Magisches Erbe
Ihr Leugnen machte mir immer noch zu schaffen. »Sie behauptet die ganze Zeit, ihn nicht zu kennen, und ich kann es auch nicht übertreiben, weil sie sonst misstrauisch wird.«
»Mir ist eingefallen, wie du ihn vielleicht finden kannst«, erwiderte Adrian. Wenn sein Gesicht nicht so ernst gewesen wäre, hätte ich gedacht, er mache Witze.
»Dir ist … es eingefallen?«, fragte ich. Die Alchemisten stellten uns umfangreiche Informationen zur Verfügung und hatten Leute in allen möglichen Agenturen und Organisationen. Ich hatte sie in den vergangenen Wochen durchforstet und fand es unwahrscheinlich, dass Adrian Zugang zu etwas haben sollte, das mir verwehrt gewesen wäre.
»Yup. Du hast doch sein Foto, oder? Könntest du nicht einfach den gleichen Zauber machen wie neulich Nacht? Ihn auf diese Weise aufspüren?«
Ich war so überrascht, dass ich beinahe gestolpert wäre. Adrian hielt mich fester, damit ich nicht fiel. Ich zitterte, da uns diese kleine Geste einander näherbrachte. Die Anspannung zwischen uns stieg, und ich bemerkte, dass nicht nur unsere Körper, sondern auch unsere Lippen näher aneinandergerückt waren.
Ich hatte etwas Mühe mit dem Sprechen, zum einen wegen des Gefühls seiner Nähe, aber auch weil ich immer noch verblüfft von seinen Worten war. »Das ist … wow … das ist gar keine schlechte Idee …«
»Ich weiß«, sagte er. »Ich bin selbst ganz überrascht.«
Die Umstände waren wirklich nicht anders als bei der Suche nach Ms Terwilligers Schwester. Ich musste nur jemanden ausfindig machen, dem ich nie begegnet war. Ich hatte ein Foto, und genau das war es, was man für den Zauber benötigte.
Allerdings würde ich diesmal den Zauber selbst initiieren müssen. Es war ein schwieriges Stück Magie, und ich wusste, dass Ms Terwilligers Anweisungen mir geholfen hatten. Und dann war da außerdem das moralische Dilemma, diese Art von Zauber allein zu wirken. Mein Gewissen war leichter mit Magie zurechtgekommen, als ich mich dazu genötigt fühlte.
»Ich könnte es erst im nächsten Monat ausprobieren«, sagte ich und dachte an das Zauberbuch zurück. »Ich meine, ich habe zwar das Foto dabei, aber der Zauber muss bei Vollmond gewirkt werden. Dies ist die letzte Nacht für den jetzigen Zyklus, und ich kann jetzt die Bestandteile nicht rechtzeitig beschaffen.«
»Was brauchst du dafür?«
Ich sagte es ihm, und er nickte die ganze Zeit und versprach mir, dass er die Dinge besorgen werde.
Ich lachte spöttisch. »Wo willst du denn zu dieser nachtschlafenden Zeit Anis und Ysop herbekommen? In dieser Stadt?«
»Diese Stadt ist voller skurriler Boutiquen. Es gibt einen Kräuterladen, der Seifen und Parfum verkauft, die aus allem hergestellt sind, was du dir nur vorstellen kannst. Garantiert haben sie vorrätig, was du brauchst.«
»Und garantiert haben sie geschlossen.« Er zog mich in eine weitere schwungvolle Drehung, und ich hielt perfekt mit ihm mit.
Das Stück näherte sich seinem Ende. Die Zeit war schneller verflogen, als ich gedacht hatte. Ich hatte die Zuschauer ganz vergessen. Ich hatte sogar vergessen, dass ich mit einem Vampir zusammen war. Ich tanzte einfach mit Adrian, was mir leicht und natürlich vorkam, solange ich nicht über unser Publikum nachdachte.
Sein verwegener Blick kehrte zurück. »Mach dir darüber keine Gedanken. Ich kann die Besitzerin suchen und sie dazu überreden, eine Ausnahme zu machen.«
Ich stöhnte. »Nein. Kein Zwang.« Zwang war eine Fähigkeit der Vampire, um anderen ihren Willen aufzudrängen. Alle Vampire besaßen diese Gabe zu einem kleinen Teil, und Geistbenutzer verfügten im Überfluss über sie. Die meisten Moroi betrachteten es als unmoralisch. Alchemisten sahen darin eine Sünde.
Das Lied endete, aber Adrian ließ mich nicht gleich los. Er beugte sich ein wenig näher zu mir vor. »Willst du noch einen Monat warten, um Marcus zu finden?«
»Nein«, gab ich zu.
Adrians Lippen waren nur einen Atemzug entfernt. »Dann treffen wir uns in zwei Stunden an der Servicetür des Hotels.« Ich nickte schwach, und er trat zurück und ließ meine Hände los. »Hier ist noch ein letztes Zeichen für gute Beziehungen.« Mit einer Verbeugung, die direkt aus einem Roman von Jane Austen hätte stammen können, deutete er auf die Theke und sagte laut: »Vielen Dank für den Tanz. Darf ich Sie zu einem Drink begleiten?«
Ich folgte ihm ohne ein Wort, und mir schwirrte der Kopf von dem, was ich in zwei Stunden würde tun müssen. An der Theke erstaunte
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