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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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er jetzt sicher noch am Leben. Eine schreckliche Verkettung von Zufällen. Böse Zungen hätten behaupten können, dass dies die gerechte Strafe für seine Ignoranz gewesen sei, doch Jan empfand keinerlei Genugtuung bei dem Gedanken. Im Gegenteil. Sie hatte Marten immer gemocht. Er war derjenige gewesen, der sie nach Effelsberg geholt hatte. Er hatte sie unter seine Fittiche genommen und nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sie für die Klügere hielt. Seine Ablehnung gegenüber ihrer Theorie war nicht auf Neid oder Missachtung gegründet gewesen, sondern auf Sorge. Zugegeben, Jan hatte die letzten Wochen sehr zurückgezogen verbracht. Auf Störungen hatte sie stets gereizt reagiert. Da konnte man schon auf den Gedanken kommen, dass sie dringend eine Auszeit brauchte. Dass ihre Theorie wirklich stimmen konnte, damit hatte niemand gerechnet, sie selbst am allerwenigsten. Und jetzt war Marten tot.
    Trotzig wischte sie sich über die Augen. Wie sehr wünschte sie sich, dass er das hier hätte sehen können. Das war es doch, wovon jeder, der mit Astronomie zu tun hatte, insgeheim träumte. Den Kontakt zu fremdem Leben herzustellen. Aber zu spät. Sie konnte nicht einmal an seiner Beerdigung teilnehmen.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?« Colin hatte sie die ganze Zeit beobachtet. Natürlich sah er, dass nichts in Ordnung war, aber sie war für die kleine Aufmerksamkeit dennoch dankbar. Der Ire schien ein netter Typ zu sein. Humorvoll und intelligent, auf erfrischende Weise naiv und obendrein recht ansehnlich.
    »Geht schon«, sagte sie und schluckte. »War alles ein bisschen viel in letzter Zeit.«
    Colin stand einen kurzen Augenblick unschlüssig herum, dann tat er etwas, womit Jan nicht gerechnet hatte. Er trat vor und legte seine Arme um sie. Einfach so. Einen Moment lang wusste sie nicht, wie sie sich verhalten sollte. Wie er es tat, schien es die natürlichste Sache der Welt zu sein. Sie ließ ihn gewähren. Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Brust und begann zu weinen.
    Der Moment schien eine Ewigkeit anzudauern.
    Als sie sich von ihm löste, war ihr Gesicht tränenüberströmt. Doch als sie den Kopf hob, fühle sie sich erleichtert. »Danke«, flüsterte sie. Das war alles, was sie herausbrachte, doch in den Augen der anderen schien das als Erklärung zu genügen. Helène Kowarski nickte. »Wir alle haben in letzter Zeit viel durchgemacht. Vielleicht sollten wir uns eine kleine Pause gönnen.«
    »Nein«, Jan schüttelte den Kopf. »Jedenfalls nicht meinetwegen. Es war nur wegen Marten. Mir ist erst jetzt richtig klar geworden, dass er nicht mehr da ist. Aber es geht mir schon wieder besser.« Sie versuchte, die Beteuerung mit einem kleinen Lächeln zu untermauern.
    Helène wiegte den Kopf. »Ganz sicher? Und die anderen?«
    Ella hob den Kopf. »Ich glaube, keinem von uns ist nach einer Pause zumute. Nicht in dieser Situation. Wir müssen noch die letzte Seite begutachten. Wann werden Sie sie uns zeigen?«
    Jan stimmte Ella in Gedanken zu. Sie brannte darauf, die Botschaft vollständig zu sehen. Vielleicht gab es ja ein Detail, das sie bisher übersehen hatten. Eine Einzelheit, die einen Lösungsansatz in sich barg.
    »Jetzt, wenn Sie möchten.« Die Institutsleiterin griff in eine Ablage seitlich des Tisches und zog einen zusammengerollten Bogen Papier hervor. Mit einer fließenden Bewegung strich sie die beiden Gummibänder von den Enden und entrollte den Fotoabzug. Dann fixierte sie ihn mit Magnetsteckern auf der metallenen Tischplatte. »Das ist sie«, sagte sie, während sie einen Schritt zur Seite trat. »Die geheimnisvolle letzte Seite des Tetraeders. Ich habe sie Ihnen ganz bewusst noch nicht gezeigt, um Ihnen die Überraschung nicht zu verderben.«
    Jan trat näher. Ihre Trauer und Niedergeschlagenheit lösten sich in Luft auf, als sie mit den Augen über die Gravuren fuhr. Immer wieder musste sie sich ins Gedächtnis rufen, dass diese Zeichnungen nicht von Menschenhand stammten. Die Versuchung, sie als ein zeitgeschichtliches Dokument einer frühen Kultur zu sehen, war einfach zu groß. Zweifel begannen in ihr zu nagen. Konnte es nicht doch sein, dass das ganze Problem menschlichen Ursprungs war? Vielleicht waren sie doch nur einem gigantischen Schwindel aufgesessen. Solche Irreführungen hatte es in der Vergangenheit öfter gegeben. Skelette, die von Studenten falsch zusammengesetzt und an unmöglichen Stellen vergraben wurden. Fußabdrücke geheimnisvoller Lebewesen, die sich im Nachhinein als

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