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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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verschwinden, wenn Sie nicht wollen, dass Ihre Frau uns zusammen im Fernsehen sieht.« Wieder dieses unverschämte Lächeln. Scott begann sich zu fragen, ob Sarah wohl einen Narren an ihm gefressen hatte oder ob sie dieses Spiel mit jedem Mann trieb. Er kam nicht mehr dazu, eine Antwort auf diese Frage zu finden, denn soeben ertönte das dritte Signal.
    Auf einmal wurde es still im Wald. Niemand wagte zu sprechen, geschweige denn herumzurennen. Es war, als habe sich eine Decke aus Schweigen über die Bäume gelegt. Alles blickte gespannt in Richtung der Ausgrabung. Scott hörte sein Blut in den Ohren pochen. Minuten schienen zu vergehen. Doch nichts geschah. Dann ertönte ein elektronisches Summen, gefolgt von einem dumpfen Knall. Das Geräusch war enttäuschend schwach angesichts der hohen Erwartungshaltung, die hier herrschte. Die Erde vibrierte leicht, dann war es vorbei. Scott beobachtete die umherstehenden Menschen. Sie alle machten den Eindruck, als hätten sie mit wesentlich mehr gerechnet, als hätten sie geradezu darauf gehofft, Zeuge eines spektakulären Ereignisses zu werden.
    Scott verkniff sich ein Grinsen. Natürlich, die Medienleute. Frei nach dem Motto:
Only bad news are good news
. Insgeheim hatten hier wohl alle auf einen
Big Bang
gehofft, auf eine ultimative Katastrophe, die den Sendern Traumquoten beschert hätte. Doch da war nur etwas Dampf, der aus dem Krater strömte und langsam in die Höhe stieg. In etwa fünfzehn Metern Höhe löste er sich auf und verzog sich zwischen den Baumwipfeln. Ein eigenartiger Geruch stieg Scott in die Nase. Der Geruch von Hitze. Sarah sah ihn fragend an. Auch sie schien ihn bemerkt zu haben. Plötzlich begann es zu knacken. Es klang, als ob etwas, was unter ungeheurem Druck stand, bersten würde. Das Knacken schwoll an und wanderte umher. Dann verebbte es, nur um an einer anderen Stelle neu zu entstehen. Gleichzeitig verschlimmerte sich der Gestank. Jetzt konnte Scott ganz klar den Geruch von faulen Eiern ausmachen. »Schwefeldioxid«, murmelte er.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich sagte
Schwefeldioxid
. Entsteht bei geothermalen Vorgängen.«
    »Wobei?«
Sarah blickte ihn verwirrt an.
    »Bei Vulkanausbrüchen.« Wieder dieses Knacken. Scott begann es mulmig zu werden. »Lassen Sie uns verschwinden«, sagte er. »Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache.«
    »Sie spinnen wohl.« Sarah stemmte entrüstet die Hände in die Seiten. »Ich kann doch hier nicht weg. Ich gehe gleich auf Sendung.«
    Scott wischte sich über die Stirn und sagte, ohne auf ihren Protest einzugehen: »Fühlen Sie das auch?«
    »Was denn?«
    »Diese Hitze. Es ist um einige Grade wärmer geworden.«
    »Das ist nur die Aufregung. Jetzt fangen Sie doch nicht an, sich verrückt zu machen.« Entgegen ihrer Aussage klang ihre Stimme nervös. Wie eine Saite, die zu hoch gestimmt war.
    »Schauen Sie.« Scott deutete auf die riesige Halbschale aus Beton. Sie war von Rissen überzogen, als hätte eine gewaltige Spinne ihr Netz darübergeworfen. Durch die Risse hindurch bahnte sich gleißend helles Licht seinen Weg nach draußen.
    »Kommen Sie!« Er packte Sarah beim Arm und zog sie mit sich. Die Moderatorin war viel zu verblüfft, um ernsthaft Widerstand zu leisten. Sie versuchte ein paarmal, ihm ihren Arm zu entwinden, aber Scott verfügte über die größeren Kräfte. Er schleppte sie einfach hinter sich her. Erst als sie nur noch etwa fünfzig Meter vom Parkplatz entfernt waren, riss sie sich los. »Was soll das?«, schrie sie ihn an. »Sind Sie noch ganz bei Trost? Hauen Sie doch ab, wenn Sie wollen, aber lassen Sie mich in Ruhe.« Und dann, in Richtung des CNN -Trailers gewandt: »Jimmy, Charles, ich bin hier! Kommt rüber und helft mir mal. Der Typ hier hat nicht alle Tassen im Schrank!«
    Weiter kam sie nicht, denn in diesem Moment bekam sie einen Stoß ab, der sie zu Boden schleuderte. Scharfkantige Steine bohrten sich in ihre Handflächen. Sie versuchte sich aufzurappeln, doch ein zweiter Stoß, mächtiger noch als der erste, warf sie erneut um.
    »Hier, nehmen Sie.« Scott bot ihr seine Hand an. Seine jahrelange Erfahrung im Flößen meterlanger Baumstämme half ihm, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sarah blickte ihm kurz in die Augen, dann ergriff sie seine Hand und ließ sich von ihm hochziehen. Gemeinsam rannten sie los. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie endlich seinen Cherokee erreicht hatten. Der Wald hinter ihnen begann zu brennen. Schreie drangen zu ihnen herüber,

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