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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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murmelte Colin. »Ich habe wieder und wieder gerufen, aber Sie haben nicht geantwortet. Da bin ich einfach hereingekommen.«
    »Wie das?«
    »Madame Kowarski hat mir den Zentralschlüssel gegeben.«
    »Dann muss sie aber wirklich ganz schön verzweifelt sein.« Wieder dieses Lachen. »Sie haben sich doch bestimmt ein wenig umgeschaut. Was haben Sie gesehen?«
    »Vieles, was ich nicht verstanden habe. Pläne, Programme und Computerausdrucke. Alles Dinge, die mich im Grunde nichts angehen«, fügte er hastig hinzu. »Doch eine Sache habe ich sehr wohl verstanden.« Er deutete auf das Drogenbesteck.
    Ein Lächeln stahl sich auf Weizmanns Gesicht. »Erwischt.« Er zuckte die Schultern. »Ein altes Laster von mir. Hilft mir, mit meinem Gewissen wieder ins Reine zu kommen.« Sein Lächeln hatte etwas unsagbar Trauriges. »Sie werden doch Helène nichts von unserem kleinen Geheimnis sagen, oder?«
    »Ihr Gewissen?« Colin war immer noch so schockiert, dass er Weizmanns letzte Bemerkung einfach überhörte. »Aber Sie haben sich doch nichts vorzuwerfen. Ich kenne niemanden, der gütiger und aufopferungsvoller wäre als Sie.« Er schüttelte den Kopf. »Heroin. Ich kann es immer noch nicht glauben.«
    »Leider gibt es nichts Stärkeres.« Wieder wurde sein schmächtiger Körper von einem Hustenanfall geschüttelt. »Glauben Sie mir, wenn es etwas gäbe, würde ich es nehmen.«
    Colins Stimme bekam etwas Flehendes. »Bitte lassen Sie sich untersuchen – und machen Sie eine Entziehungskur. Sie brauchen dieses Gift doch nicht.«
    »Wenn Sie wüssten, mein lieber Junge«, sagte Weizmann, und seine Augen bekamen einen kalten Glanz.
    »Wenn Sie nur wüssten.«

15
    D ie
Shinkai
sank ins Bodenlose.
    Ein winziger Lichtpunkt in einem Ozean aus Finsternis. Rechts und links wuchsen die Wände des Marianengrabens in unermessliche Höhen empor, während das Tauchboot mit der Geschwindigkeit eines Fahrstuhls immer tiefer sank. Die Messinstrumente zeigten eine Tiefe von achttausend Metern an. Neunundneunzig Prozent aller Weltmeere lagen jetzt über ihnen. Auf jedem Quadratzentimeter der Tauchkugel lastete ein Wasserdruck von beinahe einer Tonne. Eine unvorstellbare Kraft, die einen menschlichen Körper im Bruchteil einer Sekunde zu einem formlosen Klumpen zerquetscht hätte. Einzig die Kugel aus fünfzehn Zentimeter dickem Schmiedestahl hielt die sechs Insassen am Leben. Sollte sie dem Druck nicht standhalten oder aus irgendeinem Grund beschädigt werden, so bestand für die Besatzungsmitglieder keine Hoffnung auf ein Überleben. Dann wären sie tot, noch ehe sie begriffen hätten, was geschehen war. Doch bisher hatte die Druckkugel gehalten, und es sprach nichts dagegen, dass sie dies auch die letzten dreitausend Meter, bis zum Grund der Challenger-Tiefe, tun würde.
    Die Scheinwerfer der
Shinkai
tasteten wie leuchtende Finger über die Wände aus schroffem, schwarzem Basaltgestein, die sich immer enger um das Tauchboot schlossen. Hin und wieder blitzten die Schuppen eines Silberbeils in der Dunkelheit auf, oder die Zähne eines Tiefseeanglers, ehe er wieder in der ewigen Dunkelheit der Tiefsee verschwand.
    Der Graben, in den sie hinabtauchten, war an dieser Stelle gerade einmal eineinhalb Kilometer breit, und das Wasser war so eisig, dass seine Temperatur nur knapp über dem Gefrierpunkt lag. Wenn dies die Hölle war, dann war die Hölle einsam, kalt und dunkel.
    Ella wälzte sich hin und her. Das monotone Surren der Antriebsaggregate hatte sie in einen tiefen Schlaf fallen lassen. In einem beunruhigenden Traum wurde sie von langen, tentakelartigen Armen gepackt und in ein nasses Grab hinabgezogen. Alles Strampeln, alles Rufen und Schreien nutzte nichts. Die Arme wollten sie nicht preisgeben, und als sich ihr Mund mit Wasser füllte, wusste sie, dass sie den Kampf verloren hatte.
    Eine Stimme drang wie durch einen Schleier in Ellas Träume. »Wach auf, ich muss mit dir reden.«
    Sie strampelte noch einmal, und plötzlich hatte sie das Gefühl, als würden die Arme sie freigeben. Sie konnte sogar wieder atmen. Noch ein letztes Aufbäumen und … sie erwachte.
    »Was ist los? Wo bin ich?« Sie versuchte sich zu orientieren, doch es dauerte etliche Sekunden, bis ihr wieder einfiel, wo sie war.
    »Psst«, flüsterte eine Stimme an ihrem Ohr. »Ganz ruhig. Du hast nur schlecht geträumt.« Es war Esteban. Beruhigend streichelte er ihr über das Haar.
    »Oh, hallo, Joaquin«, sagte sie, als sie sein freundliches Gesicht erkannte, »ich muss

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