Magisches Spiel
Zimmer folgte. »Ich glaube nicht, dass sie deine Eltern töten würden, wenn die Frist von vierundzwanzig Stunden abgelaufen ist, Tansy, aber sie könnten einen von beiden verwunden. Und wenn sie sie an einen anderen Ort bringen, wird das eine Rettung enorm erschweren. Wenn sie deine Eltern erst einmal fortgebracht haben, könnten sie ihnen alles Erdenkliche antun. Wir müssen jetzt hingehen.«
»Dann nehmt die beiden anderen Männer mit. Ich komme schon allein zurecht. Ich weiß, dass sie zu deinem Team gehören. Sie haben das Grundstück ausgekundschaftet. Lass sie mit euch gehen.«
Seine Hand legte sich auf ihren Nacken, und sein Daumen strich zärtlich über ihre Kinnpartie. »Wenn dir etwas zustieße, Tansy, dann wäre diese ganze Aktion ziemlich zwecklos. Ich bin zu allem fähig. Und du hast es gesehen.
Tu nicht so, als wüsstest du es nicht. Es käme zu einem Blutbad sondergleichen, wie es noch keiner jemals gesehen hat. Ich weigere mich, dein Leben in Gefahr zu bringen – oder meine Ehre. Haben wir uns verstanden?«
Sie schluckte schwer, und Tränen brannten hinter ihren Augenlidern. »Ich will nicht, dass dir oder deinen Freunden etwas zustößt.«
»Für uns ist es das Übliche, Kleines. Und ich habe jemanden, zu dem ich zurückkehren kann. Das würde ich mir doch jetzt nicht mehr vermasseln.« Er beugte sich herunter und leckte eine Träne von ihrer Wange. »Hab keine Angst um mich. Ich möchte, dass du alles packst, was du brauchen wirst, nur für den Fall, dass wir schnell wieder los müssen. Wir werden dieses Haus als Stützpunkt behalten, aber wir werden von einem Moment auf den anderen aufbrechen müssen. Ich will zum nächsten Tatort unterwegs sein, sowie wir Bescheid bekommen.«
Er wollte jeden Irrtum ausschließen. Sie würde nicht bei ihren Eltern bleiben. Sie würde bei ihm bleiben.
Tansy nickte. »Ich reise mit leichtem Gepäck, Kaden. Ich bin an dieses Leben gewohnt, oder hast du das schon wieder vergessen?«
Er wollte nicht an die Schrecken in ihrem Innern denken, und er wollte erst recht nicht, dass sie daran dachte.
»Es wird nicht so sein. Ich lasse nicht zu, dass sie dir noch einmal deine Seele rauben.«
Sie lehnte ihre Stirn an seine. Wenigstens verstand er sie. Ihre Eltern hatten sich bemüht, sie zu verstehen, aber es war ihnen unmöglich gewesen, da sie nicht wissen konnten, was in ihrem Kopf vorging. Denk einfach nicht mehr daran, Tansy, Liebling , hatte ihr Vater gesagt. Warum kannst du die schlimmen Dinge nicht einfach aus deinem Kopf
drängen und an schöne Dinge denken? , hatte ihre Mutter dazu beigesteuert.
Als läge es in ihrer Hand, mit derart harmlosen Mitteln zu unterbinden, dass die Mörder und die Opfer in ihrem Kopf hafteten und ihr die Seele aussaugten.
Sie blickte zu Kaden auf. Er wirkte so stark. Unbesiegbar. Und er stand zwischen ihr und dem Bösen. Sie glaubte ihm. Sie glaubte ihm diese ruhige Zuversicht und die unversöhnliche Entschlossenheit, die sie in seinem Innern fand, aber vor allem das Eis, das durch seine Adern und in sein Gehirn und in sein Herz floss. Weil er es Zug um Zug gegen die Killer aufnehmen konnte, als spielten sie mit Schachfiguren, und ihn konnten sie nicht mit der unmoralischen, heimtückischen Unmenschlichkeit schlagen, mit der sie sie geschlagen hatten. Von ihm konnten sie nicht gegen seinen Willen Besitz ergreifen. Und er stand vor ihr.
»Wir haben tatsächlich eine Chance, sie aufzuhalten, stimmt’s?«, fragte sie.
»Wir werden sie aufhalten.«
Tansy nickte. »Okay, dann bin ich dabei.«
»Dann lass uns erst mal deine Eltern da rausholen.«
Kaden drückte ihre Hand und ließ sie los. Er würde ihre Seele nicht mehr berühren, bevor es getan war. Vielleicht noch einmal, vielleicht ein letztes Mal, wenn er sie zum Abschied küsste und sie bei ihren Wächtern in dem sicheren Haus am anderen Ende der schmalen Schlucht zurückließ, aber das wäre ein reiner Luxus. Sie durfte sich unter gar keinen Umständen in seiner Nähe aufhalten, wenn er einen Auftrag erledigte – und bei diesem Einsatz erst recht nicht, denn wenn ihre Eltern auf irgendeine Weise mit Whitney unter einer Decke steckten, würde er
sein Versprechen ihr gegenüber halten: Sie würde sie ein letztes Mal sehen, und dann würden sie verschwinden. Kaden hatte ihr Funktelefon noch in seinem Besitz, eine Tatsache, die sie längst vergessen hatte, und er hoffte, es bliebe dabei, denn es kam gar nicht infrage, dass er es ihr zurückgab, bevor das ausgestanden
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