Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magisches Erbe

Magisches Erbe

Titel: Magisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
Vom Netzwerk:
war die Tatsache, dass ich durchs Fenster gelangen musste. Es war geschlossen, was bei jemandem, der untergetaucht war, durchaus vernünftig war. Ich hatte einige magische Amulette, die Glas schmelzen lassen konnten, aber ich traute mir nicht zu, sie auf dem schmalen Sims zu benutzen – ich musste also ausprobieren, wie gut mich der Sportunterricht im Werfen gemacht hatte.
    Immer noch mit einem unguten Gefühl auf der bedenklich knarrenden Feuerleiter nahm ich einen kleinen Beutel mit Pulver aus meiner Kuriertasche. Dann schätzte ich die Entfernung ab und warf den Beutel hart gegen das Fenster, während ich einen Zauber aufsagte – und traf daneben. Der Beutel schlug gegen die Wand, wirbelte eine Staubwolke auf und begann, sich in den Stuck zu fressen. Ich wand mich innerlich, als sich die Wand auflöste. Der Zauber brannte irgendwann aus, doch er hinterließ ein deutlich sichtbares Loch. Es war allerdings nicht ganz durchgegangen, und angesichts des Zustandes, in dem sich das Gebäude befand, würde es vermutlich noch nicht einmal auffallen.
    Ich hatte einen weiteren Beutel übrig, und diesmal musste ich es richtig machen. Die Scheibe war ziemlich groß, und jetzt durfte ich sie nicht verfehlen. Ich warf mit voller Kraft – und traf. Das Pulver knallte gegen das Fenster. Es kam sofort zu einer Reaktion, die sich ausbreitete, und das Glas zum Schmelzen brachte. Es tropfte herunter wie Eis in der Sonne. Während ich nun gespannt zusah, wünschte ich, dass die Reaktion so lange wie möglich andauerte. Das Loch musste groß genug sein, damit ich hindurchgelangen konnte. Als es aufhörte, war ich optimistisch, dass ich es ins Innere schaffen konnte – falls ich überhaupt dorthin kam.
    Ich hatte keine Höhenangst, aber als ich den Sims entlangkroch, bekam ich das Gefühl, oben auf einem Wolkenkratzer zu hocken. Mir schlug das Herz bis zum Hals, und ich überlegte, wie die Überlebenschancen bei einem Sturz aus dem dritten Stockwerk standen. Meine Hände schwitzten, und ich befahl ihnen, damit aufzuhören. Ich wollte nicht diesen ganzen Weg gekommen sein, nur um im letzten Moment noch mit den Händen irgendwo abzurutschen.
    Wie sich herausstellte, war es mein Fuß, der den Halt verlor. Die Welt drehte sich, und ich bekam erst im letzten Augenblick den Fensterrahmen zu fassen. Ich zog mich hinein, und mit einem adrenalinbefeuerten Kraftakt schaffte ich es, ein Bein hinüberzuschieben. Ich holte tief Luft und versuchte, mein pochendes Herz zu beruhigen. Ich war mir sicher, ich würde es schaffen. Einen Moment später konnte ich mich hochstemmen und mein anderes Bein über die Fensterbank schwingen, sodass ich in den Raum fiel.
    Ich landete mit zittrigen Beinen auf dem Boden und bemühte mich, wieder ruhig zu atmen. Das war knapp. Wenn meine Reflexe ein klein wenig langsamer gewesen wären, hätte ich herausgefunden, was drei Stockwerke dem menschlichen Körper antun konnten. Ich liebte die Wissenschaft, aber dieses Experiment musste ich nicht unbedingt machen. Vielleicht hatte der ständige Umgang mit Dhampiren meine körperlichen Fähigkeiten verbessert.
    Sobald ich mich erholt hatte, konnte ich meine Umgebung abschätzen. Ich befand mich in genau derselben Wohnung, die ich in meiner Vision gesehen hatte. Als ich aus dem Fenster sah, fasste ich die Alte Mission ins Auge und überprüfte, ob ich den gleichen Blickwinkel hatte. Yup. Genau der gleiche. Im Innern des Raumes erkannte ich die Matratze auf dem Boden und dieselben dürftigen Habseligkeiten wieder. Die Wohnungstür gegenüber wies eine Anzahl brandneuer Schlösser auf, die sich auf dem letzten Stand der Technik befanden. Es hätte nichts genützt, den Türknauf draußen aufzulösen.
    »Was jetzt?«, murmelte ich. Ich hatte es in die Wohnung geschafft. Marcus hatte ich zwar nicht, aber theoretisch hatte ich sein Apartment. Ich wusste nicht genau, wonach ich suchte, aber irgendwo musste ich ja anfangen.
    Zuerst untersuchte ich die Matratze, obwohl ich mir nicht viel davon versprach. Sie konnte keine Sachen verbergen – so wie meine. Darunter mochten sich jedoch Ratten verbergen und Gott weiß was sonst noch. Zaghaft hob ich eine Ecke an und wusste, dass ich das Gesicht verzog, aber darunter war gar nichts – weder lebendig noch tot. Mein nächstes Ziel war ein kleiner, unordentlicher Haufen Kleidung. Jemandes schmutzige Wäsche (ich nahm an, dass sie schmutzig war, da sie auf dem Boden lag) zu durchwühlen war nicht besser, als unter die Matratze zu schauen.

Weitere Kostenlose Bücher