und dann wurde mein Herz riesig und pumpte diese unglaublichen Gefühle durch meinen Körper. Wenn die eine Farbe hätten, wären sie violett und würden schimmern. Ich fragte mich ständig, was er wohl gerade macht, gleichzeitig war er immer bei mir, als würde er unsichtbar in der Luft um mich herumschwirren. Dann, wenn er mir wieder keine SMS geschrieben hatte, tat’s so weh, als würde einem ein Elefant auf der Brust hocken.
Jetzt, wo ich ihn endlich wiedersah, merkte ich, wie der Elefant aufstand. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, sondern wollte nur noch, dass er mich küsste.
Aber das tat er nicht. Wieso nicht? Ich schluckte, löste meinen Blick von Toms wunderschönen, gesprenkelten Augen, drehte ihm den Rücken zu und ging zurück zum Tisch.
Notiz an mich selbst: Unbedingt herausfinden, warum bestimmte Gefühle violett sind. Bloß wie?
6. Kapitel
Die nächsten zwei Stunden verdrückten wir den Rest von den Grillwürsten und dem Kartoffelsalat und stießen mit Zitronenlimo im Sektglas auf meinen Geburtstag an. Tom saß neben seiner Mutter und schenkte ihr permanent Wasser nach, reichte ihr Brot und stapelte Würstchen auf ihrem Teller. Ich fand es toll zu sehen, wie liebevoll er sein konnte, und da er nicht direkt neben mir stand, litt ich wenigstens auch nicht unter akuter Sprachlosigkeit. Aus der Ferne fiel mir auf, dass seine Schultern breit genug waren, um den Kopf daran zu lehnen. Als ich das dachte, sah er mich an und schon ging das ganze Theater von vorn los. Herz schwillt an, pocht, pumpt. Essen bleibt im Hals stecken. Rechtes Auge beginnt zu zucken (wie immer, wenn ich nervös bin). Lippen wollen lächeln, zittern dazu aber zu sehr. Peinlich. Elefant macht es sich wieder auf der Brust gemütlich.
Opa, noch immer in schwarzem Leder, war unbemerkt wieder in den Garten gekommen. Als er die Hand auf meine Schulter legte, war mir klar, was jetzt kam: die alljährliche Ansprache. Oder besser: die alljährlich peinlicher werdende Ansprache. »Liebe Luna. Mit dreizehn kommt nun für dich eine Zeit, die du nie vergessen wirst. Die Zeit, in der du anfängst, erwachsen zu werden. Ich wünsche dir, dass absolute schöpferische Kraft in dein Leben einzieht. Das Einzige, was zählt, ist die Liebe und…«
Ich wand mich auf meinem Stuhl. Alenya und Fritzi hielten gebannt ihre Limogläser in der
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