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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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aufsuchen. Diese war, ebenso wie die spartanische Küche und einige Stauräume, in einem Deck in der oberen Hälfte der Kugel eingelassen. Obwohl dies für die Crew bedeutete, sich auf beiden Ebenen nur in gebückter Haltung fortbewegen zu können, barg es doch den unschätzbaren Vorteil, dass ein gewisses Maß an Privatsphäre gewahrt blieb. Über ihren Köpfen befanden sich, ähnlich wie bei Flugzeugen, Schalter für separate Lichtquellen. Es gab Düsen für die Belüftung sowie Behälter, in denen sich laut Aussage des Kommandanten Gasmasken befanden. Für den Fall, dass es zu einem Brand kommen sollte. Die Temperatur wurde bei konstant dreiundzwanzig Grad Celsius gehalten, und eine Mischung aus Natronkalk und Silikatgel unter den perforierten Bodenplatten verhinderte die Anreicherung der Luft mit Kohlendioxid und Feuchtigkeit. Ella schauderte.
    So ähnlich stellte sie sich das Innere einer Weltraumkapsel vor. Eng, nüchtern und nur auf Effizienz ausgerichtet. Was mussten das für Menschen sein, die es mehrere Wochen hier drin aushielten? Aber immerhin hatten sie alle sehr bequeme Liegesitze. In dem Vorgängerboot, der
Shinkai 6500
, so hatte ihr Yamagata berichtet, hatte man zu dritt im Schneidersitz auf ein paar Kissen hocken müssen. Keine sehr verlockende Aussicht, wenn man längere Zeit unterwegs war.
    Ein Piepsen signalisierte ihr, dass der Rechner hochgefahren und ihr Beobachtungsprogramm geladen war. Sie ließ ihre Finger knacken und beugte sich vor. Mit schnellen, geübten Bewegungen rief sie die letzten Messdaten auf, verglich, kalibrierte und übertrug sie danach in ein Grafikprogramm, das sie zusammen mit ihrem Ex vor mehreren Jahren entwickelt hatte. Ein zynisches Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Abgesehen von ihrer Tochter war dies das einzig Positive, was aus ihrer Ehe mit dem Softwareentwickler hervorgegangen war. Sie hatte das Programm
Cathy
getauft. So konnte sie ihrer Tochter wenigstens in Gedanken nahe sein.
    Cathy konnte anhand eines dreidimensionalen Ausschnitts der Erdoberfläche die genaue Lage des Epizentrums einer tektonischen Störung abbilden. Es griff dafür auf eine Datenbank zurück, in der die neuesten satellitengestützten Höhenmessungen gespeichert waren, und übertrug diese in ein hochauflösendes Blockbild. Natürlich in alle Richtungen skalierbar und frei beweglich. Ella blickte auf ein maßstabsgerechtes Abbild des Marianengrabens mit all seinen Schluchten, Vorsprüngen und Klüften. Obwohl dieser Teil der Schlucht im Bereich immerwährender Finsternis lag, konnte sie jetzt sehen, was eigentlich nicht sichtbar war. Sie gab die GPS -Daten des U-Bootes sowie die aktuelle Tiefe ein und sah, dass sie sich nur noch ein kleines Stück von der Stelle entfernt befanden, die für so viel Unruhe sorgte. Es waren natürlich in Wirklichkeit noch etwa zweitausend Meter bis dorthin, aber auf der Grafik sah die Entfernung winzig aus. Ella spürte Ungeduld in sich aufflammen. Wenn es ihnen gelänge, auf diesem seltsam gerundeten Hügel zu landen, könnten sie von dort aus mit ihren Messungen beginnen …
    »Können wir jetzt reden?«, meldete sich Esteban zu Wort.
    »Sieh dir mal die Ausschläge an«, sagte Ella. »Die seismischen Wellen sind jetzt viel klarer, so nah an der Quelle. Es sieht aber so aus, als wären sie ausschließlich ins Innere der Erde gerichtet, so dass wir hier nur die Reflexionen empfangen. Eigenartig. Aber das hat auch einen Vorteil.«
    »Welchen?«
    Ella warf Esteban einen vielsagenden Blick zu. »Nun, unter normalen Umständen würden uns von den Erdstößen die Ohren dröhnen. Schallwellen werden im Wasser nämlich hervorragend weitergeleitet.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss den Leuten von der NOAA Recht geben. Das ist alles verdammt merkwürdig.«
    »Ella …«
    »Ja, ich weiß.« Seufzend schaltete sie den Computer aus. »Ich bin ganz Ohr.«
    Esteban warf einen kurzen Blick auf den Schweizer Geologen, als ob er sich vergewissern wollte, dass dieser noch seelenruhig schlief.
    »Es geht um den Professor«, flüsterte er.
    »Was ist mit ihm?«
    »Ist dir an ihm irgendetwas aufgefallen? Etwas, das dir seltsam oder merkwürdig vorgekommen ist?«
    Ella hob skeptisch eine Augenbraue. »Du meinst
noch
merkwürdiger als sein Verhalten gestern beim Dinner? Du warst doch dabei und hast mitbekommen, was er da für einen Unsinn verzapft hat.«
    »Das meine ich nicht.« Estebans Stimme bekam einen drängenden Unterton. »Hat er mit jemandem geredet? Hat er

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