Magisches Erbe
Vorbild genommen hatte. Anscheinend dachten einige Moroi, so ungeheuerlich Adrians Verhalten auch gewesen war, dass es ein kluger Schritt sein mochte, und beschlossen, es ihm gleichzutun. Stanton konnte schlecht ablehnen, nachdem sie mich ermutigt hatte, und betrat daher mit zusammengebissenen Zähnen den Tanzboden. Niemand forderte Ian zum Tanzen auf, was wahrscheinlich auch gut so war. Er wirkte überhaupt nicht enttäuscht.
Adrian blieb fort, vermutlich um die Bestandteile meines Zaubers zu beschaffen. Die Zeit lief uns davon, und als die zwei Stunden fast um waren, wurde mir bewusst, dass Marcus’ Foto – das ich mit auf die Reise genommen hatte und auch sonst nur selten aus den Augen ließ – immer noch in meinem Zimmer lag. Ich entschuldigte mich bei Ian und erklärte ihm, ich müsse zurück in das Gasthaus, um die Schuhe zu wechseln, und würde einen der Wagen nehmen, die die Hochzeitsgäste durch die Stadt gefahren hatten.
Sofort meldete sich Ians Beschützerinstinkt. »Soll ich dich begleiten? Da draußen ist es nicht sicher.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, du musst hierbleiben. Stanton ist in größerer Gefahr.« Sie stand an der Bar und unterhielt sich mit zwei Moroi-Männern. Ich fragte mich, ob wohl ein weiterer Tanz auf sie wartete. »Außerdem ist es noch früh, deshalb sind die meisten von ihnen auch noch hier und nicht dort draußen. Wenigstens wird die Pension von Menschen betrieben.«
Ian konnte an meiner Alchemistenlogik nichts aussetzen und ließ mich widerstrebend gehen. Ein Auto in die Stadt war leicht zu finden, und ich schaffte es, die Rundreise zeitlich perfekt zu absolvieren. Ich wechselte sogar die Schuhe, um einen Beweis für meine Geschichte zu haben. Zu der Hochzeit hatte ich zwar hohe Absätze getragen, aber ich hatte auch flache Schuhe in den Koffer gepackt, nur für den Fall. Dank kluger Planung war ich für jeden Anlass gewappnet.
Als ich jedoch die Servicetür erreichte, wurde mir klar, dass meine kluge Planung gescheitert war. Vor lauter Angst und Eile hatte ich meinen warmen, schweren Schal in dem Wagen gelassen, der wahrscheinlich längst über alle Berge war. Als ich jetzt in der bitteren Kälte Pennsylvanias auf Adrian wartete, schlang ich die Arme um mich selbst und hoffte, dass ich nicht erfror, bevor er auftauchte.
Doch er hielt Wort und erschien genau zur vereinbarten Zeit mit einer Stofftasche über der Schulter. Besser noch, er schien wieder ganz der Alte zu sein. »Dann mal los«, sagte er zu mir.
»Im Ernst?«, fragte ich mit klappernden Zähnen. »Du hast alles bekommen?«
Er klopfte auf die Tasche. »Du bestellst, ich liefere. Also, wo müssen wir hin?«
»An einen abgelegenen Ort.« Ich sah mich um. Hinter dem Hotelparkplatz war ein leeres Feld, das hoffentlich genügen würde. »Da.«
Über den gut gestreuten Parkplatz zu gehen war kein Problem, aber sobald wir das verschneite Feld betraten, waren selbst meine praktischen flachen Schuhe nutzlos. Außerdem wurde mir so kalt, dass meine Haut vermutlich genauso blau war wie mein Kleid.
»Halt«, sagte Adrian irgendwann.
»Wir müssen noch ein Stückchen weitergehen«, protestierte ich.
Adrian, der vernünftigerweise einen Wollmantel angezogen hatte, zog ihn nun wieder aus. »Hier.«
»Du wirst frieren«, protestierte ich, hielt ihn aber nicht auf, als er vortrat und mir half, den Mantel anzuziehen. Adrian war größer als ich, daher bedeutete die Dreiviertellänge für mich zum Glück, dass er bis zum Boden reichte. Der Mantel roch nach einer Mischung aus Rauch und Kölnischwasser.
»So.« Er zog den Mantel fester um mich. »Ich habe lange Ärmel und das Jackett. Und jetzt Beeilung.«
Das brauchte er mir nicht zweimal sagen. Abgesehen von der Temperatur mussten wir es schaffen, bevor wir von anderen erwischt wurden. Selbst ich hätte den Alchemisten dafür keine plausible Erklärung liefern können.
Der Mond schien immer noch hell und klar, als wir endlich einen akzeptablen Platz fanden. Ich stöberte in Adrians Tasche, erstaunt darüber, dass er alles bekommen hatte, von dem Spiegel bis hin zu den getrockneten Blättern und Blüten. Er schwieg, während ich alles aufbaute, und sprach erst, als ich so gut wie fertig war und loslegen konnte.
»Kann ich irgendetwas tun?«, fragte er sanft.
»Halt einfach Wache«, antwortete ich. »Und fang mich auf, falls ich ohnmächtig werde.«
»Aber gern.«
Ich hatte mir den Zauber eingeprägt, als Ms Terwilliger und ich ihn durchgeführt hatten. Trotzdem
Weitere Kostenlose Bücher