Magma
telefoniert oder eine Nachricht abgeschickt? Ich weiß, dass du ihn beobachtest. Es wäre überaus hilfreich für mich, wenn du mir sagen würdest, was du über ihn weißt.«
Sie runzelte die Stirn. »Keine Ahnung, wovon du sprichst. Den Professor beobachten? Wie käme ich dazu?«
»Du musst ganz offen zu mir sein, Ella. Ich weiß, dass du etwas vor mir verbirgst. Es ist wirklich wichtig, dass du mir alles sagst, was du weißt.«
Ella wich etwas zurück. Irgendetwas missfiel ihr an dem Gespräch. Es hatte etwas von einem Verhör an sich. »Vielleicht kannst du mir einen Hinweis geben, wonach du eigentlich suchst. Dann könnte ich dir vielleicht helfen.«
Esteban schien unschlüssig zu sein. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Japaner unter ihren Badehauben nichts von ihrem Gespräch mitbekamen, beugte er sich so weit zu ihr herüber, dass sie seinen Atem auf der Wange spüren konnte. »Meine Vorgesetzten sind besorgt«, flüsterte er. »Und um ehrlich zu sein: Ich bin es auch. Es ist alles schiefgelaufen. Dieses vorgezogene Tauchmanöver hat uns gewaltige Probleme beschert.«
»Von was für Problemen sprichst du?«
Esteban zögerte. Es hatte fast den Anschein, als müsse er abwägen, welche Informationen er ihr anvertrauen dürfe und welche nicht. Endlich hatte er sich entschieden. Er beugte sich noch ein Stück weiter zu ihr herüber. Dann flüsterte er etwas. Es war nur ein einziges Wort und so leise, dass sie es kaum verstehen konnte. Doch Ella begriff sofort, wovon er sprach.
»
Sabotage
.«
16
E lla saß wie versteinert auf ihrem Stuhl. Das Knacken der Relais und das monotone Piepsen des Sonars drangen unangenehm laut in ihr Bewusstsein. Er wusste es. Er wusste von dem Anschlag.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. Esteban fuhr mit eindringlicher Stimme fort: »Mein Auftrag lautete, die Bombe, oder was immer es ist, ausfindig und, wenn möglich, unschädlich zu machen. Darüber hinaus bin ich beauftragt worden, den Urheber des Anschlags zu ermitteln. Der Plan basierte auf der Annahme, dass mir achtundvierzig Stunden zu Verfügung stehen. Eine ausreichend lange Zeit in meinem Gewerbe.«
»Gewerbe?«, platzte sie heraus. »Ich dachte du wärst Akustikexperte?«
»Das bin ich auch. Zumindest zum Teil«, er lächelte gequält. »In erster Linie gehöre ich zu einer sehr kleinen und sehr elitären Gruppe innerhalb des ONR . Eigentlich ist es mir nicht gestattet, darüber zu sprechen, aber in diesem Moment und in dieser speziellen Situation sehe ich keine andere Möglichkeit …«
»Jetzt sag mir nicht, du gehörst zum Geheimdienst«, sagte sie, »das würde in meinen Ohren ein bisschen zu sehr nach James Bond klingen.« Es sollte eigentlich ein Scherz sein, doch Estebans Gesicht blieb absolut regungslos.
»Die offizielle Bezeichnung lautet zwar anders, aber lassen wir es ruhig dabei«, sagte er. »Ja, es stimmt. Ich arbeite undercover.«
»Und dein Name …?«
»… ist auch falsch.« Er zuckte die Schultern. »Ich kann es gutheißen oder nicht, aber so ist es nun mal. Das gehört zum Geschäft. Nur dass ich aus Kuba stamme, das stimmt wirklich.«
Ella schüttelte den Kopf. Das alles war so unglaublich und so verwirrend. »Nicht zu fassen, dass man dir einen solch verantwortungsvollen Posten anvertraut hat. Ein Kubaner im amerikanischen Geheimdienst! Das klingt nach einer echten Räuberpistole …«
»Ich habe schon für die amerikanische Regierung spioniert, als ich noch an der Universität von Havanna war. Es gab in akademischen Kreisen eine Strömung, die freie Wahlen propagierte. Die klügsten Köpfe des Landes machten dabei mit. Sie träumten von Demokratie und einem freien Land. Sie wollten gehen, wohin sie wollten, und sagen, was sie wollten.« Er zuckte die Schultern. »Die meisten wurden entdeckt und hingerichtet, mein Bruder eingeschlossen. Auch mich hätten sie geschnappt, hätte ich nicht rechtzeitig den Absprung geschafft. Castro – Gott verfluche ihn – hat meiner Familie nur Unglück gebracht. Es ist eine lange und unschöne Geschichte, das kannst du mir glauben.« Seine Worte stockten. »Wie auch immer«, fuhr er nach einer Weile fort, »Tatsache ist, dass ich mich um diesen Job hier beworben habe. Ich wollte dich unbedingt kennenlernen. Was man mir über dich zu lesen gab, hat mich fasziniert. Deine Akte ist, sagen wir mal,
unkonventionell
. Schwierige Ehe, Scheidung, Alkohol. Alles deutete auf eine labile Persönlichkeit hin. Aber weit gefehlt. Du
Weitere Kostenlose Bücher