Magisches Spiel
sich regelrecht auf ihn gestürzt. Tansy unterdrückte ein Stöhnen. Sie konnte ihm keinen Moment lang die Schuld zuschieben. Er hatte sie von Anfang an gewarnt und ihr gesagt, dass er die Absicht hatte, sie zurückzuholen. Er war skrupellos und bereit, jegliches Mittel einzusetzen, das ihm zur Verfügung stand – und sie hatte ihm die Möglichkeit geboten, Sex als Mittel einzusetzen. Dieser verfluchte Kerl, der Teufel sollte ihn holen. Nein, sie sollte er holen. Jetzt musste sie einen Ausweg finden, denn sie würde nirgendwohin mit ihm gehen.
Kaden hielt den Kopf gesenkt, während er methodisch
Tansys Habe einpackte. Möglicherweise war ihr nicht klar, dass es, je häufiger sie sich telepathisch miteinander verständigten, von Mal zu Mal einfacher wurde, sich in das Innere des anderen einzuschleichen. Ihm hatte es widerstrebt, sich von ihr zu lösen. Er konnte sich nicht erinnern, jemals mit einer Frau in seinen Armen dagelegen und sich restlos zufrieden gefühlt zu haben. Im Frieden mit sich selbst. Und jetzt lag sie da und bereute die gemeinsame Nacht, die Nacht, die ihm mehr als alles andere bedeutete. Was hatte er denn erwartet? Dass sie offen und mit einem freudestrahlenden Lächeln auf ihn zukommen würde?
Ihre Gedanken waren schmerzhaft und voller Selbstvorwürfe. Er wusste genau, welche Knöpfe er drücken musste, und der Knopfdruck hatte darin bestanden, dass er ihr die Geschichte seiner Kindheit enthüllt hatte, von der er vorher nie jemandem erzählt hatte. Wie konnte sie bloß so dumm sein! Wahrscheinlich war ohnehin kein Wort wahr. Sie wollte über ihre eigene Dummheit weinen, aber es gab noch eine andere Seite in ihr, die über die Täuschung erbost war.
Täuschung? Zorn und Schmerz waren so eng ineinander verschlungen, dass er das eine nicht mehr vom anderen unterscheiden konnte. Kaden, der Schattengänger mit Eis in den Adern, bekam einen Wutausbruch. Er fühlte, wie der Zorn durch seinen Organismus strömte, und er drehte sich zu Tansy um und griff in seine Tasche.
»He! Fang!« Kaden warf ihr mit voller Absicht die kleine Spielfigur zu, die am letzten Tatort gefunden worden war.
Der Gegenstand schimmerte in der frühen Morgensonne, als er auf Tansys Kopf zuflog. Sie hob flink eine Hand und griff die Figur in dem Moment aus der Luft, als sie seine Gedanken aufschnappte:
Der Teufel soll mich dafür holen, dass ich dir vertraut habe. Ich habe dir das Einzige über mich erzählt, wovon kein anderer lebender Mensch etwas weiß, und du glaubst, ich hätte es benutzt, um dich ins Bett zu kriegen. Sie nahm Wut wahr, aber auch, dass er in noch höherem Maße verletzt war.
Sie hatte ihn verletzt. Ihre Finger schlossen sich um die glatten Ränder des Gegenstandes, den er ihr zugeworfen hatte, und ihr sank das Herz, da tückische, gewalttätige Energien von ihm ausgingen und einen Weg in ihr Inneres fanden. Sie versuchte, die Spielfigur loszulassen, aber es war schon viel zu spät. Noch schlimmer war, dass sie sich nicht darauf vorbereitet hatte. Sie hörte sich schreien, tief in ihrem Innern, wo es niemand hören konnte, als Öl in ihren Geist rann, schmierig und schwarz und mit Schlick gemischt. Es trug das Gewicht der Toten und der Sterbenden mit sich, die flehentlichen Bitten und die Proteste, die bettelnden Stimmen und die Übelkeit, die mit dem ekligen Gestank von Blut einherging. Kaden hatte gesagt, das Blut sei wie eine zweite Haut, aber es war schlimmer als das, es drang durch ihre Poren in sie ein, bis Blut in ihrem Geist war und an allem klebte, was ihre Person ausmachte, an jedem Teil ihrer Seele.
Kaden hörte einen Schrei, den Schrei eines gemarterten Tieres, von Schmerz und Todesqualen erfüllt, doch Tansy gab keinen Laut von sich; das Blau war aus ihren Augen verschwunden und vollständig durch den violetten Glanz ersetzt, über dem ein silberner Schimmer lag. Augen aus Glas. Sein Magen hob sich, als er die Tasche, die er gerade packte, auf den Tisch schleuderte und zu ihr rannte, ihre Hand packte und den Griff ihrer Finger zu lösen versuchte. »Lass sie fallen! Lass sie sofort fallen.«
Er hatte die Berichte gelesen, aber er hatte sie nicht
verstanden. Verdammt nochmal, er hatte sie nicht verstanden. Jetzt verstand er sie, und er glaubte, ihm würde übel. Er war jetzt bei ihr, in ihrem Kopf, und die Realität dessen, was sie empfand – was sie durchmachte –, war weitaus verheerender, als es irgendein Bericht jemals hätte schildern können.
»Verdammt nochmal, Tansy, lass
Weitere Kostenlose Bücher