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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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wohl eingenickt sein.«
    »Genau wie ich«, sagte er. »Das eintönige Piepen des Sonars hat eine unglaublich einschläfernde Wirkung. Außerdem war die letzte Nacht ja auch ein wenig kurz.« Er beugte sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. Ella lächelte verwirrt. Sie wurde einfach nicht schlau aus diesem Mann. Mal war er abweisend, dann wieder unerhört anziehend.
    »Unseren Freund aus der Schweiz hat es auch erwischt«, sagte Esteban, während er sich zurücklehnte. Er deutete hinüber auf die andere Seite der Kugel, wo ein müder Konrad Martin, die Ohrhörer auf dem Kopf, mit offenem Mund leise vor sich hin schnaufte. »Nur die Japaner sind immer noch fit. Seit sieben Stunden sitzen sie vor ihren Monitoren und überwachen unseren Tauchgang.«
    Ella verdrehte den Kopf, doch alles, was sie sehen konnte, waren die Silhouetten der drei Japaner, die konzentriert auf ihre Monitore blickten. Ihre Köpfe steckten in schwarzen kappenförmigen Helmen, die ein wenig an Badehauben erinnerten. Ella war froh, sich gegen die bestehende Helmpflicht erfolgreich zur Wehr gesetzt zu haben.
    »Ich habe dich geweckt, weil ich mit dir über etwas reden muss«, flüsterte Esteban.
    Sie gähnte. »Wo sind wir denn gerade?« Sie richtete sich auf und begann, ihre eiskalten Füße zu massieren.
    »Soeben haben wir die Achttausendermarke passiert«, sagte er. »So tief, wie wir jetzt sind, ist bisher nur ein einziges bemanntes Schiff gekommen.«
    Ella nickte. »Die
Trieste
. Am 23 . Januar 1960 . Unvorstellbar, dass in der ganzen Zeit niemand mehr hier heruntergekommen ist.« Sie streckte sich. »Ist irgendetwas Interessantes passiert, während ich geschlafen habe?«
    Esteban schüttelte den Kopf. »Außer, dass das Wasser um uns herum immer wärmer wird, nicht.«
    Ella schrak auf. »Heißt das, wir nähern uns bereits den Vulkanen?«
    »Nein«, antwortete er. »Wir kommen nur in den Bereich hoher Dichte.« Ella sah ihn verständnislos an.
    »Hier unten hat das Meereswasser seine größte Dichte, und das bei einer Temperatur von 2 , 4  Grad Celsius. Kälteres Wasser hat eine geringere Dichte, schwimmt demnach oben. Daher frieren Seen auch immer von oben nach unten zu«, erläuterte Esteban. »Basiswissen Physik, neunte Klasse, weißt du noch?«
    »Das ist schon so lange her, als wäre es in einem anderen Leben gewesen«, sagte sie. Der Gedanke, dass sie bereits so weit vor ihrem Ziel auf die Auswirkungen der tektonischen Divergenz stoßen könnten, war beunruhigend. Sie lehnte sich zurück. »Wie kommt es eigentlich, dass ausgerechnet die Japaner sich so für den Meeresboden interessieren? Man könnte doch annehmen, dass sie mit der Bewältigung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Probleme genug zu tun haben.«
    »Das hat vielleicht etwas mit dem alten Traum von Kapitän Nemo zu tun«, sagte Esteban.
    »Ich verstehe nicht …«
    »Na, ich rede von der Gewinnung der Nahrungsmittel aus dem Meer, von der Erschaffung neuer Habitate für eine immer stärker wachsende Bevölkerung. Das war eine ganze Zeit lang der große Traum japanischer Wissenschaftler gewesen. Momentan sind sie jedoch mehr an Plattentektonik interessiert.« Er zuckte die Schultern. »Japan ist nun mal ein erdbebengefährdetes Land. Mittlerweile gibt es etliche Stationen auf dem Meeresboden, die ausschließlich der Erforschung und Überwachung der Erdbebentätigkeit dienen.«
    Sie legte ihm ihren Finger auf den Mund. »Apropos – hat das, was du mir sagen wolltest, noch etwas Zeit? Ich muss dringend mal einen Blick auf die neuen Daten werfen.«
    Esteban blickte kurz in Richtung des leise schnarchenden Professors und hob dann die Finger der rechten Hand zu einem »O« geformt in die Höhe. »Wenn es nicht zu lange dauert.«
    »Abgemacht.« Sie schaltete ihr Notebook ein. Während der Rechner das System bootete, genehmigte sie sich einen kurzen Rundblick. Das Labor innerhalb der Kugel war ein Musterbeispiel für japanische Effizienz. Hier gab es nichts Überflüssiges, alles war funktional angeordnet. Jedes Crewmitglied verfügte über ein eigenes Bullauge und ein privates Computerterminal. Die Notebooks der Wissenschaftler waren in speziellen Halterungen an der Wand befestigt und mit dem Zentralrechner der
Shinkai
verbunden. Auf diese Weise war ein optimaler Datenaustausch gewährleistet. Während der Fahrt galt für die gesamte Besatzung Anschnallpflicht, es sei denn, es gab etwas Außergewöhnliches zu sehen oder jemand musste die chemische Toilette

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