Magisches Erbe
Fingern über den Einband und die eingeprägten lateinischen Worte. »Es enthält Schutz- und Angriffszauber – das ist eine etwas härtere Kost als das, was ich bis jetzt gemacht habe. Mir gefällt es nicht, und das sind noch nicht einmal die wirklich anspruchsvollen Zauber. Sie hat mir gesagt, dass ich die überspringen solle.«
»Du magst keine Magie, Punkt«, rief er mir ins Gedächtnis. »Aber wenn diese Zauber dich beschützen können, solltest du sie vielleicht nicht ignorieren.«
Er hatte recht, auch wenn ich das nur ungern zugab. Das ermutigte ihn doch bloß. »Ja, aber ich wünschte nur, ich wüsste, wovor ich beschützt werden muss – nein. Nein. Wir können das nicht machen.«
Ohne es zu merken, war ich wieder in die Gewohnheit verfallen und redete mit Adrian so locker und ungezwungen wie früher. Ich hatte mich ihm sogar anvertraut. Er wirkte verblüfft.
»Was machen? Ich habe doch längst aufgehört, dich bei dem Rätsel um Hilfe zu bitten, oder?«
Ich holte tief Luft und wappnete mich. Ich hatte gewusst, dass dieser Moment kommen würde, wie sehr ich ihn auch hinausschieben wollte. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass er auf einem Flug käme.
»Adrian, wir müssen darüber reden, was passiert ist. Zwischen dir und mir«, erklärte ich.
Er nahm sich einen Moment Zeit, um über meine Worte nachzudenken. »Also … nach meinen letzten Informationen ist nichts zwischen dir und mir passiert.«
Ich wagte es, ihn anzusehen. »Genau. Mir tut leid, was geschehen ist … was ich gesagt habe, aber es ist alles wahr gewesen. Wir müssen es hinter uns lassen und unser Leben ganz normal weiterleben. Es geschieht zum Wohle unserer Gruppe in Palm Springs.«
»Komisch, ich habe es längst hinter mir gelassen«, sagte er. »Du bist diejenige, die jetzt wieder davon angefangen hat.«
Ich wurde noch einmal rot. »Aber doch nur wegen dir! Du warst in den letzten Wochen furchtbar launisch und hast geschmollt und kaum mit mir geredet. Und wenn doch, dann waren es meistens spitze Bemerkungen.« Als ich neulich bei Clarence Donahue zu Abend gegessen hatte, kam eine der Furcht einflößendsten Spinnen aller Zeiten ins Wohnzimmer gekrabbelt. Ich hatte meinen ganzen Mut zusammengenommen, das gruselige kleine Viech erst gefangen und dann wieder freigelassen. Adrians Kommentar zu meiner mutigen Tat war gewesen: »Wow, ich wusste gar nicht, dass du dich den Dingen stellst, die dir Angst machen. Ich dachte bisher, deine übliche Reaktion sei es, wild schreiend vor ihnen davonzulaufen und dann so zu tun, als seien sie nicht da.«
»Du hast recht mit meinem Verhalten«, sagte er jetzt und nickte zu meinen Worten. Er wirkte auch diesmal bemerkenswert ernst. »Und es tut mir leid.«
»Es … tut dir leid?« Ich konnte ihn nur anstarren. »Also … für dich ist Schluss mit diesem ganzen … Kram? Schluss damit, dich so zu fühlen?« Ich konnte mich nicht dazu überwinden, es weiter auszuführen. Schluss mit der Liebe. Schluss mit mir.
»Oh nein«, sagte er fröhlich. »Überhaupt nicht.«
»Aber du hast doch gerade gesagt …«
»Für mich ist Schluss mit dem Schmollen«, entgegnete er. »Schluss mit den Launen – na ja, ich meine, ich bin immer ein bisschen launisch. Adrian Ivashkov ist nun mal so. Aber mit dem übertriebenen Kram ist jetzt Schluss. Das hat mir bei Rose nichts gebracht. Es wird mir auch bei dir nichts bringen.«
»Nichts wird dir bei mir etwas bringen«, rief ich.
»Da bin ich mir nicht so sicher.« Er setzte einen nachdenklichen Ausdruck auf, der unerwartet und faszinierend zugleich war. »Du bist kein so hoffnungsloser Fall wie sie. Ich meine, bei ihr musste ich ihre tiefe, große Liebe zu einem gewaltigen russischen Krieger überwinden. Wir beide hingegen brauchen nur Hunderte von Jahren tief verwurzelter Vorurteile und Tabus zwischen unseren beiden Rassen hinter uns zu lassen. Ein Kinderspiel.«
»Adrian!« Mein Zorn flammte auf. »Das ist kein Scherz.«
»Ich weiß. Für mich ist es bestimmt keiner. Und das ist auch der Grund, warum ich dir nicht das Leben schwer machen werde.« Er legte eine dramatische Pause ein. »Ich werde dich einfach lieben, ob du willst oder nicht.«
Die Flugbegleiterin kam mit heißen Handtüchern vorbei und sorgte für eine Pause in unserem Gespräch, sodass seine leicht beunruhigenden Worte zwischen uns in der Luft hingen. Ich war sprachlos und brachte keine Antwort zustande, bis sie zurückkam, um die Tücher wieder einzusammeln.
»Ob ich es will oder nicht?
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