Magisches Erbe
seinen Augen sah, etwas, das den Gedanken an seine Erklärung, er wolle mich weiter lieben, wachrief. Vielleicht war es auch nur seine typische Frechheit.
Einen Anschlussflug und eine einstündige Autofahrt später war es Nacht, als wir endlich den kleinen Erholungsort in den Pocono Mountains erreichten. Das Aussteigen aus dem Auto war ein Schock. Der Dezember in Pennsylvania war völlig anders als der Dezember in Palm Springs. Eiskalte Luft schlug mir entgegen, die Art, die einem Mund und Nase gefrieren lässt. Alles war mit einer frischen Schneeschicht bedeckt und glitzerte im Licht desselben Vollmondes, in dem Ms Terwilliger und ich Magie gewirkt hatten. Die Sterne strahlten hier genauso hell wie in der kahlen Wüste, obwohl die kalte Luft sie auf eine schärfere Weise glitzern ließ.
Adrian blieb in unserem Mietwagen sitzen, beugte sich aber heraus, als mir der Fahrer meinen kleinen Koffer reichte. »Brauchst du dabei Hilfe?«, fragte Adrian. Sein Atem bildete eine kalte Wolke in der Luft.
Dieses Angebot war uncharakteristisch. »Ich komm schon klar, aber trotzdem danke. Ich nehme an, du wohnst nicht hier?« Ich deutete mit dem Kopf auf die Frühstückspension, vor der der Wagen gehalten hatte.
Adrian zeigte die Straße hinunter, auf ein großes, hell erleuchtetes Hotel, das auf einem Hügel thronte. »Da oben. Dort werden auch all die Partys stattfinden, falls du Interesse hast. Sie fangen wahrscheinlich gerade erst an.«
Ich schauderte, und das hatte nichts mit der Kälte zu tun. Moroi lebten normalerweise nach einem nächtlichen Zeitplan und begannen ihren Tag gegen Sonnenuntergang. Diejenigen, die wie Adrian unter Menschen lebten, mussten sich an einen Tagesrhythmus gewöhnen. Aber hier, in einer kleinen Stadt, in der es von Moroi-Gästen nur so wimmeln musste, würde er die Chance haben, zu einem Zeitplan zurückzukehren, der für ihn natürlicher war.
»Ist notiert«, antwortete ich. Es folgte ein Augenblick der Verlegenheit, aber die Temperatur gab mir einen Vorwand zur Flucht. »Also, ich sehe besser zu, dass ich ins Warme komme. War nett, ähm, mit dir zu reisen.«
Er lächelte. »Danke gleichfalls, Sage. Wir sehen uns morgen.«
Die Tür schloss sich, und ohne ihn fühlte ich mich plötzlich einsam. Sie fuhren los, zu dem hoch aufragenden Hotel. Meine Frühstückspension schien im Vergleich dazu winzig zu sein, aber sie machte einen netten und gepflegten Eindruck. Die Alchemisten hatten mir genau aus dem Grund ein Zimmer hier gebucht, weil sie wussten, dass die Moroi-Gäste andere Quartiere haben würden. Jedenfalls die meisten von ihnen.
»Sind Sie wegen der Hochzeit hier, Liebes?«, fragte die Gastwirtin, als ich mich anmeldete. »Wir haben ein paar andere Hochzeitsgäste, die ebenfalls bei uns abgestiegen sind.«
Ich nickte, als ich meinen Kreditkartenbeleg unterschrieb. Es war keine Überraschung, dass die Gäste auf diese Unterkunft auswichen, aber hier würden viel weniger sein als in dem anderen Hotel. Ich wollte auf jeden Fall meine Tür abschließen. Ich vertraute meinen Freunden in Palm Springs, aber alle anderen Moroi und Dhampire waren erst mal bedenklich.
Städte wie diese und ihre Gasthäuser schienen immer für Paare gedacht zu sein, die ein romantisches Wochenende verbrachten. Mein Zimmer war da keine Ausnahme. Es hatte ein breites kalifornisches Doppelbett, das mit einem hauchdünnen Baldachin verhängt war, sowie einen herzförmigen Whirlpool neben dem Kamin. Es war voll und ganz auf Liebe und Romantik getrimmt, was mich wieder an Adrian denken ließ. Ich ignorierte es, so gut ich konnte, und tippte eine schnelle SMS an Donna Stanton, eine höherrangige Alchemistin, die meinen Auftrag in Palm Springs leitend begleitete.
Bin in Pocono Hollow eingetroffen. Habe in der Pension eingecheckt.
Ihre Antwort kam schnell: Ausgezeichnet. Bis morgen. Einen Moment später folgte eine zweite SMS : Verschließen Sie Ihre Tür.
Stanton und ein anderer Alchemist waren ebenfalls zu der Hochzeit eingeladen worden. Aber sie befanden sich bereits an der Ostküste und konnten morgen einfach hierherfahren. Ich beneidete sie.
Trotz meines Unbehagens schlief ich überraschend gut und traute mich am Morgen zum Frühstück. Wegen der Moroi brauchte ich mir jedoch keine Sorgen zu machen. Ich war die Einzige, die in dem sonnendurchfluteten Esszimmer aß.
»Wie seltsam«, bemerkte die Gastwirtin, als sie mir meinen Kaffee und die Eier brachte. »Ich weiß zwar, dass viele Gäste noch spät unterwegs
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