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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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auch Weizmann, der trotz aller Freundschaft bisher nicht die kleinste Andeutung hatte fallen lassen.
    Colin verlangsamte seinen Schritt. Zimmer 218 . Er war angekommen, zog das Funkgerät heraus und drückte die Sendetaste. »Ich bin jetzt da«, sagte er. »Soll ich klopfen?«
    »Natürlich«, erklang Helènes Stimme aus dem Lautsprecher. »Deswegen habe ich Sie ja geschickt.«
    Zaghaft klopfte er an die Tür. »Professor?«
    Keine Antwort.
    Von innen drang nicht der kleinste Laut an sein Ohr. Er klopfte noch einmal, diesmal etwas bestimmter. »Bitte öffnen Sie, Professor. Es ist dringend!«
    Nichts.
    »Es antwortet niemand. Was soll ich jetzt tun?«
    »Benutzen Sie den Schlüssel«, schnarrte die Stimme aus dem Lautsprecher. »Ich übernehme dafür die Verantwortung.«
    »Wie Sie wünschen.« Colin wartete noch einige Sekunden in der Hoffnung, Weizmann würde doch noch erscheinen, dann zog er den Zentralschlüssel heraus, den Madame Kowarski ihm mitgegeben hatte. Er steckte ihn ins Schloss und drehte ihn herum. Es gab ein leises Klicken, dann schwang die Tür auf. Eine Woge warmer, stickiger Luft schlug ihm entgegen. Der Professor musste die Heizung auf höchste Stufe gestellt haben. Die Räume lagen im Halbdunkel, so dass Colin eine Weile benötigte, ehe er etwas erkennen konnte. Einen Moment lang zögerte er, dann trat er ein. »Professor? Sind Sie da? Geht es Ihnen gut?«
    Seine eigene Stimme klang schrecklich dünn in seinen Ohren.
    »Professor, bitte sagen Sie doch etwas. Madame Kowarski schickt mich. Sie möchte, dass Sie sich bei ihr melden.«
    Mit langsamen Schritten durchquerte er den Eingangsbereich. Außer einer Garderobe, einem Spiegel und einem Schuhschrank gab es hier nichts. Colin war noch nie in Weizmanns Privaträumen gewesen, und er staunte über den vielen Platz, den es hier gab. Den leitenden Angestellten wurden offenbar richtige Wohnungen zur Verfügung gestellt, während sich die Assistenten mit Einzimmerappartements begnügen mussten.
    »Professor? Ich bin’s, Colin.« Immer noch keine Antwort. Er war mittlerweile zu der Überzeugung gelangt, dass Weizmann nicht anwesend war. Niemand konnte so taub sein. Der Gedanke machte es ihm leichter, sich weiterhin in den Privaträumen des Professors umzutun. Wahrscheinlich war er doch nach Splügen zurückgekehrt und sein Funkgerät war defekt. Irgendein technisches Problem, das sich leicht erklären ließ.
    Er bog um die Ecke und stand auf einmal im Arbeitsraum. Zwar war es hier genauso schummrig wie in den anderen Räumen, aber einer der Computermonitore war angeschaltet und spendete zusätzliches Licht. Colins Hoffnung, dass es nur ein Missverständnis gewesen sein könnte, schwand. Hier hatte bis vor kurzem noch jemand gearbeitet. Er trat näher und warf einen Blick auf die Dokumente, die in wilder Unordnung über die Arbeitstische verteilt waren.
    Sein mulmiges Gefühl wurde stärker. Der Professor war ein penibler Mann. Nichts verabscheute er mehr als Unordnung. Dieses Chaos sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Colin zog an der Ecke von etwas, das halb unter einem Wust von losen und eng beschriebenen Ausdrucken verborgen lag und wie eine Zeichnung aussah. Es entpuppte sich als schematische Skizze eines Fahrzeugs oder eines Gebäudes. Die Zeichnung war von der Art, wie sie Ingenieure oder Architekten zur Konstruktion verwenden. Beim näheren Hinsehen erkannte er, dass es sich tatsächlich um ein Fahrzeug handelte, genauer gesagt um ein Unterseeboot. In der rechten unteren Ecke las Colin:
Submarine Shinkai 11   000 .
Den Rest konnte er nicht entziffern – offenbar waren es japanische Schriftzeichen.
    Verwirrt richtete Colin sich auf. Was hatte der Professor mit den Konstruktionsplänen für ein U-Boot zu schaffen? Das alles ergab keinen Sinn. Er richtete seinen Blick auf den Computermonitor. Ein Film schien da zu laufen. Das Bild war klein und schrecklich undeutlich. Manchmal stockten die Bilder, dann liefen sie wieder unnatürlich schnell weiter. Mehrere Leute waren zu erkennen, die kreisförmig mit den Gesichtern nach außen in einem engen Raum saßen, in dem es vor Computern, Monitoren und diversen anderen elektronischen Geräten nur so wimmelte. Einige der Leute schienen zu schlafen, andere beschäftigten sich intensiv mit irgendwelchen Kontrollinstrumenten. Der Raum sah aus wie das Cockpit eines Raumschiffs. Colin blickte zwischen der Konstruktionszeichnung und dem Bildschirm ein paarmal hin und her, und endlich dämmerte es ihm. Die Bilder,

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