Magisches Spiel
öffnen. Er würde sie verlieren, wenn er sie nicht zurückzog. Ihr Gesicht war so blass, dass es fast schon grau war. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Ihr Puls war außer Kontrolle geraten, und ihre Augen starrten etwas an, was nicht wirklich da war.
»Lass das verdammte Ding fallen.« Seine Stimme klang nicht mal mehr so, als sei es seine eigene, derart wütend knurrte er den Befehl. Kaden Montague, der Killer, in dessen Adern anstelle von Blut Eis floss, war verzweifelt,
denn ihm graute davor, dass er Tansy verlieren könnte.
Fluchend grub er seine Fingerkuppen tief in ihr Handgelenk und fand den Druckpunkt, der ihre Finger öffnen würde, während er gleichzeitig ihre Hand auf den Boden knallte. Die Spielfigur flog einen halben Meter weit und rollte fort. Tansys Körper zuckte in Krämpfen. Blut rann aus ihrem Mund und aus ihrer Nase. Kaden kniete auf dem Boden und versperrte mit seinem Körper den Blick auf die frühe Morgensonne, während er versuchte, sie wieder zu sich zu bringen. Er schüttelte sie, rief ihren Namen und stand dann auf, um Wasser zu holen.
Tansy würgte, hustete, drehte den Kopf um und wälzte sich dann auf die Knie; ihr Magen rebellierte, und sie würgte ohne Ende. Wogen von Benommenheit raubten ihr jede Orientierung. Sie wischte sich das Gesicht ab und zog ihre Hand blutverschmiert zurück.
»Hier. Trink das.« Kaden drückte ihr eine Flasche Wasser in die zitternden Hände und legte eine Jacke um ihren nackten Körper.
Tansy versuchte, die Flasche an ihren Mund zu heben, doch das Wasser schwappte nur in alle Richtungen über. Kaden streckte einen Arm um sie herum; seine Hand schloss sich über ihrer und hielt die Flasche still.
»Trink einen Schluck.« Seine Stimme klang mürrisch.
Tansy setzte die Flasche an, gurgelte mit dem Wasser und spuckte es aus, um den öligen Geschmack aus ihrem Mund zu spülen. Er ließ sich aber nicht entfernen. Innerlich schien sie ungewöhnlich ruhig zu sein, und sie hatte das ungute Gefühl, nicht diejenige zu sein, die all diese Stimmen unter Kontrolle hatte. Sie trank mit größerer Vorsicht erst einen Schluck und dann noch einen und
ließ die kühle Flüssigkeit durch ihre Kehle rinnen, bevor sie zu Kaden aufblickte.
»Sie sind immer noch in meinem Kopf, nicht wahr? So wie immer. Du bringst sie zum Schweigen.«
Er nickte. »Wenn dieser Scheißtyp wusste, dass du Serienmörder jagst, warum zum Teufel hat er dir dann nicht das entsprechende Rüstzeug für diese Arbeit mitgegeben?« Seine Stimme bebte vor Wut.
Tansy kniff leicht die Augen zusammen. »Ich vermute, du sprichst von Dr. Whitney?«
»Haben deine Eltern ihn nicht hinzugezogen, wenn du nach der Jagd auf einen Mörder krank warst?«
Sie nickte. »Das schien ein Bestandteil der Adoptionsvereinbarung zu sein. Er hat die Adoption arrangiert, und mein Vater schien zu glauben, niemand sei so geeignet wie er, um mich zu behandeln. Ich musste ihm in allen Einzelheiten schildern, wie mir bei der Jagd zumute war.«
»Er hätte dir helfen können, besser damit umzugehen.«
»Im Allgemeinen konnte ich besser damit umgehen. Wenn ich mich innerlich auf den Schock vorbereite, kann ich die Energien und die Stimmen für einen kurzen Zeitraum kontrollieren. Bedauerlicherweise hat sich diese Zeitspanne von Mal zu Mal verkürzt, bis ein Punkt erreicht war, an dem ich wirklich nutzlos wurde. Und wenn sie erst einmal in meinem Kopf sind, kann ich sie nicht mehr von dort vertreiben.« Sie trank wieder einen Schluck und spürte das kühle Wasser in ihrer rauen Kehle.
»Es tut mir leid. Ich hätte das nicht tun dürfen.«
Sie sah ihm in die Augen. Es schien so, als meinte er es ernst. Sie zuckte die Achseln. »Vermutlich konntest du es nicht unversucht lassen.«
Kaden schüttelte den Kopf. So leicht würde er es sich
nicht machen. »Ich dachte nicht an den Job, als ich dir die Spielfigur zugeworfen habe. Sie wurde am Tatort zurückgelassen. Es bleibt immer eine Figur zurück. Es scheint acht verschiedene Figuren zu geben, und eine von diesen acht wird immer am Tatort zurückgelassen.«
»Weil es acht Spieler gibt.«
Kaden blinzelte. Er ließ sich neben ihr auf den Boden sinken. »Wie meinst du das – acht Spieler?«
»Es ist ein Spiel. Es geht um Mord, und es gibt mehrere Spieler. Wenn es acht Spielfiguren gibt, liegt es doch auf der Hand, dass du es mit acht Spielern zu tun hast. Ist eine der Spielfiguren mehrfach zurückgelassen worden?«
»Vier von ihnen. Zwei an der Ostküste und zwei an
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